Steyrer Tagebuch Nummer 23, November 1984
20 Kabarett -- "Neu lieh rief ein Mr. Mayer aus New York an, ob er den Udo mal engagieren kann. Denn sie hätten da, wie jedes Jahr, einen Heimatball a la Bavaria; außerdem gäb's tausend Dollar. I eh sag'"Okay, i eh bin ihr Mann". Und so flogen wir nach Manhattan, deutsche Kolonie - so geweint haben die noch nie. Denn sie brach zusammen, ihre heile Welt, sie drehten voll durch in ihrem Bayernzel t, denn da haben sie doch leider den falschen Udo bestellt! -- Sie wollten Udo Jürgens." (Udo Lindenberg). -- "Lieber Gott, mach mi eh bitte zum Experten! Erhöh' mich vor dem aufsäßigen Mob! Bestrafe die Grünen und lasse sie sühnen, daß sie sich als Laien gegen unsern Wi 11 en wehrn. Lieber Gott, mach mi eh bitte zum Exper– ten, dann tue i eh auf Erden deinen Job! Mein Wi l l e geschehe, wenn ich erst verstehe, was die Auserwählten von dem blöden Vo l k begehrn." -- Ein Abend mit Werner S. Die Anfahrt ges ta l tet sieh schwierig. Pferdestärken– schwangere deutsche Qualitätsprodukte bahnen sich ihren Weg zum Alten Theater. Ein Abend mit Herrn S. steht ins Haus. Gesponsert und wohl tätig unterstützt von der bundesdeutschen Erzeugerfirma obgenannter Vehikel. Autotüren werden geöffnet, Abendkleider be– reiten sich darauf vor, unter sich zu sein. Steireran– zug und Nadel streif tauschen Komplimente. Der freie Kartenverkauf ist durch ein geschätztes Dutzend– selbstbinderloser Dissidenten präsent. "Antiameri kani smen" pflastern seinen Weg. "Manchmal fürcht' ich Amerika", meint Herr S. Lassen sich Afgha– nistan und Grenada vergleichen? "Natürlich nicht! Grenada ist schließlich eine Insel!" Dame und Herr Autoindustrie ist bestürzt. Haben wir da ein Kuckucks– ei INTERVIEWER: "Sie haben also die Friedensbewegung notwendig, um ihre Geschäfte machen zu können?" HERR S.: "Ja." INTERV !EWER: "Sie geben also zu, daß •••" HERR S.: " ••• daß ich der festen Meinung bin, ohne Friedensbewegung gibt es eine Katastrophe und nach dieser Katastrophe kann ich keine Geschäfte mehr– machen, weil es mi eh dann nicht mehr gibt. Insofern habe ich die Friedensbewegung in der Tat sehr notwen– dig für meine Geschäfte •••" INTERVIEWER: "Sie müssen doch wissen, daß die "DDR" die Friedensbewegung in der Bundesrepublik mit allen Mitteln unterstützt." HERR S.: 11 ! eh würde eine Friedensbewegung in der DDR auch mit allen Mitteln unterstützen." INTERV !EWER: "Dazu haben Sie aber keine Gelegenheit." HERR S.: "Ist das nicht ein Jammer?" INTERVIEWER: "Ich interviewe Sie!" HERR S.: "Pardon." INTERVIEWER: "Sie sind also auch so ein nützlicher Vollidiot?" HERR S.: "Ist mir immer noch l i eber a l s ein unnützer Vollidiot." INTERVIEWER: "Warum schauen Sie mich so an?" HERR S.: "Pardon." In seinem nestbeschmutzerischen Pol it-rundum-Kahl– schl ag kennt Herr S. keine Tabus. Die Bundeshymne erklingt, Bügelfalten und Lackschuhe wo 11 en Haltung annehmen - statt dessen nimmt da einer Preradovics Äußerungen zur Nation wörtlich. "Ich schäme mich", bekennt Herr S., "für jeden breitgequetschten Landser unter dem Made-i n-Austri a-Panzer ... für jedes dieser "Jagdgewehre" in Händen der mißbrauchten Heere - schäm i eh mi eh."
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