Steyrer Tagebuch Nummer 22, Oktober 1984
Parteien, Ämter Tagebuch: Herr Schwarz, Sie sind erst seit Anfang des Jahres Bürger– meister. Dazu unsere Frage: warum haben Sie dieses Amt übernommen und warum hat man Sie dafür ausgewählt? SCHWARZ: Das sind zum Teil sehr per– sönliche Fragen und ich bin an sich nicht der Mensch, der sehr viel über sich selbst redet. Die Beurtei 1ung einer Person geschieht immer durch andere . Bei jeder Nominierung i nnerha 1b der SPÖ, gibt es einen Meinungsbil– dungsprozeß bei den Gremien, die darüber befinden. Ich bin schon ver– hältnismäßig lange in der Kommunal– politik tätig, bin 1967 in den Ge– meinderat gekommen und habe aus dieser· Sicht einen gewissen Erfah– r~gswert mitbringen können. die Auffassung , daß die Stadt Steyr Eigentumswohnungen errichten sollte. Wir sind der Meinung, daß aufgrund der Bevölkerungsstruktur die Nach– frage danach nicht so groß ist wie in anderen Gebiete~ Tagebuch: Kommt eine Mietwohnung in den Gesamtkosten tatsächlich noch bi 11 i ger? SCHWARZ: Die Eigentumswohnung ist sicherlich teurer. Wir müssen immer wieder feststellen, daß bei den hohen Kosten für eine Eigentumswoh– nung viele Interessenten überlegen, ob sie nicht gleich ein Reihenhaus oder ein Einfamilienhaus errichten. Wir sind nicht gegen das Eigentum. Deswegen ist auch unsere Tendenz, wo es möglich ist, Parzel 1 ierungen vor– zunehmen und den siedl ungswi 11 igen Steyrern die Voraussetzungen zu schaffen. Tagebuch: Wie sehen Sie die Aufgaben eines Bürgermeisters a 1s po 1i ti sches Tagebuch: Gibt es keine Ideen, die Stadtoberhaupt? versuchen, die Vorteile von Einfami- SCHWARZ: Wir leben in einem Staat, in dem die Parteien einen gewissen Ste 1 l enwert haben, ihr Stärkever– häl tnis spielt eine Rolle, in welche Richtung Kommunalpolitik gemacht wird . Dabei ist es notwendig, daß der Bürgermeister einen ausgleichen– den Faktor darstellt, wobei ich aber nicht übersehen darf, mit welchem Hintergrund diese Politik betrieben wird. Wir sind in Steyr eine Arbeiterstadt und der Einfluß und die Wünsche die– ser Bevölkerungsgruppe finden in der Stärke der sozialistischen Partei ihren Niederschlag. Natürlich ist auch die Kommunalpolitik von dieser Weltanschauung stark geprägL Tagebuch: Gibt es eigentlich grund– sätz 1 i ehe Unterschiede zu den bür– ger- l i chen Parteien im Gemeinderat? SCHWARZ: Es gibt in manchen Be– reichen verschiedene Auffassungen, die auch weltanschaulicher Art sind. Wohnen Tagebuch: Ein Beispiel? SCHWARZ: Zum Beispiel auf dem Gebiet des sozialen Wohnbaus hat die OVP lienhäusern und Wohnblocks in einer Mischform zu verbinden? SCHWARZ: Wir haben ein solches Bei– spiel am Ortskai gesetzt. Einerseits sind es Reihenhäuser, die in Eigen– tum überführt wurden, und im hinte– ren Tei 1 Mietwohnungen. I eh g 1aube aber nicht, daß der Bedarf nach solchen Einrichtungen sehr groß ist. Tagebuch: Wie wird es mit dem Woh– nungsbau weitergehen? SCHWARZ: In letzter Zeit ist - weni– ger aufgrund der steigenden Bau– kosten, als aufgrund der steigenden Betriebskosten - die Nachfrage nach Großwohnungen stark zurückgegangen. Größenordnungen von 100 und mehr Quadratmetern sind nicht mehr sehr gefragt Wir haben deswegen bereits eingereichte Vorhaben, zB am Rest– hof, neu überplanen lassen und es wird dort ein kleinerer Wohnungstyp errichtet . Tagebuch: Liegt diese geringere - Nachfrage am Preis oder wollen die Leute keine größeren Wohnungen mehr? SCHWARZ: Ich glaube, daß sehr maß– geblich s~hon die Preissituation ist, weniger, daß man nicht den 9 · Wunsch hätte, in größeren Einheiten zu wohnen. Es liegt nicht in unserem Berei eh, das zu beeinflussen, etwa die wesentliche Erhöhung der Ener– giekosten. Die Betriebskosten machen zum Tei 1 schon 50 und mehr i der Miete aus. Arbeiterkultur Tagebuch: Man hört , auch in Zusam– menhang mit dem Wehrgraben, jetzt öfter das Sch 1agwort • "Arbei terku 1- tur" . SCHWARZ: Es ist sicher kein Schlag– wort, sondern ein tatsäch 1 i eher As– pekt unserer Kulturpolitik. Die In– du- strialisierung hat eine Gruppe von Menschen besonders geprägt, das sind die Arbeiter. In Steyr hat die Industrialisierung durch den damali– gen Energieträger, die Wasserkraft, im Wehrgraben begonnen. EJ waren dort auch die ersten Arbei tersied- 1ungen, das Eysnfe 1d ist ein typi– sches Beispiel. Wir glauben, daß gerade das Gebiet des Wehrgrabens sich dazu eignet, diese Entwicklung den nachfolgenden Generationen dar– zuste 11 en. Der Verein "Museum der Arbeitswelt" hat vor, diese Dinge museal darzustellen und 1987 ist in Steyr eine Landesausste 11 ung unter dem Titel "lndustriel le Arbeitswelt" geplant . Tagebuch: Das wird allgemein be– grüßt, paßt aber anderseits wieder in ein Kulturkonzept, das sehr stark das musea 1e, das Alte , in den Vor– dergrund stel 1 t. SCHWARZ: Arbei terku 1 tur ist einer ständigen Entwicklung unterworfen. Wenn man die dama l i ge und die heu– tige Ste 11 ung betrachtet, muß man sagen, daß sie sich auch durch eine andere Ku 1 turei nste 1 1ung dieser Men– schen letztlich verändert hat. Die Arbeiterschaft hat ja früher kaum den Zugang zur "Hochkultur" gehabt. Heute ist die Situation anders. Jeder hat die Möglichkeit, quali– tätsvo 11 e Theateraufführu ngen oder Konzerte zu besuchen oder sich selbst kulturel 1 zu, betätigen, ob als Musiker oder in einem Fotoklub. Diese Dinge sind ja erst durch das Engagement der Arbeiter entstanden,)
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