Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

71 Darstellung gebracht wurde ( lat.su . dt.), sind bloß die Argumenta überliefert^). 1582 hat dann Georg Mauritius die „Comoedia von Grafs Walther von Salutz / vnd Grisolden" für seine Schulbühne in Steyr eingerichteteres. Eine stoffgeschichtliche Untersuchung über „Die Griseldissage in der Li ­ teraturgeschichte" hat 1888 Friedrich v. Westenholz geliefert. Doch waren ihm gerade die anonyme „Grysel" und die Komödie des Mauritius „nicht zugäng ­ lich", welchen Mangel auch Volte durch seine ergänzende Besprechung^) nicht be ­ hoben hat. Erst in neuester Zeit hat eine vorzügliche Arbeit von Käte Laser- st e i n „Der Griseldisstoff in der Weltliteratur"^) die Lücke ausgefüllt. Zur Zeit ihres Erscheinens hatte ich meine Untersuchung bereits abgeschlossen und zwar im allgemeinen mit den gleichen Ergebnissen. So trefflich jedoch die Verfasserin die charakteristischen Eigenarten der verschiedenen Epochen in Stil und Einstel ­ lung zum Stoff aufzuweisen versteht, so erscheint sie doch, indem sie im Rahmen einer „Entwicklungsgeschichte" die Jahrhunderte vergleichend nebeneinanderstellt, bisweilen in der Würdigung der Einzelleistung, die nur aus ihrer Zeit allein verstanden werden kann, befangen. Diese Gefahr lag bei der Einschätzung dra ­ matischer Werke vor 1600 besonders nahe, da die dramatische Dichtung jener Frühzeit ebensowenig vorbehaltlos in die Entwicklungslinie des modernen deut ­ schen Dramas gestellt werden darf, wie seme Bühnenform in die des modernen Theaters. Es darf nie übersehen werden, daß hier im 17. Jahrhundert die For ­ men des Mittelalters und die Neuansätze der Renaissance- und Reformationszeit weniger fortgeführt als abgebrochen wurden; und daß daher im 16. Jahrhundert ein moderner Maßstab nicht am Platze ist^). Die Komödie des Mauritius ist keine selbständige Arbeit, sie stellt vielmehr eine kunstvolle Verschmelzung des Spieles von Sachs und der anonymen „Gry ­ sel" dar. Zur Beurteilung dramaturgischen und dichterischen Leistung ist daher die Kenntnis der Vorlagen Voraussetzung. Nun ist wohl Hans Sachs be ­ quem zugänglich^), der Anonymus jedoch in einem einzigen Wolfenbütteler i'i) Volte, Danziger Theater S. 14 und S. 16 ff. in) Die Komödie ist gewidmet Herrn Bertholdo Händl / zu Rämingdorff vnd Biberbach. Bertholt) ist der Sohn Wolf Händls d. Ä. (st 1595, Grabstein an der Pfarrkirche), der in den Jahren 1571 — 1589 öfters Bürgermeister von Steyr war, und dessen dritter Gattin Poten- tiana, Tochter des Steyrer Bürgermeisters Michael Psesferl. Die Potentiana Händlin hat sich 1596 mit Hans Fentzl (s. oben Anm. 168) vermählt. In Lindners Annalen (S. 317) findet sich zum Jahre 1617 die Notiz: 9. Nov. D. Burgrafius Pro DD. Capucinis a. D- Bertholdo Handl 12000 tegulas cmit. in) Zeitschrift f. dt. Philologie 21, 1889, S. 472 ff. HZ Forschungen zur neueren Literaturgesch. (Muncker) I.VIII, 1926. ii°) Vergl. meinen einführenden Aufsatz: „Die Bühnenmöglichkeiten im 16. Jahr ­ hundert. Bausteine zur deutschen Theatergeschichte", Zeitschr. f. dt. Philologie 54, 1929, S. 42 ff. und 55, 1930, S. 49 ff. ii") Kürschners Deutsche National-Literatur, Bd. 21.

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