Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

53 ständen angemessene Bewirtung konnte sich der arme Schulmeister nicht leisten, und eine bloße Andeutung hätte sich das gerade in dieser Beziehung höchst kritische Publikum des XVI. Jahrhunderts nicht gefallen lassen; ein Chorus soll über das nichtstattfindende Mahl hinwegtäuschen. Anders liegt die Sache im „Tobias". Hier kann — auf Rechnung des Hochzeitgebers — ein Mahl in seiner ganzen Breite vorgeführt werden: „Hie tregt man essen aufs" und trinkt sich fleißig zu. Immerhin ist im Tobias Stoff zu anregenden Tischgesprächen vorhanden, und die ganze Szene bekommt noch einen pädagogischen Anstrich, wenn der Epilog daraus eine Lehre zieht: Zum dritten / wer zu lernen fein / Wie die Malzeiten sollen sein / Frölich in züchten vnd in Ehrn . . . Im „Jsaac" aber nimmt das Essen auf der Bühne so überhand, daß es ge ­ radezu Selbstzweck wird. Es wird gegessen zur Feier von Eliezers Abreise (II, 3 bis 5) und es wird gegessen nach Eliezers Werbung in Bethuels Haus (III, 5 bis V, I), und bevor Eliezer mit der Braut die Heimreise antritt, läßt Laban aber ­ mals den Tisch decken — zum dritten Mal^o). And jedesmal sind die Szenen realistisch-breit ausgemalt, jedesmal ist der fast ausschließliche Gesprächsstoff: Essen und Trinken. Immer wieder werden die Gäste aufgefordert, „on allen scheuch" zu trinken und den Krug herumgehen zu lassen. Sogar die Reutter, die am Tisch nicht mehr Platz haben, bekommen ihr Teil hinaus (d. h. hinter die Szene), damit sie ja nicht leer ausgehen. Es ist klar, daß ein derartiges überhandnehmen breit ausgeführter Mahl ­ zeiten die künstlerische Wirkung des Stückes stark beeinträchtigen muß. Hans Ti- rolff^Z hat sich wenigstens aus ein einziges Mahl beschränkt, das allerdings den ganzen vierten Akt einnimmt; eine nochmalige Bewirtung vor der Heimreise lehnt der Knecht ab^?). Im übrigen läßt es Brunner auch in der „Heirat Jsaacs" nicht Die Bibel berichtet nur von einem Mahl (I. Buch Mosc, Cap. 24, 54). "i) Aus dem Buch der Geschöpfs / das XXIII. Capitel / Die schöne Historia / von der Heirat Jsaacs vnd seiner lieben Rebeken . . . Durch Hans Tirolff zu Cala. Anno Do- mini 1539. Wittemberg (Joseph Klug). Ex. der preuß. Staatsbibl. in Berlin Up. 8406. Nach Tirolffs eigener Angabe (Bl. A 6. a.) ist dieses Stück seine „erste Frucht des Rhei- mens vnd geistlichen Spielmachens". Als Grund gibt er an: „weil es itzt ein gemeiner brauch worden / vnd von allen hochgelerten leuten / als nützlich vnd löblich gepreiset wird / solche geistliche Spiel zu macheu . . (bl. A 4b). "") Die Szenen Tirolffs geben ein vollständiges Bild einer Mahlzeit jener Tage; jede Kleinigkeit wird angeführt: Das Tischtuch wird aufgelegt, „Brodt, teller, saltz" darauf- gesetzt; dann meint Bethuel: Jtzunder nemet Wasser risch / Das wir vns setzen zu dem lisch / Richt nicht die Mutter itzund an?

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