Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

59 in Nürnberg unter seinem Namen herausgegeben hat, erweisen sich als bloße Be ­ arbeitungen oder Erweiterungen fremder Stücke; andere zeigen sich zumindest stofflich abhängig. Das Eigentum des Mauritius im Einzelnen genau festzu ­ stellen, ist bei dem Mangel an Vorarbeiten und bei der Unzugänglichkeit des Ma- teriales fast unmöglich. Unsere Darlegung gilt aber ohnedies vor allem der orts- geschichtlichen Bedeutung dieser Komödien im Rahmen der Kultur- und Theater ­ geschichte Steyrs und nicht ihrem literarischen Wert, der eine Sonderuntersuchung kaum rechtfertigen würde. Als unmittelbare Bearbeitungen konnte ich zunächst die drei bibli ­ schen Komödien „Haman", „Nabal" und „David und Goliath" feststellen. Die „schöne Comoedia von Haman / aus dem Buche Esther genom- men/Jn deutsche Verss gebracht. Durch M. Georgius Mauricium den Eltern""") ist, wie schon Schwartz in seiner stoffgeschichtlichen Untersuchung nachgewiesen hat"J, Erweiterung von Johannes Chryseus' deutscher Übersetzung des Naogeorgischen Dramas"^). Durch eine Reihe von eingeschobenen Szenen sowie durch die Einführung einer großen Anzahl neuer Rollen, darunter einiger Teufel und Zwerge, hat Mauritius den Umfang des Stückes verdoppelt. Einige Erweiterungen und Veränderungen sind nach der Bibel vorgenommen. Im übrigen sind die Ein- schübe ohne Bedeutung für den Zusammenhang und stören bloß den Aufbau des Dramas. Die Teufelsszenen geben Gelegenheit zu einer scharfen Polemik gegen die katholische Kirche. Die Hinrichtung Hamans auf dem Galgen, den er seinem Feind zugedacht hatte, bringt Mauritius in Parallele mit dem angeblichen Gift ­ mordversuch an einigen Kardinälen durch Papst Alexander VI. und Cesare Borgia""). Die Chöre an den Aktschlüssen hat Mauritius hier wie auch in an ­ deren Bearbeitungen weggelassen. "°) Leipzig / Bey Abraham Lamberg. Anno NOLVII-, Ex. der Preuß. Staatsbibl. Ag. 2369; weitere Ex. in Augsburg (Sammelband: Haman, Nabal, Ezechia und Josaphat um ­ fassend) und in Wolfenbüttel (G. Gr. 2, H 149, Nr. 297). — Das Stück ist Sebalden Händl in Heindorff und Thoberspurg gewidmet. Es handelt sich offenbar um einen Sohn des am 4. Dez. 1588 gestorbenen Sebald Händl, dem feine Kinder Wolf, Sebald, Barbara, Susanna und Anna 1581 bei der Kirchentür an der Südseite der Pfarrkirche von Steyr einen Ge ­ denkstein gesetzt haben. "') Rudolf Schwartz, Esther im deutschen und nenlateinischen Drama des Refor ­ mationszeitalters 1894 1898), S. 113 ff.; bespr. von Jakob Zeidler, Deutsche Literatur- zeitung 21, 1900, S. 1255 f. Vergl. auch Rasender gs Aufsatz: Der Estherstoff in der german. n. roman. Lit. (Festschr. Adolf Tobler zum 70. Geburtstage, Braunschweig 1905). „Haman. Die schöne vnd seer tröstlich Histori Hefter / Spielweis aus dem Latein in deutsche Rheim gebracht / durch Johannem Chryseum." Wittenberg 1546. — Naogeorgs tat. Drama ist im Jahre 1543 in Leipzig erschienen. E) Rosenberg in der Festschr. für Adolf Tobler, S. 342.

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