Steyrer Tagebuch Nummer 22, Oktober 1984

Ein neuer Stil Tagebuch : Seit Sie Bürgermeister sind, ist uns ein Stilwechsel aufge– fallen. Sie gehen auch in die Stadt– teile und führen dort Gespräche. SCHWARZ: Ich habe bereits in Münich– ho 1z ein Stadttei 1gespräch gemacht und habe auch vor, meine Sprechtage in den Stadttei 1 en zu machen . Bei den Stadtteilgesprächen werden The– men zur Diskussion gestellt, die allgemein interessant sind, da sind auch die Beamten dabei und es wi rc diskutiert. Tagebuch: Wie sind Ihre Erfahrungen? SCHWARZ: Es gibt natürlich da und dort Beschimpfungen , aber das macht nichts, dazu sind wir auch da . Es kommt auch etwas heraus, es werden Vorsch 1äge unterbreitet, die über– prüfen wir herinnen und wo es möglich ist, gehen wir darauf ein. Wir können ja auch nicht a 11 es sehen und es ist mög 1 i eh, daß man die Prob 1eme besser kennen 1ernt. A11 es wird aber nicht zu er 1edi gen sein, jeder sieht ja nur sein Problem und wir müssen Entscheidungen treffen. Tagebuch: Es wurde oft bemängelt, daß die Stadträt~ eigentlich nicht viel selbständig tun können. SCHWARZ: Das hat sich geändert. Schon in der 1etzten Periode haben wir den Beschluß gefaßt, daß die Stadträte eine gewisse Eigenverant– wortlichkeit haben. Der Regelfall ist se 1bstverständ 1i eh, daß Vorhaben ko 11 egi a 1 abgesprochen ~,erden, auch zwischen den Fraktionen. Ich habe natürlich immer die Mö9lichkeit, daß i eh eine Anordnung abändere. Bürgerinitiativen Tagebuch: Was sagen Sie zu der These, daß bei manchen Vo_rhaben der Verwaltung, die auf Ablehnung stos– sen, erst durch das Auftreten einer Bürgerinitiative ein Kompromiß er– reicht wird, der dann eigentlich a 11 en gefä 11 t, wie zB im Wehrgraben? SCHWARZ: Die Demokratisierung macht auch einen gewissen Lernprozeß mit. Gerade in der Zeit unter Bundeskanz- 1 er Kreisky sind in der Richtung viele Aspekte gesetzt worden, nicht immer zur Freude mancher Funktio– näre, muß ich sagen. Es ist viel schwieriger, die Überlegungen, die von Bürgerinitiativen kommen , in die Entscheidungen einfließen zu las – sen, als wenn man sagt: das interes – siert mich alles nicht. Manches ist umständlicher und dauert länger, aber im Sinne einer Demokratisierung ist es richtig, wenn diese Dinge in den Entscheidungen ihren Nieder– sch 1ag finden. Tagebuch: Könnte man nicht in Zu – kunft mit größeren Projekten schon vor der engül tigen Entscheidung an die Öffentlichkeit gehen, um die Meinung der Bevölkerung zu hören? SCHWARZ: Im Grunde wird es ja ge– macht. Wenn irgendetwas zur Ent- 11 scheidung heransteht, wird das in der Regel pressemäßig dargestel 1 t, dann gibt es ja Reaktionen und diese werden in irgendeiner Form berück– sichtigt . Tagebuch: Gibt es da auch Widers'tän– de? SCHWARZ: Es gibt natürlich unter– schiedliche Meinungen in diesen Din– gen. Früher war der Widerstand viel stärker. Ieh g 1aube überhaupt , daß es für einen Politiker kein Fehler ist, wenn er einma-1 einen gedank– lichen Fehler, den er gemacht hat, einsieht. Es ist eher eine Stärke , wenn man zugibt, daß man sich geirrt hat, statt sich auf einen Justament– standpunk t zu ste 1 l en, nur wei 1 man etwas einmal gesagt hat. Wenn man aber von etwas überzeugt ist, ist es richtig, daß man es vertritt. Tagebuch: Man könnte das auf Ihren Vorgänger beziehen ... SCHWARZ: Nein, das möchte ich gar nicht. Bürgermeister Wei ss hat sehr viel für Steyr getan. Er hatte eine große Durchschlagskraft und hat da– mit viel erreicht, was mit einer anderen Art nicht so erreichbar ist. Dafür ist viel leicht eine andere Art wieder in einem anderen Zusammenhang positiver . Entwicklungskonzept Tagebuch: Wie ist im Hinblick auf diese Demokratiefrage das Stadtent– wicklungskonzept zustande gekommen~)

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