Steyrer Tagebuch Nummer 15, November 1983

dobner nickt . und wie war die befragung, fragt er . bronold lacht . das wäre gut gemeint gewesen•, flüstert er , aber keiner von den deppen hat sich die wahrheit hinschreiben getraut . die haben angst gehabt , daß die betriebsleitung nur die unzufriedenen herausfinden will , um sie loszuwerden . wie kindergartenkinder haben sie sich aufgeführt und lauter quatsch auf die fragebögen geschrieben . zum beispiel , daß sie freibier während der nachtschicht fordern . dobner grinst . aber war das ganze nicht anonym, fragt er . schon , sagt bronold , aber man hat sein ge– naues alter angeben müssen , wie lange man in der firma beschaftigt ist und in welcher abteilung . der meister , den niemand hat korrnnen sehen , klatscht in die hände . meine herren , sagt er , das kaffeekränzchen ist beendet , jetzt wird gearbeitet . er überreicht dem vorarbeiter die aufträ– ge , der sofort die leute einteilt . dobner schickt er zur abfüllanlage für speiseöl . die ersten flaschen werden zwischen die bleistifthohen geländer des bandes ge– stellt . im gänsernarsch bewegen sie sich unter die düsen , aus denen der gelbliche saft spritzt , dann ziehen sie die lange gerade entlang, in die kurve hinein , wo sie zwei walzen zu passieren haben , die ihnen die etiketten aufkleben . an dieser stelle ist dobner auf einem barhocker pos– tiert . seine aufgäbe ist es , produktions– fehler auszusortieren . da die flaschen wie kegel durch die gegend purzeln , ist er ge– zwungen , hin und her zu springen wie ein känguruh . 1.rrmer wieder m, J.P., der band– führer , der vor dem schaltkasten mit den flackernden knöpfen steht , abschalten , um glasbruch zu vermeiden . dobner hat keine zeit mehr , auf die uhr zu schauen . wie in trance reißt er die auf den bauch gefalle– nen flaschen vom band , tunkt er das öl auf . die beteiligten werden zusehends ner– vöser . der dreck , schreit prieler , der die kar– tons auf eine palette schlichtet , gehört doch schon längst auf den schr6tthaufen . so erreichen wir die norm nie , so werden wir nie fertig . einige male schiebt ein schlosser gemäch– lich seinen werkzeugwagen heran und macht sich mit einem schraubenschlüssel zu schaffen . doch es wird nicht besser . 21 um vier drehen die beiden anderen partien, die die heute reduzierte norm bereits er– füllt haben , hintereinander die maschinen ab und gehen in die garderobe . die glücksbolzen , schreit prieler , machen feierabend , und wir korrnnen schon wieder um die prämie . wenn das so weiter geht , kann ich bald den konkurs anmelden . die beiden frauen , die die flaschen in die schachteln schlichten , lächeln müde . dobner zittert und wünscht sich nur noch ein warmes , weiches bett . plötzlich steht herr seipold , der chef der kalkulations– abteilung, den keiner mag , von dem ge– munkelt wird , daß er vom anderen ufer korrrnt , vor ihm . erben ützt seinen freien samstagnorgen , um in anzug und krawatte nachzuschauen , ob auch alles nach seinen wünschen läuft . dobner dreht im den rücken zu . der meister eilt herbei , schilt~ telt seinem vorgesetzten die band und entschuldigt sich für die panne . das arschloch , das hinterfotzige , knurrt prieler , hat uns gerade noch gefehlt , vor sechs korrrnen wir da jetzt sicher nicht hinaus . die arbeiter , die schon geduscht sind , schleichen einzeln in die halle zurück und machen sich irgendwie nützlich . arschkriecher , denkt dobner . die sirene zwei stunden später klingt in seinen ohren wie musik . mit weichen knien läuft er die stufen hinauf . so , sagt der vor~beiter , der in seine trevirahose steigt , jetzt wird einmal ordentlich gefrühstückt , dann gehts zum friseur und anschließend gleich auf den tennisplatz . dobner hetzt zum autobus , den er gerade noch erwischt . langsam hebt sich die nebeldecke . es fröstelt ihn . er hat ein gefühl , als treibe jemand nägel in seinen kopf . auch der körper schrrerzt ihn .an allen ecken und enden . als er von der schnellbahnstation nach hause hinkt , hört er aus einem geöffneten fenster einen wecker läuten . die luft fl.irrrnert , in seinen ohren rauscht es . vom milchgeschäft an der ecke nimnt er ein paar fri sehe serrrner1 mit , die verkäuferin, die ihn nicht sofort bedient sondern weiter milchpackungen in den eisschrank räumt ,

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