Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

37 Christlicher anweifung / spielweis geftsllet". Nicht pädagogische oder gar tenden ­ ziöse und finanzielle Beweggründe haben ihn dazu bewogen, sondern ein tiefes, religiöses Gefühl, das Bedürfnis, Gott zu danken und durch Versenkung in die heilige Schrift vor allein sich selbst im Glauben zu stärken. Deshalb verschmäht er es, schon vorliegende Dramatisierungen auszufchreiben, wie es so viele feiner Zeitgenossen taten. Seine einzige Quelle bleibt die Bibel. „Vnd wiewol ich mich" — so schreibt er in der Vorrede zum „Jacob" — „an andern wolgestelten Comedien vnd Tragödien / von sinnreichen vnd hochbegabten Leuten / durch den Druck ausgegangen / wol hette mögen benügen lassen / vnd diese meine vie'leicht vnnotwendige arbeit / ersparet / vnd die zeit in ander weg zugebracht: So hat mich doch warhafftich auch dieses dazu verursachet / damit ich mich selbs / in vleißiger betrachtung Biblischer Historien / zu inbrünstiger an- ruffuug vnd dancksagung Gottes / die sonst liederlich / wo man nicht jeder zeit / in Christlicher vbung erfunden wird / erVailten / ermunteret vnd aufswecket". Und vorwiegend religiös bestimmt zeigt sich auch die pädagogisch-moralische Seite seiner Schukdramatbk: Es sollen in den biblischen Komödien „die wunderlichen Wercke vnd thaten Gottes / die er von anfang in seiner Kirchen / geübet vnd bewiesen / mit freu lebendigen vnd natürlichen Farben / entworsfen vnd abge- malet / den gemeinen Lehen / sonderlich der lieben Christlichen jugent / gleich als -in einem Spiegel / für die äugen gestellet werden". Kein »pseulum inuncli und kein spsonlum vitas lruinunus will der Dichter geben, keinen moralisierenden Spiegel der lasterhaften Menschheit, sondern einen Spiegel der wunderlichen Wercke vnd thaten Gottes. Und in der Darstellung der biblischen Vorgänge selbst, im Ein- und Miterleben sieht er die „Befürderuug der jugent klain". Da ist nicht van Übung der Aussprache und des Gedächtnisses oder von Aneignung feiner Sitten und Bewegungen die Rede^) — alle diese rein schulpädagogischen Zwecke treten zurück hinter der religiös-moralischen Wirkung, die das Werk auf Dar ­ steller und Zuschauer ausüben soll. Und indem so der religiöse Antrieb den Spie- Vergl. dagegen die betreffende Stelle über dramat. Aufführungen in der Anna- berger Schulordnung von 1578: Ouus res ut pronuntiationem Msrorum, vocem, Aestus, llubitumaus wtiU8 Lorporiz in lliscencw kormat, ipsam cllcenäi kaLuItutem et tuLUnäium Uuunclam extemporulsm Lignit et conkirmM, ita plurimum etiam vim memorias sxLitars et Lauere solet, ne iam 6s aliis utilltutibus kuius sxereitii ciieamus. (Paul Bartusch, Die Annaberger Lateinschule zur Zeit der ersten Blüte der Stadt und ihrer Lateinschule im XVI. Jahrhundert, 1897, P. 156.) In Jglau werden die Letiones Lomscliaruin als eine „alte Vergünstigung und Freiheit" betrachtet, „welche ein E. W. Rat den Rectoribus unser lateinischen Schuel widerfahren lassen, zum theil, damit die Jugend durch solche sichtbarliche der Biblischen Historien Geschieht, machte zu Gotsforcht, tugend vnd gueten sitten gereiczet werden, zum theil damit der Rector genannter schuel etwa ein accidens, welche zu erweiterung seines pecunii dienet, haben möchte" (Eingabe des M. Fetauer, 1595 Advocatus in Jglau, vorher Praeccptor an der Protestantischen Stistsfchnle in Graz. Vergl. Julius Wallner, a. a. O., S. 12).

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