Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

76 Ach wie bin ich so wunder wäch Ach das mich nun mein Herr yetz such Er würd kam andre suchen mhe Die er jn neme zu der Ehe. Doch der Vater tröstet sie, er habe es nicht anders erwartet. Dann heißt es: „Hie muß man aber etwas handlen / ain Verzug machen." (V.) Der Gras läßt Grisel zu sich rufen: Sie soll die Hochzeitsgäste empfangen. „Hie ordnet Grisel alle ding / sampt den Knechten / vnd empfacht die gest . . ." „Dem nach setzet man sich zu tisch '/ vnnd spricht der Graf ob -tisch"^). Er fragt Grisel, wie ihr sein Gemahel gefalle. Grisel meint, er hätte keine schönere finden können; doch bittet sie ihn, er möge sie nicht so „raitzen" und „stupffen", wie sein voriges Weib: „Sy künds fürwar nit erleiden." „Walther Graf mag sich lenger nit erhalten / Er vmbfacht fy" und sagt ihr die ganze Wahrheit; daß er die Kinder geheim habe aufziehen lassen und diese nun vor ihr stünden usw. „Grisel sinckt nyder" und bringt erst nur die Worte hervor: Ach Herr / ach Herr / ach Got / ach Herr Nit mehr beger ich ymer mehr. Dann aber wendet sie sich überglücklich ihren Kindern zu. Diese können sich nicht beruhigen, daß die Mutter in so „bösen klaidern" gehe. „Des sich muß schämen yederman." Und auch nachdem Grisel sich umgekleidet hat, möchte der Sohn immer noch gerne wissen, warum sie das „schnöd klaid" getragen. Grisel kann bloß erwidern: Mein Herr wolt es gleich also han Drumb ist es recht vnd wolgethan^ch. Mit einer allgemeinen Einladung zum Freudenmahl schließt das Stück. Die „Grysel" ist ohne Zweifel eines der besten dramatischen Kunstwerke des deutschen 16. Jahrhunderts. Wie hoch sie nicht nur in technischer, sondern vor allem in rein künstlerischer Beziehung über der Komödie des Hans Sachs steht, ergibt sich wohl schon aus unserer Analyse. Der Druck sieht keine Akt- oder Szenengliederung vor. Doch zeigt die von mir in Klammer beigefügte Zählung, daß die Handlung sich in fünf Teile, wir können ruhig sagen Akte, gliedert. Zwischen diesen liegt jedesmal eine über ­ sprungene Zeitspanne, was nach Wunsch des Dichters durch musikalische oder Mauritius hat die Tafel hinter die Szene verlegt und dafür u. a. eine Szene zwischen einem Zwerg und einer Mörin eingeschoben. Laserstein urteilt über diese Szene: . die unsympathischsten Kinder, die je über eine Bühne gegangen sind, und doch nur ebenso oberflächlich wie ihr Verfasser" (a. a. O.,S. 76). Wir können dagegen in der kindlich-naiven Fragelust (die hier nicht ohne Humor und tieferen Sinn angebracht scheint) nur einen der echt realistischen Züge erblicken, die der anonyme Dichter mit ungewöhnlichem psychologischen Blick seinen Gestalten verliehen hat.

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