Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

47 darauf Joseph: Ich kann nicht redn vor großem schreck / Las mich / Herr / sein befohlen dir. — Da muß ihn Potiphar in den Kerker werfen: Sol ich meim Weib nicht glauben mehr / Die mit mir lebt in zucht vnd ehr . . .? Damit schließt die Episode, und Potiphars Weib tritt nicht mehr auf. Der Bibel folgend hat Brunner auf eine Lösung etwa im Sinne einer nachträglichen Bestrafung der Verleumderin, wie bei Rute (Bern 1538), oder einer Aussöhnung, wie bei Macropedius, verzichtet. Wir sehen, wie Brunner alle seine Gestalten mit gleicher Liebe bedacht hat. Vielleicht am besten ist ihm aber die Gestalt des alten Jacob gelungen, des schwer ­ geprüften Vaters, ergreifend in seinen Klagen, rührend in seiner kindlichen Freude, als er die Botschaft erhält, daß sein totgeglaubter Sohn Joseph noch am Leben ist (V, 2). Auf Rubens Vorschlag haben die heimkehrenden Brüder be ­ schlossen, Gad, Äser und Dan mit der fröhlichen Botschaft vorauszuschicken. Die drei eilen ins Haus und rufen „zu Jacob miteinander": Freud vber Freud / alls Glück vnd Heil Wird dir mein Vater jtzt zu teil, fo daß Jacob fast erschrickt und mißtrauisch fragt: Bringt jr mir böses oder gut? Das jr zu gleich so schreien thut? Und dann kommt Juda und „weiset Ben Jamin hinzu", und Rüben be ­ richtet alles, und der alte Jakob kann es gar nicht glauben und ruft, überglücklich und doch noch zweifelnd: „Hey wie feid jr so nerrisch gar . . .". Erst als auch Benjamin beteuert, daß Joseph noch am Leben sei, da kniet der Greis nieder und dankt Gott aus tiefster Seele. Wenigen Dichtern des XVI. Jahrhunderts sind solche Szenen gelungen. Bei Thiebolt Gart — um einen Vergleich zu geben — sagt Jacob bloß: Seit mirs wilkummen lieben sün, Die Bottschaft frewt mich obenhin (V. 2046 f.). Brunner hat seinen Stoff nicht beschränkt, wie vor ihm Crocus, Sixt Birk (1589) und Macropedius. In ihrem ganzen Umfang wollte er die Historie von Jacob und seinen Söhnen, wie sie die Bibel überliefert (1. Buch Mose, Cap. 37 bis 47), auf die Bühne bringen. Anderseits wollte er aber doch eine Teilung des Spieles anf zwei Aufführungstage, die z. B. in den Dramen von Rüte und Gart vorgesehen ist, umgehen, was er in der Vorrede „zu dem Leser in gemein" eigens hervorhebt:

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