Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

39 Obwohl er meist instinktiv Vers- und Wortakzeut übereinstimmt, wie es seit R-ebhun (1540) unter anderen Diebolt Gart, Ackermann und Hans Tirolff be ­ wußt anstvMen, und wie es erst 1578 von Johannes Clajus als akzentuierendes Versprinzip theoretisch formuliert wurde, hält er doch nur so weit an diesem Prin ­ zip fest, als es keine größeren Opfer stilistischer Art erfordert. Und ohne solche war in jener Zeit eine konsequente Durchführung des Betonungsgrundsatzes kaum Lenkbar, weshalb auch Clajus sein Betonungsgesetz einschränkt: qmwtum Kart pots8U0ch. Unleugbar hatte auch die alternierende Technik, die vor allem im Meistergesang des XVI. Jahrhunderts fast ausschließlich herrschte (vergl. Hans Sachs), ihre Vorzüge, und die größten Theoretiker des Jahrhunderts, Albert Oelinger"6) und Laurentius Albertus^?) traten für sie ein. Noch 1596 wandte sich Adam Puschmann gegen die akzentuierende Methode des Clajus, und be ­ kanntlich hat Weckherlin neben und gegen Opitz an der Alternationstechnik fest- gehalten. Indem der regelmäßige Zusammenfall von Wort- und Versakzent um ­ gangen wurde, konnten die Verse mitunter eine Schwere und Nachdrücklichkeit er ­ halten, die übler die Leichtigkeit der sonst nur allzu flüssigen Achtsilbler hinweg ­ täuschen mochten. Dem unrhetorischen Charakter entsprechend, sind überlange Reden bei Brun- ner im allgemeinen vermieden, ohne daß sich der gleichförmig fließende Dialog je zur Stichomythie steigert, die sich überhaupt, im Gegensatz zum neulateinischen Drama, in den deutschen Stücken des XVI. Jahrhunderts nur ganz vereinzelt findet und auch in deutschen Übersetzungen meist aufgegeben wird. Episch breit und durch liebevolle Kleinmalerei noch ausgebaut folgt die Hand ­ lung in Brunners Dramen möglichst getreu dem biblischen Text. Keine Steige ­ rung wird angestrebt. Ruhig reiht sich Bild an Bild im ebenen Nebeneinander, Las im simultanen Aufbau der Bühne seine volle Entsprechung findet. Darin schließt sich Brunner an die alte Tradition der Mysterienspiele an. Doch ist den weitausgebreiteten Bildern der mittelalterlichen Spiele gegenüber, deren Technik u. a. das Schweizer Volkstheater noch im XVI. Jahrhundert unverändert bei- behalten hat, eine bewußte Konzentration nicht zu verkennen. Eine bereits einer gewissen Symmetrie zustrebende künstlerische Gruppierung, der sich trotz aller Pie ­ tät auch die biblische Vorlage unterordnen muß („Tobias"), verleiht — im Rahmen -einer vollständig adäquaten Bühnenform (konzentrierte flächige Simul- tanbühne) — den dramatisierten Historien eine Geschlossenheit, wie sie das "ch Vergl. Borinski, Poetik der Renaissance, Berlin 1886, S. 44; ferner Saran, Deutsche Verslehre Z 36 (Handb. d. dt. Unterrichts an höheren Schulen III, 3, Münch. 1907). Orammatiea von 1573. E) Teutsch Grammatik oder Spr-achkunst, Augsburg 1573. Im Kapitel Da sounsions heißt es hier unter anderem: Sie autem 8eaiuli vel eani bedeut r^tdmi, ut impar s^IIuba semper raptim Ie§utur L 80NU8 aeutu8 paritum incumbat. Vgl. dazu Borinski, Poetik S. 41.

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