Steyrer Tagebuch Nummer 21, Juni 1984
Ein Steyrer Polizist in Nicaragua - ZWEITER TEIL Fortsetzung des TAGEBUCH-Gespräches mit Franz Ramoser über seine Teilnahme am Ar– beitseinsatz der Brigade "Februar 1934" in Nicaragua. ERNJIHRUNG TB: Wie war die Versorgung? Ra110ser: Es hat im Prinzip nur Reis und Bohnen gege– ben, in der Früh, mittags, abends, 14 Tage 1ang. Ein Leckerbissen war ab und zu eine Banane. Sonntags haben wir einmal Fische gefangen und gebraten. Aus größeren Fl Ussen wird intensiver gefi seht und auch am Markt verkauft. Dann gibt es noch eine Hackfrucht, Maniok, die wild wächst und auch angebaut wird. Zu ganz beson– deren An 1ässen gibt es Schwei nefl ei sch. ZB zum Ab– schied haben wir eine kleine Feier gemacht, da haben wir von einem Bauern in der Nähe ein Ferkel gekauft - er hat 5, 6 Säue und etwas Feld gehabt. Die Nicas verwenden vom Schwein a 11 es, zB ziehen sie vom Schwein die Haut ab, werfen sie ins heiße Fett, wo sie sich zusammenzieht. Das schmeckt ganz gut•. Dann haben sie noch Gerichte wie eine Mischung aus Fleisch , Bohnen und Reis in ein Bananenblatt eingedreht und mit ein paar Gewürzen gekocht - auch eine sehr gute Sonntags– kost. VERKEHR TB: Wie stehts mit Bussen, Autostoppen etc.? Ra■oser: Stoppen geht gut. Dann gibt es kleine LKW's, da stel 1st du dich hinten drauf, zahlst einen Cordoba und er nimmt dich mit in die nächste Ortschaft. Die sind natürlich immer UberfUllt. Zwischen den beiden großen Städten Managua und Leon herrscht reger Handel - Baurnwol larbeiter mUssen hin und her, Leute die auf dem Markt etwas verkaufen wo 11 en. 11 Gespräch KINDERARBEIT TB: Wie leben die Kinder? Ra■oser: Die Frage ist: wer ist Kind drUben? An sieh wird man als Kind nur bezeichnen, was nicht älter als 10 Jahre ist. Ab 10 Jahren arbeiten sie schon. Vor al lern, wenn der Vater im Kampf gefallen ist, muß jedes Familienmitglied zum Unterhalt beitragen. Es gibt noch keine al 1gemeine Schulpflicht, wei 1 sie organisato– risch noch nicht so weit sind, aber es gibt immer mehr Schulen, wo Kinder freiwillig hingehen könne~ Wichti~ ist vor allem, zu erreichen, daß die Eltern nicht mehr ihre Kinder zur Arbeit anhalte~ Kinderarbeiten sind Schuhe putzen, Zeitungen verkaufen, Flaschen samme 1n oder was sich sonst ergibt. DIE RELIGION Ra■oser: Die ganze Revolution hat nicht auf einer po 1i ti sehen Basis, sondern auf einer re 1i gi äsen ge– fußt. Das ganze ist von Ernesto Cardenal ausgegangen, einem Priester, der zum ersten Mal gesagt hat: das Evangelium ist nicht nur fUr die Reichen da. Und er hat das auch praktisch gemeint. Daraus ist · dann die Revolution entstanden. Für uns ist das schwer denkbar, weil die Religion bei uns nicht so stark in der Be– völkerung verankert ist. Die Kirche, oder was man so bezeichnen kann, ist meist irgendein Raum, der zu den Feierlichkeiten hergenorrrnen wird. Von der traditionel– len Kirche wird diese "Volkskirche" praktisch ver– fo 1gt. Man sieht ja auch die großen .Spannungen zwi– schen dem Bischof und Ernest.o Cardenal. POLITIKER TB: Was fUr Leute sind die politischen Führer, BUrger– mei ster etc.? Ra110ser: Der Großtei 1 der sandi ni sti sehen Bewegung sind Campesinos, Arbeiter. Die FUhrer sind zum Teil auch Intellektuelle, wie die beiden Ortegas, die aus der Studentenbewegung kommen.
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