Steyrer Tagebuch, Sondernummer Wehrgraben, 1982-1983

Meinungen Der Kommentar zur Gemeindepolitik Die Auseinandersetzung um di e Zukunft des Wehrgrabenkanal s ist ausges t anden . Das Ergebnis befriedigt anscheinend allgemein . Grundsätzlich ist es also gut, den Str eit zu begraben, besonders auch seine persönlichen Aspekte. Trotzdem darf aber auf einige Klarstellungen nicht verzichtet werden. Auch wenn dieses Ergebnis, wie schon ähnlich die Zwentendorf - Abstimmung oder die sich abzeichnende Einigung über den Nationalpark Hohe Taue rn, zeigt, daß die Demokrat ie i n diesem Land funktioni e ren kann, so kann man doch ni cht glücklich sein über di e Rolle , die jene dabe i gespielt haben , die von unserem Steuergeld hochbezahl t als Berufspolitiker die öffentlichen Angelegenheiten verwalten. Es zeigt sich , daß die politisch einflußre i chen Positionen mit Charakteren besetzt sind , d i e immer mehr junge Menschen sich von dieser Pol itik abwenden lassen . Das Problem ,Wehrgraben wurde aus persönl icher Betroffenheit von Menschen angepackt , die in der ak tiven Politik sonst nicht mitmischen . Di e Rolle der etablierten Pol itiker war geprägt von Parteitakt i k, Statusdenken, Erhaltung ihrer Entscheidungskompetenzen im kleinen Kreis von Experten und/oder Freunden. Entsprechend den sich daraus e r gebenden Taktiken wäh l ten d i e verschiedenen Herren (! ) ihre L1sungen und Argumente und s tel lten sich in den Dienst der jeweils e igenen Sache . Dadurch konnte es umgekehrt den einer sachgerechten Wehrgrabenlösung wegen Aktiven gelingen, Parteien und/oder etablierte Pol itiker, unabhängig von wirklicher Übere i nstimmung in der Sache , in i hren Dienst zu nehmen . Während Bürgermeister Weiss seit je alle echten und vermeintlichen Argumente gegen die Erha l tung des Kana ls vertrat, was auch lo Jahrgänge des Amtsblattes nicht werden vergessen machen können ( we r hätte ihn gehindert, schon vor einem Jahr sich um finanzielle Unters t ützung von Bund und Land zu bemühen, statt sich hinter dem Wasserrechtsbescheid zu verstecken), ist leider h inter dem F.insatz der Oppositionsparteien n ichts Stimmenfängerei zu vermuten . weder d i e Initiative noch Be itrag zur Argumentation . anderes als Von ihnen kam ein bedeutender In der mona te l a ngen Polemik tauchten ernsthafte Fragestel lungen nur sehr a m Rande auf . Man sol lte etwa d i e von den Sozialisten geäußerte Sorge , das für die Erhaltung des Ge r innes nötige Geld könnte bei der Mode rnisierung ni cht durch desolater Wohnungen a bgehen , den Hinweis auf mit de r Zuschüttung verbundene, europaweite Kulturschande beantworten. Wer sich nicht ordentlich baden kann, wird mit einer Barockfassade wen ig Freude haben, wenn deren Renovierung durch seinen und 2o anderer Leute Yerzicht aufs Badezimmer finanziert wurde . Im vielgepriesenen Stadtplatz- Enge Gasse- Berei ch i st ja zu sehen, wi e schöne Fassaden und unserer Auffassung von Menschenwürde spottende Ausländerwohnungen unter einem Dach möglich sind. Solange es allerdi ngs der Bauwirtschaft schlecht geht, besteht kein Grund zur Annahme , es könnte nicht beides, Wohnungsverbesserung und Kanalerhaltung zu schaffen sein. Notwendig ist j edoch eine breiter e intensive Diskussion mit den Betroffenen . Die vielgepriesenen Experten haben uns schon zu oft enttäuscht , als daß man ihnen F.ntscheidungen überlassen könnte . Sie sollen es beim Beraten bewenden lassen . Erst eine nicht nur in kulturhistorischer Hi nsicht, sondern auch in Sachen" Demokratie von unten" zukunfts we i sende Vorgangsweise im Wehrgraben wi rd zu Recht Aufmersamkeit über Österreichs Grenzen hinaus auf den Wehrgraben und S teyr lenken . Reinhard Kaufmann

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