□ 10 □0 sollen sie trachten - da sie ihre Nationalität sich gesichertrhaben und für ihre Enklaven und kleineren Orts- und Bezirksminderheiten sich gegenseitig Sicherheit schaffen können — ein friedliches und freundschaftliches Aus¬ kommen zu finden. Ich denke, diese Frage beantwortet sich von selbst in letzterem Sinne! Eine andere Frage ist nun die, ob eine solche Lösung zu finden und der dazu führende Weg gangbar erscheint. Ich glaube nun mit ruhigem Gewissen sagen zu können: „Gewiß und gar nicht schwer!“ Der Weg legt auf wirtschaftlichem Gebiete und heißt: Gründung eines „Volksitaaten¬ bundes“ auf Basis gegenseitig entgegenkommender Beachtung und Berück¬ sichtigung der wirtschaftlichen Lage und Interesfen der einzelnen neuen Volksitaaten unter Verhandlung von Volk zu Volk. Jetzt, wo die Husspielung der Völker gegeneinander durch die abgewirtschaftete Regierungskunst aus¬ geschaltet erscheint, wird eine solche Verbündung nicht mehr so schwer fallen, da auch die anderen kleinen Volksstaaten kein Bedürfnis fühlen dürften, das Bild der unseligen deutschen Kleinstaaterei nachzuahmen, sondern das erhebende leuchtende Vorbild des großen deutschen Staaten¬ bundes mit seinen wirtschaftlichen Fortichritten und Erfolgen vorziehen werden. Daß ein friedliches und freundschaftliches Rebeneinander- und Zusammen¬ arbeiten, ein gutnachbarliches Leben zwischen den verhetzten Völkern möglich ist, beweisen mir noch in Erinnerung befindliche Zeiten, zu welchen deutsche und czechische Familien behufs Sprachenerlernung und geschäftlicher oder häuslicher Ausbildung ihre Kinder auf einige Zeit fauschten. Daraus ent¬ standen nicht nur guffreundschaffliche, sondern sogar oft durch Heiraten verwandtschaftliche Beziehungen, wodurch nationale Gehälligkeiten ausge¬ schalfet wurden und besfere Volksbeziehungen sich spannen und knüpften. Ich will nun vom Standpunkte der Volksstaaten die Möglichkeit eines solchen Staatenbundes betrachten, für den meiner Ansicht nach sehr viel, viel weniger aber dagegen spricht. Hiezu muß ich vor allem auf „Deutsch¬ öfterreich“ zu sprechen kommen, in dem sich manche Stimmen für den Anschluß an Deutschland aussprechen. Es wundert mich dies schon lange von den Bismarckverehrern, die doch demselben ihre Anhänglichkeit und Hochschätzung am besten dadurch bezeigen müßten, daß sie in seinem Geilte fortarbeiten und dieser Geilt sah die Aufgabe der öfterreichischen Deutschen eben im Verbande mit „den anderen Völkern“ Ofterreich-Ungarns. Es wundert mich die Anschlußtendenz aber nicht von unseren Sozialdemokraten, welche sicher nicht plötzlich deutschnational geworden sind, sondern einfach in der Sozialdemokratie des Reiches eine starke parteipolitische Stütze zu finden hoffen. Das Bestreben zum Anschluffe an Deutschland könnte ein Irrweg sein, der an Deutschland selbst sein Ende finden dürfte, der aber auch aus wirt¬ schaftlichen Gründen Deutschöfterreichs selbst als solcher und nicht gut gang¬ bar erscheint. Deutschöfterreich ist vorzüglich Industriestaat und nicht in der Lage, seine Bevölkerung selbst zu ernähren, sondern muß hiezu Agrarprodukte einführen. Deutschland ist selbit Industriestaat, muß selblt sehen, seine In¬ dustriegebiete ernähren zu können und muß nun noch dazu besorgt sein, für die in Feindesländern verlorenen, sich neue Absatzgebiete zu suchen. Hat es unter diesen Umständen auch nur das geringlte Interesse, sich das industrielle, ernährungspassive Deutschöfterreich anzugliedern? Gewiß nicht! Es wird die Angliederung aus wirtschaftlichen Gründen ablehnen, aber auch
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