Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

96 Passion), das bald als Weideland in Canaan, bald als Grenzland in Ägypten verwendet wird. Plastisch aufgebaute Mansionen — z. T. durch Vorhänge ver ­ schließbar — ermöglichen die Vorführung von Jnnenraumszenen mit direktem Übergang auf das vorgelagerte Proszenium. Anordnung der Schauplätze von einer Seite zur andern: Jacobs Haus (in dem Jacob I — V, 3 seinen ständigen Sitz hat), freie Mittelbühne (Weideland mit Zisterne, Ägyptens Grenze), Poti- phars — Josephs Haus, Pharaos Haus (ständiger Sitz Pharaos), Gefängnis, Galgen^"). Im ganzen muß, wie aus der Simultantechnik zu ersehen ist, die Breitenausdehnung der Bühne beträchtlich gewesen sein, während die Tiefe kaum eine Rolle spielt (Reliefbühne!). Diese Rekonstruktion zum „Jacob" wird bestätigt und ergänzt durch eine bühnentechnische Analyse des „Tobias", die in vollständiger Übereinstim ­ mung ein noch deutlicheres Bild der Brunnerschen Bühnenform gibt^^ch: Wieder die Zweiteilung in Heimat ( — Haus des Tobias) und Fremde ( — Raguels Haus), dazwischen ein neutrales Bühnenfeld mit rückwärtigem Abgang. Alle drei Bühnenfelder werden II, I — 3 in wunderbarer Simultangruppierung vor- gesiihrt: Auf der einen Seite (Haus des Tobias) sind die Eltern besorgt um ihren Sohn, auf der anderen (Raguels Haus) betet Sara zu Gott; in der Mitte treten Raphael und Tobias auf, nach eben überstandenem Abenteuer mit dem Fisch (Wanderung). — Die Verwendung eines Vorhanges ist sowohl für Ra ­ guels Haus (IV, 2: Nach diesen Worten soll ein vmbhang furgezogen / vnd diese Scena beschlossen werden) als auch für das Haus des Tobias (V, 3: Nach diesem sol ein Fürhang furgezogen werden / kummen entzwischen Achior vnd Nabath) belegt und mehrmals aus dem Text zu erschließen (so wenn die Mahlzeit in Raguels Haus am Ende des II. Aktes abgebrochen wird, indem Raguel den Auftrag gibt: Jr Diener schließ die Thüren zu, was offenbar durch Vorziehen des Vorhanges veranschaulicht wurde^). Zu Beginn des III. Aktes ist das Mahl schon vorüber, und Raguel hebt die Tafel auf: Wollen nun aufstan von der Banck . . .). — Daß die Mansionen einen freien Aus- und Einblick ge ­ währen, geht wieder aus einigen Stellen hervor: I, 3 sieht Tobias vom Haus aus Raphael draußen des Weges kommen. Und nach der Wanderung II, 3 weist Raphael auf Raguels Haus: Sein zu dem Haus kummen herbey / Eichst sitzen schon den fromen Man . . . Zur Galgenszene (III, 1) vergl. die Holzschnitte zu Raffers „Spiel von Kinder ­ zucht" 1573 (Ex. in Wolsenbüttel und Dresden) Bll.: Ll 3^, Ll 4u, Mm 2u, Oolb; Abb. 38 ff. bei Lachmann, Die „Studentes" des Chr. Sthmmelius und ihre Bühne, Litzmanns Theatergeschichtl. Forschungen 34 (1926). 2w°y Vgl. R. Stumpsl, Thomas Brunners „Tobias" (1569) und Georg Rollenhagens Bühnenbearbeitung (1576), Zeitschr. f. deutsche Philologie 57, 1932, S. 157 — 177. ^) Vergl. eine ähnliche Stelle in Ringwalds „Speculum mundi" 1590; Volte, Wickram VI, S. XLI.

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