Steyrer Tagebuch Nummer 18, Februar/März 1984

8 KREISKY: Sehr offen eigent- lich nicht . Man hat das schon sehr verdrängt in der Koalitionszeit . TB: Also kein gemeinsames Aufarbeiten? KREISKY: Das ist dann ver- sucht worden von Ma– leta und mir, mit der Körner– Stiftung, für die ich verant– wortlich war, und auf der an– deren Seite die Kunschak– Stiftung, durch Monografien .. Heute gibt es ja eine Fülle von historischem Material, auch von jungen katholischen Historikern, die haben eine bewundernswerte Leistung vollbracht. TB: Trotzdem ist es recht er- . staunlich, daß nach dem unversöhnlichen Kampf und dem Untergang von allem im Natio– nalsozialismus fast selbst– verständlich die Zusannnenar– beit begann. KREISKY: Das war eben die Er- kenntnis. Etwas pa– thetisch ausgedrückt: es ist auf der Lagerstrasse dazu ge– kommen . Nachdem alle in den Konzentrationslagern waren, ist das auch sehr wahrschein– lich, daß dort der Geist der Zusammenarbeit entstanden ist Das kann man sich heute schlecht vorstellen, ist aber sicher so gewesen. TB: die Was würden Sie jüngeren Leuten im Rückblick auf Zwischenkriegszeit sagen? ben, daß unsere Politik kei– nen guten Ruf hat, dann solln ' s mittun und schauen, daß sie einen besseren Ruf kriegt. Die Politik ist ja unser Schicksal, da stellen sich alle unsere Probleme. Man sieht bei der Friedensbe– wegung, wie faszinierend das ist. Es gibt aber noch viele andere Probleme: das Nord-Süd -Problem, Arbeitslosigkeit, Umwelt . Das ist die Hauptsache, die ich den jungen Leuten sagen möchte: daß sich niemand als zu gut betrachtet für die Po– KREISKY: Ich würde dafür ein- li·ti·k . D. p 1 - ·k · ie o 1t1 1st so gut treten, daß sich die J 'ungen Leute, zumindest ein Teil von Ihnen, sehr viel mehr für politische Fragen interessieren. Wenn sie glau- und so schlecht wie die Men- sehen, die in ihr wirken, ja? TB: Herr Dr. Kreisky, wir danken für das Gespräch. 1932 Reichsjugendtreffen in Steyr (SAJ)

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