Steyrer Tagebuch, Sondernummer Wehrgraben, 1982-1983

Der Wehrgraben: Eine Einführung Zur Veranschaulichung der Situation, . ist es notwendig, das Flußsystem der Steyr etwas genauer zu behandeln. Bei der Kruglbrücke am Stadtrand wird die Steyr durch eine Wehr in zwei Arme geteilt. Der rechte oder südliche Arm (Himmlitzerbach) wendet sich nach l.lnterhimmel und schlängelt sich entlang des Steilhanges, über dem sich die Ortschaft Christkindl befindet, talabwärts. Der Hauptarm der Steyr wird in der Nähe des St. Anna-Heimes durch das Plautzenhofwehr geteilt, von dem der Wehrgraben links abzweigt, der sich bis zur Steyrbrücke zieht und durch mehrere Ableitungen mit der sogenannten "reichen Steyr", dem Hauptarm, verbunden ist. Vom Wehrgraben zweigt zunächst der Saggraben ab, der sich nach etwa hundert Meter mit dem Kanal wiedßr vereinigt. Der Wehrgraben tritt bei der Schwimmschule durch einen Ablaß mit dem Mitterwasser in Verbindung. Die reiche Steyr wird durch die Gsanginsel, auch Eysnfeld genannt, in zwei Teile geschieden, dem Mitterwasser und de m südlichen Arm, dem Gsangwasser, das durch das Kugelfang- und das Gsangwasser reguli ert wird. Die Fabrikinsel unterhalb der Gsanginsel wurde durch Zuschütten des rechten Armes beim Bau des neuen Gsangwehres in eine Halbinsel verwandelt. Diese Flußläufe lieferten schon im Mittelalter die Hauptarbeitskräfte für Schmieden Papierfabriken und Sägewerke. Auf sieben Stey rinseln hatte im verg angene n Jahrhundert die Österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft, die Vorgängerin der Stey r-Daimler-Puch AG., v iee zehn Fabriksobjekte mit zus ammen 26.000 Quadratmeter in Betrieb. 33 Wasserräder mit 700 PS trieben 2000 Maschinen an. In der Blütezeit der Fabrik erzeugten bis zu 10.000 Arbeiter wöchentlich 13.000 Gewehre. Die älteste Wasserkraftanlage Steyr s war die Heindlmühle am Zusammenfluß von Etins und Stey r, die schon in Urkunden des 11; Jahrhunderts erwähnt wird. 1882 kaufte Josef Werndl die Mühle, um darin das erste Elektrizitätswerk Steyrs unterzubringen, daß aus Anlaß der Industrieausstellung 1884 die erste elektrische Straßenbeleuchtung Europas mit Strom versorgte. Das Heindlmühlwehr wurde vor einigen Jahren erneuert. Das Elektrizitätswerk im Zuge des Neubaus der Brücken über Enns und Stey r (Zwischenbrücken), abgerissen. Zum Zwecke Wehrbauten und sämtliche Genossenschaften: der Ins tanc.haltung der. Uferschutzbauten bildeten Interessenten zwei Die Wehrgraben-Kommune und die Wassergenossenschaft Voglsang. Die Wehrgraben-Ordnungen von 1529 und 1585 sind noch vorhanden und waren bis 1879 in Kraft, wo sie einer neuen Ordnung weichen mußten. Nachdem die Wehrgrabenkommune 1966 die Zurücklegung aller Wasserrechte bei der Wasserrechtsbehörde angezeigt hatte, wurde die Auflösung der Kommune in der Generalversammlung am April 1972 beschlossen. Alle Rechte und Pflichten gingen auf die Stadtgemeinde Steyr über, die die Kanalgrundstücke erworben hatte. Die Gemeinde erhielt von der Wasserrechtsbehörde die Genehmigung zum Zuschütten des Wehrgrabengerinnes. Damit beginnt etwa im Jahre 1975 der jahrelange Streit zwischen der Mehrheitsfraktion im Gemeinderat und einigen engagierten Bürgern. Dieser Streit wurde bis zum im Sommer 1982 mit der Unterstützung aller Minderheitsfraktionen des Gemeinderates, vieler interessierter Bürge r und mithelfender Vereine, ausgetragen. Durch die sehr maßgebliche Hilfe von de r Architektenschaft Österreichs, dem Bunde s denkmalamt und dem Land Oberösterreich konnte ein Umschwenken der verantwortli ch e n Lokalpolitiker z u Gunsten von Engagement in der Altbaubelebung und der Besinnung auf di e Einma ligkeit der Substanz dieses Stadtte il s erreicht werden. Die Stadt Stey r wird mit finanzieller Hilfe von Bund und Land de n Wehrgraben in s einer vo llen Länge erhalte n und rev italisieren. Der Stadtteil a l s g e s amtes wird z um Ziel von Maßnahmen der Verbesserung der Wohnqualität und Infrastruktur unter Einbezug der Forderung privater Initiativen.

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