Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

42 In Kleinigkeiten ließen sich tatsächlich einzelne Übereinstimmungen zwischen Brunner einerseits und Balticus und Rueff anderseits feststellen: So entspricht etwa den Versen bei Balticus (bl. A 6 a), in denen Leuis seinen Bruder gegen Joseph aufhetzt: Zrpuä patrem no8 quotticlie reo8 iuLit, 8e 8imx>Iieem 8imulat, et maxime pium . . . dem Brunnerschen V. 179: . liebkost /vnd sagt dem Vater an /" Und wenn bei Balticus zu Beginn der Szene I, 3 Leuis sagt: Uimtrez moramur no8 aliquot die iam äie? >Io8tr08qu6 PU8LI8MU8 §re§e8 . . , so erinnert das an Judas Worte bei Brunner (V. 232 ff.): Sthen gar zu lang an dieser stat / Das Vich sich schier vergangen hat / Lasts vns zusamen treiben hie . . . Solchen Kleinigkeiten darf man aber keine Bedeutung beimessen"-). Man kann aus ihnen — berücksichtigt man die literarischen Zustände des XVI. Jahr ­ hunderts — -nicht einmal mit Bestimmtheit schließen, daß Brunner die Dramen von Balticus und Rueff direkt gekannt hat. War dies aber der Fall, fo wäre sein Verdienst, den Stoff so selbständig behandelt zu haben, nur umso höher ein- zuschätzen. Nur aus Unverständnis für Brunners Bühnentechnik ist Weilens auffallend ungerechtes Urteil (S. 99), das Stück sei vor allem in technischer Beziehung „äußerst mangelhaft", zu erklären. Er vergißt, daß wir es bei Brunner nicht mit dramatischen Werken im modernen Sinn zu tun haben, sondern mit Spielen im Stile des mittelalterlichen Dramas, das Max Krüger (Über das Verhältnis von Bühne und bildender Kunst, Diss. Halle 1911, S. 48) richtig charakterisiert als „eine durch Dekorationen und Schauspieler illustrierte Erzählung, die immer mehr darnach strebte, die Geschichte einer biblischen Persönlichkeit bis in alle Ein ­ zelheiten des täglichen Lebens zu verfolgen". Bergt, was I. Huizinga, Herbst des Mittclalters (deutsch von Mönckeberg, München 1924), S. 393, zur Poesie des ausgehenden Mittelalters treffend sagt: „In der Hauptsache hat der Dichter freie Hand: er mag, wenn er kann, einen neuen Gedanken fin ­ den, während gerade Detail und Hintergrund im höchsten Maße unter dem Zwang der Konvention stehen." Ferner was Freybe (Lpz. 1892, S. *27 ff.) bei Besprechung von Schlu's Jsaac-Komödie über die „dramatische Tradition" jener Zeit ausführt: „Was einmal dra ­ matisch volksmäßig geworden war, dem Volke ans Herz gegriffen hatte, galt als Gemeingut und gehörte fortan auch der Tradition an".

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