Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

100 sollte, wurde im evangelischen Drama des 16. Jahrhunderts mehr ins Seelische gewandt: Während sich der junge Tobias zur Reise rüstet, öffnet sich gegenüber Raguels Haus und zeigt uns Sara, die von ihrer Magd schwer beschuldigt sich an Gott um Hilfe wendet. Sie ahnt nicht, daß ihr Flehen längst erhört wurde, daß Gott bereits den Engel Raphael ausgesandt hat, ihr den jungen Tobias zuzuführen. Und während dann Tobias neben Sara in Raguels Haus beim Hoch- zeitsmahle sitzt, sehen wir seine Eltern daheim in größter Sorge um den so lange ausbleibenden Sohn. Und da erfaßt auch den jungen Tobias Heimweh und er mahnt zum Aufbruch: Vater es ist gnug dieser freud Zu meinem Alten hab ich zeit. Und wie stark mußte es wirken, wenn auf der einen Seite der greise Jacob über dem blutigen Röcklein seines Lieblingssohnes weinte, während gleichzeitig Joseph im fernen Ägypten von Potiphar über sein Haus gesetzt wurde. Diese wirkungsvolle Simultantechnik war bei beschränktem Bühnenraum nur mit Hilfe der plastischen Mansionen möglich. Durch sie wurde der Dichter vor Unmöglichkeiten bewahrt, die selbst im 16. Jahrhundert zur Kritik heraus ­ fordern mußten. Die Bühne des Mauritius. Ebensowenig wie die literarische hat Mauritius die bühnentechnische Tra ­ dition des Steyrer Schultheaters fortgeführt. Wir haben bereits aus der Ana ­ lyse seiner Comoedia vom Schulwesen ersehen, daß an Stelle der Brunnerschen Simultantechnik eine ausgesprochene Sukzessionstechnik getreten ist. Eine Neutralbühne, etwa in der Art der Nürnberger Meistersingerbühne, würde den bescheidenen Jnszenierungsansprüchen genügen. Jedoch scheint die Bühne des Mauritius einen gewissen Gassen-Charakter gehabt zu haben, da einerseits Innenszenen — in allen Komödien, auch in den Bearbeitungen — strenge ver ­ mieden sind, anderseits aber Haustüren eine bedeutende Rolle spielen („Hans Siht von fern den Meister für der Thür stehn" usw.). Wir müssen deshalb nicht an eine Badezellenbühne denken, wie sie die Terenzillustrationen zeigen'-^). Wenn im III. Akt der Komödie vom Schulwesen die Magd von innen ans Fen ­ ster klopfst / vnd schlegt zum dritten eine Scheiben auß, so läßt das auf ein prak ­ tikables Fenster schließen^). Die Gruppierung der Häuser (Türen) stellen wir --2) Bergt. Stnmpfl, Zeitschr. f. dt. Philol. 54, 1929, S. 66, Anm. 91. 22») Dies macht auch massive Türen wahrscheinlich: Texthinweise aus ein „Krachen" der Tür, die M. an zwei Stellen im „Nabal" aus der Borlage übernommen hat '(II. Akt: „Aber ich hör die Thüre krachen" und V. Akt: „Was hör ich da? Knarrt nicht die Thür?"), beweisen allerdings nichts. Bergl. auch in Garts „Joseph" II, 1. V. 601: „Was kracht die thür?" und H, 2. ,V. 655: „Er kumpt, o wee die thür die kracht. .." — Ähnlich läßt Schonaeus beim Auftreten der Personen gewöhnlich die Türe krachen. Schmidt, Bühneiwerhältnisse, S. 134.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2