Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

88 Daraus ergibt sich ein Simultanaufbau sämtlicher Schau ­ plätze. Unter den Varianten der Simultanbühne scheidet die mittelalterliche Raumbühne-°ft aus, weil unter anderm das abtretten / und ein weil sich ver ­ halten (V. 1487) bei den Wanderungen zwischen Heimat und Fremde offenbar einen rückwärtigen Bühnenabschluß (zumindest ein Verlassen des Spielfeldes) voraussetzt. Auch sonst sind Teile der Handlung „hinter die Szene" verlegt (nach I, 4 die Ankunft der Kaufleute in Ägypten und der Verkauf Josephs an Potiphar; nach I, 5 das Färben von Josephs Rock mit dem Blut eines Bockes und der Auftrag an Sichimita usw.), was dem Kontinuitätsprinzip der Raum ­ bühne widerspricht. Die Beschränkung auf zwei Standortzentren läßt vielmehr auf eine konzentrierte flächige Bühnenform schließen?^). — Noch weniger kommt eine Renaissancebühne (Typus „Badezellen"-oder Gassenbühne, die dem Ursprung nach mit ihrem konzentrierten Nebeneinander von Häusern auch als Simultanbühne zu bezeichnen ist) in Betracht, was nicht erst ausgeführt werden braucht. Es bleibt also nur die Möglichkeit einer flächigen Simultanbühne, Typus: Passionsbühne von Valenciennes (1547) und Kölner Laurentius- bühne (1581)-°°). -Off Bergt, den Plan zur Donaueschinger Passion und Renwart Cysats Plan zum. Luzerner Osterspiel von 1583, Abb. bei Niessen, Das Bühnenbild, 1924 fs., Taf. 7, Abb. 6; Taf. 8 und 9. Die Zweiteilung Heimat — Fremde ist (wie wir noch zeigen werden) in allen Dramen Brnnners ganz ähnlich durchgeführt. Messen, Das Bühnenbild, Taf. 14. — Ungleichung der mittelalterlichen Form an den Reliefstil der Renaissance; vergl. Borcherdt, Der Renaissancestil des Theaters, Die Ernte, Festschrift für Muncker 1926, S. 339 ff. — Die Podiumfrage ist hier für den Bühnentypus nur von sekundärer Bedeutung. Für die Annahme eines Bühnengerüstes spricht im „Jacob" u. a. die augenscheinliche Verwendung einer Versenkung in I, 3f., wo Joseph hinunter in die Grub (V. 325) geworfen wird. Wollen wir jedoch im V. Akt für den Wagen, in dem Jacob nach Ägypten geführt wird, echte Pferde annehmen (Ross vnd Wagn werden im Text wiederholt erwähnt), so würde das ein Spiel zu „ebener Erde" nahe legen. Hans Tyrolf, der in seinen Stücken eine Vorliebe für Pferde zeigt (in seiner Jsaac-Komödie führt er an Stelle der biblischen Kamele ausdrücklich vier Pferde ein!), empfiehlt für die Inszenierung seiner Komödie von David und Goliath (1541), in der König Saul und Goliath mehrmals reitend auftreten, das man kein erhaben Gerüst von der Erden auffrichte hirzu / sonder vorzihe mit feilen ein Plan auff der ebnen Erden . . . Vergl. auch die Bezeichnung Plan für Spiel ­ feld in Brnnners „Jacob", V. 38. — Neben der Einführung lebender Tiere ist dann auch die Verwendung künstlicher Tiere bei dramatischen Aufführungen des XVI. Jahrhunderts mehrfach belegt. — Bei einfacheren Aufführungen können im Text erwähnte Pferde auch vollständig der Phantasie des Publikums überlassen bleiben, wie das Fastnachtspiel Von einem Kaiser und dem Abt (Keller N. 22) beweist, in dem wir die Spielanweisung finden: Nu sitzt der mulner auf das wegenlein, so ziehen in die Pauren (!) in die stuben für den kaiser, obwohl zuvor von Pferden ausdrücklich die Rede war (S. 205, 29 ; 206, 1). Für eine ähnliche Lösung spricht bei Brunner V. 2379, wo Jacob zu seinen Söhnen sagt: So ziecht nu an ...

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2