Steyrer Tagebuch Nummer 20, Mai 1984

8 Hintergebirge Seismograph des Menschenbebens Am Montag, den 16 . April, hielt Prof. Ro– bert Jungk im Rahmen einer Veranstaltung der ARGE "Rettet das Hintergebirge" ein Referat über die Zukunft der Menschheit. Der weltweit geachtete Soziologe und Fu– turologe fand einen randvollen Saal vor, obwohl der Veranstaltungstermin in der Karwoche und damit denkbar ungünstig lag. Die Steyrer Zeitung spricht von 800 Besu– chern, jedenfalls waren es gerade soviele, wie im Casino nur irgend Platz finden konn– ten, so viele auch, wie wohl erst ein ein– ziges Mal seit dieser Saal besteht . Damals, im Herbst '82, bei der schon berühmt gewordenen Publikumsdiskussion zum gleichen Thema, waren die OKA, die EKW, der Reichra– minger Bürgermeister und die Gewerkschaft so freundlich, uns Organisatoren durch Freibier und Vergatterungsaktionen helfend unter die Arme zu greifen , sodaß der Saal schon l 1/2 Stunden vor Beginn der Veranstaltung mit aufgebrachten Bauarbeitern, abhängigen Reichramingern und blitzgescheiten E-Werks– angestellten gerammelt voll war . Offensichtlich teilten aber schon vor der neuerlichen Veranstaltung unsere damaligen ungebetenen Mitorganisatoren unsere Ansicht, daß sich einstweilen eine so große Zahl von Leuten für das Hintergebirge interessiert, daß wir ihre "Hilfe" diesmal nicht benötigen würden. Sollten sie derartige Störaktionen diesmal einfach deshalb unterlassen haben, weil ihr eigenartiger Nachgeschmack sich für die Verursacher doch nicht bewährt hat, soll– ten unsere Widersacher uns noch immer für ein versprengtes Häuflein spinnerter Fort– schrittsverweigerer gehalten haben , so sind sie durch die Veranstaltung hoffentlich eines besseren belehrt worden . Die vorsich– tigen Fragen weiser (auf die nächste Wahl) vorausschauender Politiker, die sich für unsere Argumente und Alternativen gar nicht interessieren , trachten ängstlich nur eines auszukundschaften: "Wieviele seid 's denn eigentlich?". Der prall gefüll– te Casinosaal, ebenso wie vor einigen Wo – chen der im Ursulinenhof in Linz, sei ihnen eine Antwort. Zur Veranstaltung: Wer ist Robert Jungk? Er ist ein alter, weitgereister Mann, er kennt die Sorgen der Bürger, die sich ohn– mächtig fühlen, gegenüber Lobbys und Kon– zernen, gegenüber Kraftwerksbauern und Rü– stungsschmieden, er kennt Verschandelung, Mord und Zerstörung und den erwachenden Aufstand dagegen in allen Erdteilen. Diesen Aufstand zu stärken, den Aufstand gegen das Unerträgliche, betrachtet er als seine Le-