Steyrer Tagebuch Nummer 20, Mai 1984

Daß wir diesen Kampf führen, daran ließ er keinen Zweifel, ist unsere Pflicht, eine Pflicht, die lange und beschwerlich sein kann. Aus konsequent moralischem Denken he– raus griff Jungk daher all die an , die sich passiv verhalten , die etwas tun könnten und wegschauen , die sich als schweigende Mehr– heit blind und bequem ihrem und unserem Un– tergang entgegentreiben lassen . Diese schweigende Mehrheit , so sei seine Erfah– rung, die er uns als Hoffnung mitbrachte, schrumpft . Mit dem Wachsen des Widerstands, seinem Wachsen durch di e Zahl und auch durch die größer werdende Er fahrung und Fantasie der Beteiligten , steigt sein Erfolg Doch steigt er schnell genug? Die Mahnung an die, die am Rande stehen, bleibt dringend, und sie trifft auch bei uns breite Schichten der Bevölkerung . Die österreichische Mentalität scheint es mir oft zu sein, raunzend abzuwarten und denkend: "Macht' s ihr des" zu sagen "da kann man ja eh nix machn !", ein Argument, für das es an Gegenbeweisen auch im eigenen Land nicht mangelt (Wehrgraben, Kanonenschieß– platz, Kamptal ••• ). Diese Haltung vieler Leute ist insofern verständlich, als es in unserer so verdammt korrupten Protektions– und Parteibüchlgesellschaft nicht nur mit Arbeit, sondern oft auch mit Risken verbun– den ist, sich gegen das System zu stellen, ein neues System zu verlangen und vorzube– reiten. Die Alternative wurde aber hinreichend klar: mit vollen Hosen, guten Beziehungen und einem schlechten Gewissen im Dreck des alten Systems ersticken! 9 bensaufgabe. Wer ihn im Vortrag gehört hat oder in seinen Büchern (zB "Der Atomstaat", "Menschenbeben") gelesen hat, wird an der Dringlichkeit dieses Aufstandes, den er eindrücklich und bedrohlich als die letzte Chance der Menschheit zu schildern verstand, nicht zweifeln. Der Besuch dieses erfahrenen Mannes in Steyr unterstreicht deutlich, daß es beim Hinter– gebirge nicht um eine unbedeutende Kleinig– keit geht ; wir führen hier, wie Rqbert Jungk uns sagt, einen Kampf von allergrößter Wichtigkeit , der bedeutend ist als Teil eines weltweiten Ringens um eine menschen– würdige Zukunft. Ich hoffe, daß nach diesem Abend einige Leute mehr den Sprung ins kalte Wasser wa– gen werden, und weil er zu dieser Hoffnung, wie auch zu einer größeren, auf die ganze Menschheit bezogenen, berechtigte, war die– ser Vortrag , glaube ich, so wertvoll. Peter Prack . P.S.: Jungk bericbtete, daß in der BRD ge- waltfreier Widerstand geübt wird, indem die Leute 3mal pro Tag bei den Institutionen ihrer Gegner anrufen: 0KA: 0732/54475, 22616, 22305; EKW: 63341

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