Steyrer Tagebuch Nummer 11, April 1983
8 und darf nicht auf ideologische Posi– tionen reduziert werden. Es ist weder ein privater noch ein staatlicher Betrieb (auch kein selbstverwalteter) an sich zu vertreten; das ist nebensächlich. Einern Arbeitslosen in Steyr könnte ich eine Hoffnung bieten: Wenn die Grünen ins Parlament kommen, werden wir alles turi, um arbeitsintensive Produktionen gegenüber energiefressenden (ratio– nalisierenden) zu bevorzugen . Es wird auch Wege geben müssen, die Altstadt– sanierung entsprechend zu fördern , sodaß gerade auch in Steyr (ich denke nur an den Wehrgraben) viel Arbeit anfallen wird. Und zwar für Menschen statt für Maschinen. 6 Waffen sind dumme Produkte. Das Argument, wir würden Waffen brau– chen, weil zivile Produkte kein Ge– schäft wären, ist es ebenfalls. Zivile Produkte müssen sich für ein Unter– nehmen mit Weltruf so herstellen und vertreiben lassen, daß sie rentabel sind. Aber man braucht ja nur einen Bauern zu fragen, warum er lieber ausländische statt Steyrer Traktoren kauft. Das Steyr– Management sollte das auch einmal tun. 7 Die Vereinten Grünen sind nicht die beste aller Parteien, aber sie sind derzeit am chancenreichsten . Und es muß uns ja dar4m gehen , etwas nicht nur ver– ändern zu wollen, sondern auch ver– ändern zu können. Die Alternative Liste stellt sich durch ihre gesellschafts– politischen Positionen völlig unnötig ins Abseits und hat damit ihre Chancen verspielt. Das ist nicht nur fatal für die AL sondern auch für die Umwelt. Eine grüne Partei , die breite Schichten anspricht, dient der grünen Sache zweifellos besser. Im übrigen sehe ich in den linken Positionen der AL die Gefahr der ideo– logischen Scheuklappen, die ich den etablierten Parteien so stark ankreide. Man sollte sich doch nicht die Möglich– keit einer objektiven Entscheidung nach Zweckmäßigkeit im Sinne der Ökologie durch die Festlegung auf eine der überkommenen Seiten der politischen 'Schubladierung selbst nehmen . .,Rechts" und „links" sind in der Öko– logie längst überwunden , weil sie ge– genüber dem Wirtschafts- und Gesell– schaftsdenken der konservativen und revolutionären Ideologien eine höhere Ebene der Gesamtforschung vertritt. 8 Umgekehrt! Wir werden noch einige Mitglieder aus allen Parteien anziehen . Es ist sogar so, daß Gemeinderäte der Etablierten heimlich für uns Werbung machen . Ich kenne da Beispiele aus der ÖVP, der SPÖ und der FPÖ. 9 überhöht ist ein Einkommen dann , wenn es in keiner Relation mehr zur erbrachten Leistung steht. Aber wer soll Leute, die es haben , daran hindern, für Stars unter den Anwälten, Arzten etc. Phantasiehonorare zu zahlen? Nur sol– lten die Stars dann kräftig zur Kasse gebeten werden, damit man endlich das tun.kann, was jeder Umverteilung durch Beihilfen die Show stehlen würde: die Kleinen weniger Steuer zahlen lassen. Unsere Löhne wären viel gerechter, würde man die Kleinen nicht so stark und die Großen nicht so (relativ) schwach besteuern. Höchsteinkom– mensgrenze also indirekt über die Steuern . Eine Vereinfachung des Steuersystems ist ohnehin fällig. 10 Etwas komisch finde ich schon, daß wir alle den Gürtel enger schnallen sollen, aber etliche Gürtel so weit sind, daß man die paar Löcher nicht spürt. Sparen wird man freilich müssen , allerdings nicht bei den Sozialaufgaben des Staates, son– dern dort, wo das Geld nicht nur aus dem Fenster fliegt wie weggeblasen, sondern auch noch die Umwelt ruiniert: bei den Monsterprojekten des Kon– ferenzzentrums, der Autobahnen und Schnellstraßen, der vielen kleinen Prestigeprojekte in den Gemeinden, für die der Bürger gleich doppelt zur Kassa gebeten wird: einmal übers Gemeinde– budget und dann , weil die Gemeinde kein Geld mehr hat, über die Bedarfs– zuweisungen vom Land. 11 Arbeitszeitverkürzung ist für mich keine Grundsatzfrage, sondern eine Frage der Zweckmäßigkeit. In Großbetrieben wird man sicher aufgrund der technolo– gischen Weiterentwicklung nicht umhin kommen, die Arbeitszeit weiter zu senken. Sie ist ja bisher immer wieder gesunken. Für Kleinbetriebe, die sehr arbeitsintensiv sind, wäre die 35-Stun– den-Woche allerdings ein schwerer Schlag. Man könnte sie einführen, wenn man nicht wie bisher die Rationali– s•ierung zusätzlich durch billige Energie und teure Arbeitskraft fördert, sondern umgekehrt. Man müßte Großverbrau– chern von Energie eine entsprechend hohe Steuerlast anhängen und dafür die Arbeit weitgehend entsteuern, sodaß es billiger wird, Menschen zu beschäftigen statt mit mehr Energieeinsatz zu ratio– nalisieren. 13 Das grüne Zündholz brennt schon lange: Althaussanierung. Das ist ein alter Hut, aber ich hänge ihn nicht weg, denn was, bitte, ist bisher geschehen? Musterprojekte, um zu zeigen , daß man will . Oder um es uns weiszumachen? Dem guten Willen traue ich nicht. 14 Immer noch acht. Ich glaube, der Streit zwischen Tollmann und Fux wird unsere Chancen kaum mindern, denn immerhin wählt man ja nicht diesen oder jenen , sondern die grüne Idee. Persönlich wünsche ich auch der AL, daß sie ins Parlament kommt. Es wäre schade um die Stimmen, und in Sach– fragen, das haben wir immer gesagt, können wir miteinander. 1 Gusti HOCHLEITNER Hauptschu1-Lehrerin LÖ Die Kandidaten der ALÖ konnten sich für die kandidatur nicht bewerben, sie wurden durch die Vorschläge der Mit– glieder ermittelt. Ich betrachte es als demokratische Pflicht, sich für eine Kandidatur zur Verfügung zu stellen. Im übrigen ist die Werbewirksamkeit der Person füf die ALÖ nicht bedeutsam. Das Rotationsprinzip - alle 2 Jahre wird ausgewechselt·- unterbindet jeden Per– sönlichkeitskult. 2 + 3 a) Ein NR-Abgeordneter der ALÖ wird ein österreichisches Durchschnittsge– halt beziehen . Keine Mehrfachbezüge! b) Derzeit beträgt mein Nettoeinkom– men etwa 10.000 Schilling. 4 a) Sofortmaßnahme: Tatkräftige Unterstützung von Selbst– hilfeprojekten. b) Politisch durchzusetzende Maß– nahmen: Aufhebung der Mindestunterstützung auf 6000,- Schilling, und zwar während der gesamten Arbeitslosigkeit. 5 a) Genügend sinnvolle Arbeitsplätze können nicht mehr durch noch mehr Subventionierung der bestehenden Be– triebe geschaffen werden, sondern nur durch grundlegende Maßnahmen, wie: Verkürzung der Wochenarbeitszeit gerechte Aufteilung der vorhandenen Arbeit auf alle Umstellung der Betriebe auf intelligente Produkte, etwa: Luftfilteranlagen statt Waffen, Altbausanierung statt neuer Betonklötze, usw. b) Die Stadt Steyr soll es sein lassen, weitere ausländische Firmen anzulok– ken . Solche Konzerne errichten Pro– duktionsstätten nur gegen hohe Steuer– und Geldgeschenke. Außerdem sind Großkonzerne auf längere Sicht Ar– beitsplatz-Vernichter, da sie Arbeits– plätze wegrationalisieren . Statt solch kostspieliger Unternehm– ungen sollten endlich Betriebe gestützt und errichtet werden ,deren Wirtschafts– weise umweltfreundlich ist und deren innere Strukturen überschaubar sind. 6 Ist es intelligent, die Vernichtung von Leben technisch vorzubereiten? Alter– nativen zur Waffenerzeugung wurden unter Pkt. 5 erwähnt. 7 Die Grünparteien ALÖ und VGÖ sind notwendig, damit die Lösung ökolo– gischer Probleme politisch durchge– setzt werden kann.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2