Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

77 andere Zwischenspiele angedeutet werden soll. Bedenkt man, wie äußerlich und sinnlos meist in den Dramen des 16. Jahrhunderts die von der Antike frisch entlehnte Akteinteilung gehandhabt wurde, so kann man die Sicherheit, mit der unser Anonymus den schwierigen Stoff gliedert, nicht genug bewundern^). Man vergleiche damit die (allerdings selbst für seine Zeit auffallende) Unge ­ schicklichkeit eines Hans Sachs, der z. B. den Grafen schon wenige Verse nach der Hochzeit mit der Nachricht überrascht, daß Griselda ihm ein Kind geboren. Die Inszenierung ist in Form einer mittelalterlichen Simultanbühne vor- zustellen, d. h. die verschiedenen Schauplätze waren gleichzeitig nebeneinander aufgebaut. Was die ethische Auffassung der (selbst für ein grobianisches Zeitalter) etwas heiklen Geschichte anlangt, so muß hervorgehoben werden, daß unser Anonymus überall bemüht ist, das Ungerechte in der Handlungsweise des Grafen abzu- schwächen. Überdies spricht er noch im „Beschluß" seine eigenen Zweifel aus: Der Graf het sy schier zhart gegürt Dermaß versucht mehr dann sich gbürt Welcher am frommen Frawen hat Soll fr verschonen ist mein rhat. Denn, so meint er: „Sy seind nit all Her Grisel glich." — Wenden wir uns nun der Arbeit des Mauritius zu. Daß die „Comoedia von Grafs Walther von Salutz vnd Grisolden" keine Originaldichtung ist, wird im Prolog angedeutet: Ob wir abr gleichwol von den Altn Verstandn / das solch Spiel auch sey gyalten / Vor vielen Jährn in dieser Stadt Eim fürsichtign / wolweisen Rath: Jedoch was wir dabey habn gthan / Wird geben die Collation. Denn drinn gewesn viel Lücken wüst / Die wir habn ziemlich außgebüßt / Dem Handel weiter nachgedacht / Vnd besser all vmbständ betracht .... Also eine Bearbeitung — zunächst offenbar des Hans Sachs'schen Spieles, auf das die Anspielung ohne Zweifel zu beziehen ist. Zur Ausfüllung der „Lücken wüst" hat nun allerdings Mauritius nicht so sehr — wie man glauben im) Der Stoff verteilt sich wie folgt: I: Entschluß zur Ehe (Bitte des Volkes, Einwände, Umstimmuug durch Hinweis auf den Dienst am Staat, Anordnung der Hochzeit); II: Braut ­ werbung und Hochzeit; III: Erste Prüfung (Besorgnisse der Bauern, Erster Kinderraub); IV: Zweite Prüfung (Exposition durch die Bauern, Zweiter Kinderraub) und Ehescheidung (Rückkehr der Grhsel zum Vater); V: Lösung.

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