Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

58 für die Cantorey (Josaphat) und eröffnet von der Bühne herab den Verteidi- gungskampf gegen das Papsttum (am schärfsten in der Comoedia von den Stän ­ den). Das künstlerische Moment muß dabei zurücktreten. Da der innerlich ­ religiöse Antrieb wegfüllt, verschmäht es Mauritius nicht, schon vorliegende Dramen zu benützen und für seine Zwecke zu bearbeiten. Auf die Wirkung hat er es vor allem abgesehen. Daher auch die Zugeständnisse, an das breite Publi ­ kum, wie etwa die Einführung von Narrenszenen in biblischen Stücken — trotz Luther! Daneben tritt das Schulpädagogische stärker hervor. Dem entsprechen zunächst Aufführungen in lateinischer Sprache, über die leider nichts Näheres bekannt ist. Doch können wir annehmen, daß unter Mauritius lateinische Ko ­ mödien regelmäßig neben den deutschen Spielen gehalten wurden. In der „Comedia von dem jämmerlichen Fall" spricht der Herold sogar von zwei vor ­ hergegangenen, fremdsprachigen Spielen. Wenn es von ihnen heißt, daß manchen „die beid Sprachn zu hoch" seien, könnte man daraus schließen, daß Mauritius auch g r i e ch i s ch e D r a m e n zur Aufführung gebracht hat, was an Gymnasien jener Zeit nicht ungewöhnlich war. Doch fehlen weitere Belege dafür. Von Wert und Nützlichkeit seiner Dramen scheint Mauritius fest überzeugt gewesen zu sein, wie er überhaupt viel mehr Selbstbewußtsein zeigt, als sein bescheidener Vorgänger. Schars wendet er sich (im Prolog zum „Nabal") gegen alle Kritik. Im Gegensatz zu Brunner ist sein Drama ein Spiegel der mensch ­ lichen Laster. Gut und Böse werden in schroffer Gegensätzlichkeit gegenüberge- stellt, absichtlich überspitzt. Die Gestalten teilen sich in Träger guter oder schlech ­ ter Eigenschaften, die sie in einer Anzahl von Musterbeispielen an den Tag legen. Doch fehlt die allesdurchdringende Liebe eines Brunner, diesen Gestalten Leben einzuhauchen. Und so löst sich der Dialog leicht in Rhetorik auf; lange Reden, die wir bei Brunner nur ganz selten fanden, überwuchern die spärliche Handlung. Dazu kommt bei Mauritius ein störendes Mißverhältnis zwischen drama ­ tischer Technik und Bühnenaufbau. Einerseits hält er an der episch-breiten Dar- stellungsweise mittelalterlicher Spiele fest, weshalb ihm z. B. im Prolog zur „Grisoldis" die mehr skizzierte „Griselda" des Hans Sachs einer gründlichen Er ­ weiterung bedürftig erscheint. Und erst die fast restlose Jneinanderarbeitung von zwei Dramen ergibt ihm ein vollständiges Ganzes. — Anderseits verzichtet er aber auf die Simultantechnik zu Gunsten einer mehr antikisierenden Suk- zessionsbühne, wodurch ein ständiges und meist unmotiviertes Auf- und Ab ­ treten der Personen mit ebensoviel Szenenwechsel notwendig wird. Die biblischen Dramen. Zeichnete sich Brunner durch eine für einen Dramatiker jener Zeit ganz außergewöhnliche Selbständigkeit aus, so müssen wir bei Mauritius das gerade Gegenteil feststellen. Viele der Komödien, die er wenige Jahre vor seinem Tod

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