Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

v^chon in den Zwanzigerjahren des 16. Jahrhunderts hat Luthers Lehre auch in den österreichischen Ländern Verbreitung gefunden. Machtlos stand der Kaiser einer Bewegung gegenüber, die unaufhaltsam alle Schichten des Volkes mit- riß. Seinen Landschaften die im Reich erzwungene Toleranz zu versagen, war Ferdinand I. zu schwach'. Auch übersah man anfangs die Tragweite der Refor ­ mation, glaubte kaum an eine ernstliche Schaltung und strebte allgemein einem Kompromiß zu, an dessen Möglichkeit noch Maximilian II. nicht zweifelte. Erst als sein Nachfolger zur Gegenreformation schritt, zeigte es sich, daß die neue Lehre in kaum fünfzig Jahren im österreichischen Volke so fest Wurzel geschlagen hatte, daß weitere fünfzig Jähre schärfsten Kampfes nicht genügten, sie wieder auszu- rotten. In fast allen Städten hatte man evangelische Schulen eingerichtet und aus dem Reiche, vor allem aus Wittenberg, hervorragende Lehrer aus dem Kreise Luthers und Melanchthons berufen. In Linz wirkte Röhrig-Calaminus aus der Schule des Straßburger Rektors Johannes Sturm; in Laibach der berühmte Neulateiner Nicodemus Frischlin; in der von Chyträus begründeten landschaft ­ lichen Stiftsschule von Graz der große Astronom Kepler; an der ständischen Hoch ­ schule in Klagenfurt der vielseitige Gelehrte Hieronymus Megifer. Daneben be ­ zog ein Großteil der studierenden Jugend die Universitäten Deutschlands, so daß ein äußerst reger geistiger Verkehr Österreich mit dem Reiche verband. Mit den evangelischen Schulen hat sich' auch das Schuldrama in den Städten Österreichs eingebürgert; mußte doch der Spiellust des von jeher theaterfrohen Donauvolkes Genüge geschehen, wollte man einerseits die stark profanierten kirch ­ lichen Spiele verdrängen, anderseits die Jugend von den rohen Fastnachtsspielen abhaUen. So erscheint das evangelische Schuldrama Österreichs vorwiegend durch diese beiden Komponenten bestimmt: Fortführung der alten Tradition im Sinne der neuen Lehre unter Beiziehung humanistischer Elemente und' Bekämpfung übermütiger Fastnachtsscherze durch ernste Moralisationen. Dabei tritt das Thea ­ tralische dem landschaftlichen Charakter entsprechend stärker hervor, das Volks ­ tümliche behält ähnlich wie in der Schweiz mehr Geltung. Wenn wir vom evangelischen Schuldrama Österreichs sprechen, können wir uns allerdings nur -aus eine äußerst spärliche Überlieferung stützen. So gewiß es

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