Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

72 Exemplar überliefert und daher der Allgemeinheit kaum erreichbar. Ich schicke deshalb eine Analyse der anonymen „G r y s e I" voraus. Kräftig setzt das Spiel ein: Der Narr springt hervor und gebietet Ruhe: Stilla / stilla / stillaho / Seind yetz still / thund nit also. Daran schließt er die übliche Mahnung an das stehende Publikum: Stand yedes still vnd trenget nit Ist vnser freundtlich fleißig bit. Nachdem noch der Heroldt den Inhalt kurz angedeutet hat, beginnt sofort das Stück selbst. (Akt- und Szeneneinteilung fehlen.) (I.) Der Landamman trägt den Wunsch der Landschaft vor, der Graf möge heiraten. Der Vogt unterstützt die Bitte mit einem Hinweis auf die göttliche Einsetzung der Ehe. Den Grafen nimmt es aber recht wunder, daß ihm sogar der Bogt dazu rät, dem doch oft sein „weyb den balg so dick Erwäscht". Er wendet sich an den Hauptmann, der — nach dem Grundsatz: Des Brot ich yß des lied ich fing — von der Ehe abrät; es gebe ja sonst hübsche Mädchen genug. Und sosort ist eine alte Kupplerin zur Stelle und bietet ihre Dienste an: „Jung oder alt wi jrs wolt hon". Dagegen aber wehrt sich der Graf doch und läßt im übrigen durch den Canzler dem Volk verkünden, daß er ledig zu bleiben gedenke. Da nun wird- der „Pfarrer Doktor" ins Treffen geschickt, und indem er dem Grafen mit ein ­ dringlichen Worten vorhält: Ir seind nit ewer selbs allain Sonder ain diener der gemain, gelingt es ihm wirklich, ihn umzustimmen. Doch bittet sich der Graf unbedingten Gehorsam für seine zukünftige Gattin aus, was das begeisterte Volk gerne ver ­ spricht: „Schreyent all / ja / ja / gern / gern — Chorus. Ain hofrechtlin" (deutet einen Abschnitt der Handlung an). (II.) Während im Schloß Vorbereitungen zur Hochzeit getroffen werden, geht der Graf auf die Suche nach einer Braut: „Hie kompt der Graf zur Grisel vor jrs vatters hauß / da soll sy spen auslesen"^). Er verlangt ihren Vater zu sprechen. „Hie läuft Grisel in das hauß/vnd kompt jr Vatter herauß / bleibt sy darinnen." Der Graf teilt dem Janikel seine Absicht mit, Grisel zur Frau zu nehmen, worüber der Bauer keine besondere Verwunderung äußerlich. „Hie kompt die Muter auch herauß." Grisel wird gerufen, und der Graf fragt sie, ob sie sein Eheweib werden will, unter der Bedingung: An Stelle -des üblichen Wasserholens (Boccaccio, Petrarca, Hans Sachs). Oiannueolo bei Boccaccio, llanivnlns bei H. Sachs, llanionlo in „pbs pteassn aomscl^ ok Patient ltrissei". Mauritius übernimmt aus der „Grysel" sowohl den Namen Janikel als -auch den „Jäkel" (Grisolds Better). Bei Mauritius äußert Janikel von vorne- hcrcin schwere Bedenken gegen eine solche Ehe.

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