Steyrer Tagebuch Nummer 21, Juni 1984

Tagebuch-Gespräch mit Direktor Wallner Milchhof Steyr Tagebuch: Herr Direktor Wallner. Sie wurden von Minister Hai den bei einer Verans ta ltung scherzhaf.t als "kleiner Milchhofdirektor" tituliert : wie klein oder groß ist der Milchhof Steyr? Wall ner: Ein mittlerer Betrieb. der in Oö an 4. oder 5. Stelle liegt . Die durchschnittliche Tagesanlieferung war 1983 104.000 Kilogramm Milch . (1.2 kg= 1 Liter) . Tagebuch: Wie werden diese Mengen verarbeitet? Wa l lner: Wir haben in unserem Einzugsgebiet 95.000 Einwohner. der Direktverkauf an die Konsumenten beträgt jedoch nur 15.000 Liter. Ca. 40.000 Liter werden täglich verkäst. das richtet sich nach der Auftragslage des inländischen und Exportabsatzes. Nach Wien versenden wir täglich 75000 bis 80000 Liter, d.h. ca. jeder 5. Liter Milch, der in Wien getrunken wird, kommt aus dem einzugsgebiet Steyr . Tagebuch: Bei · der 1etzten Jahreshauptversammlung wurde deutlich, daß der Milchhof Steyr auch Probleme hat: dem Anlieferungsanstieg um 2,2% steht ein Absatzrückgang gegenüber . Wallner: Das stimmt. Man muß aber eines sagen: in unserem Einzugsgebiet Steyr-Ennstal haben 87% der Lieferanten eine Richtmenge unter 40.000 Liter. wobei ein Großteil Vollerwerbsbauern sind. die davon leben müssen. Überschüsse Tagebuch : Generaldirektor Königswieser meinte bei der Hauptversammlung:"Die Bauern brauchen wegen der Milchüberschüsse kein schlechtes Gewissen haben. Ein Oberschuß von 20% ist goldrichtig." Dieser Oberschuß muß billigst exportiert werden, Bauern und Konsumenten tragen die.. Kosten . Wal l ner : Bauern und Staat! Tagebuch : Der Staat nirrrnt Steuergelder der Konsumenten . Wallner: Ja , richtig. 13 Milch Tagebuch: Sollte man nicht die Produktion entsprechend einschränken? Wallner : Das sollte man aus einer anderen Sicht sehen . Vielleicht ist es bei Großproduzenten anders , aber bei den kleineren Produzenten , die schon in eingeschränkten Lebensverhältnissen leben müssen, wäre es eine Härte , wenn er etwa nur noch 5 Liter weniger liefern dürfte . Auch in anderen Wirtschaftszweigen gibt man Milliarden, da sollte es auf die paar Millionen (3300 Millionen - Anm. der Red.) nicht ankommen fUr immerhin 127 . 000 Milchbauern in Österreich , die auch einen sicheren Arbeitspla t z brauchen. Tagebuch : Kann man den Milchsee trocken legen? Wallner : Momentan ist die Anlieferung gegenüber dem Vorjahr rückläufig in unserem Einzugsgebiet. Tagebuch : Worauf führen Sie das zurück? Wallner: Das ist sicher auf den erhöhten Absatzförderungsbeitrag zurückzuführen, den der Bauer zahlen muß, das sind 3,13 S für jeden Liter, den er über das Kontingent liefert, da ist die Mehrproduktion nicht mehr genügend lukrativ. Tagebuch : Läßt sich das Problem der Oberschußproduktion mit der Kontingentierung und dem Absatzförderungsbeitrag in den Griff bekommen? Wal l ner: Bei einem so hohen Absatzförderungsbeitrag wie jetzt sicher. Man müßte aber trotzdem eine Regelung suchen, die den kleineren Produzenten. die davon leben müssen, eine Möglichkeit gibt, ihr Kontingent aufzustocken. Andere Bundesländer. wie zB Tirol. wo es Richtmengen von 2 bis 300.000 Liter gibt, lachen natürlich einen kleinen Ennstalbauern mit 30 bis 40.000 Litern aus. Eine Änderung des Aufstockungsmodus kann nur im Rahmen der Marktordnungsgesetze geschehen. Man spricht jetzt davon. daß nur noch Betriebe mit Richtmengen unter 40.000 Litern aufgestockt werden können sollten. Die Genossenschaft hat hier keine Möglichkeiten. OEMOLK Tagebuch: Was ist die öMOLK und welche Funktion hat sie? Wal l ner: Das ist eigentlich eine Dachorganisation . wo alle Genossenschaften drinnen sind. Der Obmann der OMOLK ist auch Obmann des Schärdinger Molkereiverbandes. Tagebuch: Besitzer sind also die Bauern? Wallner: Ja , richtig!

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