Steyrer Tagebuch Nummer 16, Dezember 1983

16 Hintergebirge wenn man sich mit dem kraftwerksprojekt im hintergebirge beschäftigt, sollte man zu– allererst auf die zusammenhänge a9hten . man muß sich bewußt machen, daß unser land nicht durch die oft strapazierten sachzwänge oder ökonomischen notwendigkeiten diese oder jene veränderung erfährt, sondern deshalb, weil es verschiedene lobbys gibt, die die macht haben, die dinge zu lenken . wenn die lobbys– ten auch vordergründig verschiedene motive haben, so ist ihnen in wirklichkeit vieles gemeinsam : 1) die ideologie von der not- wendiakeit des wirtschaftswacl is tums für das glück-der menschheit . 2) ihre stellung an höchster stelle der gesellschaft, unt_ermnuert durch spitzenpositionen in wirtschaft und politik , mit weit über dem durchschnitt lie– genden einkommen. 3) ihr gehabe als macher– typen . 4) die überkommenen vorstellungen von der machbarkeit der w~lt vermittels tech– nik und der glaube an den zauber des reiß– bretts . 5) daß sie sich alle untereinander kennen und nach dem motto handeln : eine krähe hackt einer anderen doch kein auge aus . die vertreter dieser lobbys fahren große autos und leben in zentralgeheizten räumen . aufgrund ihrer Fähigkeiten haben sie es, 1 auchwenn sie nicht immer aus reichern eltern– haus stammen, zu mehr gebracht als die an- J deren. nicht nur aufgrund ihres Fleißes, son– dern vielmehr durch ihren charakter . wohin sie uns gebracht haben, kann jeder selber ermessen, an seinem- lohnsäckel, an unserer umwelt, am grad der menschlichkeit unserer gesellscha ft .• doch nun zum hintergebirge selbst. die ursprünge des hintergebirgsprojektes der ennskraftwerke sind auf der anderen seite der wasserscheide zu suchen, wo ende der sechziger jahre am oberlauf der krummen steyrling ein speicher von der größe des hal~ stättersees gebaut werden sollte. die regen proteste der bevölkerung, die sich in der: aktionsgem~inschaft rettet das steyrtal zu– sammenfand, wurden damals erst gehört, als sich der baden in der gegend bewegte und geo– logische bedenken durch das erdbeben mit epi– zerturn molln kräftigst unterstrichen wurden. dazu war bewiesen worden, daß die kosten– nutzenrechnung(bei damaligen baupreisen !) r icht schlüssig aufging •••• 1 ~ achdem ja die enns ziemlich vollstän- ig verbaut worden ist, und kraftwerksbau– en nicht mehr möglich sind, mußte vorerst al das steyrtai in klaus für einen kraft- werksbau herhalten. ein weiteres projekt bestand in dem plan, die steyr unterhalb der ei nmündung der knwmrnen steyrling zwi– schen leonstein und molln aufzustauen und das wasser von dort über die wasser– sche i de richtung enhstal zu pumpen . durch den aufsichtsrat und steyrs bürgermeister weiß wohl verfrüht an die öffentlichkeit gelangt, wurde das projekt aber schnell wieder in die schubladen geschoben, hätte es doch die steyr auf ein drittel der normalen wasserführung reduz·iert, und so viel zu vilte proteststimmen wach gerufen, vor al ern seitens der ~eh.rgra– benfreunde . nun also muß das hinterge– birge herhalten, bedenkt man, wie laag die ennskraftwerke einem purnpspeicherpro– jekt nachlaufen, dann drängt sich der verdacht auf, daß hier nicht nach ener– getischen notwendigkeiten der volks– wirtschaft nachgegangen wird , offensicht– lich veraltete technologische konzepte einen stab von gutverd:itienden ingenieuren und plan~rn~ samt ihre~ direkteren und aufsichtsräten, am leben erhalten . wenn die herren schon so fasziniert sind vom ~~umpen , sollten sie vielleicht pläne für die bewässerung der sahelzone ausarbei – ten, und so ihren pioniergeist wirklich sinnvoll zum tragen kommen lassen . energetische wahnsinnskonzepte ~ie die purnpspeichergruppe im hintergebitge sollten eigentlich der vergangenheit an– gehören, nicht nur, weil die energiever– brauchszahlen rückläufig sind, in den ersten neun monaten dieses Jahres ging der energieverbrauch um 5,5 % zurück, wo– bei der für uns interessante stromverbrauch in etwa gleich geblieben ist! bei der zwentendorfdiskussion wurde uns über zu– wachsraten von 3,5 % erzählt. die argumentationen für die kraftwerks– projekte im hintergebirge entsprechen ei– ner überholten wachstumsideologie ohne rücksicht au f verluste. die kanesche wachstumsphilosophie hat genauso schlimme auswirkungen auf die natur wie die im christentum und marxismus gleichermaßen auffindbaren prämi s se der unterwerfung der natur unter dem willen des menschen. die fortschreitende zerstörung natür– licher umwelt an jedem punkt der erde bringt uns in die nähe eines ökol o~ischen zusammenbruchs, der der menschhei t ~weit

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