Steyrer Tagebuch Nummer 11, April 1983

10 Und wir wußten alle: wie du mir , hau ich dir ! Bei der nächsten Schlacht . 1 Eine Straße ge– gen die andere . Alles klar . Später , als wir in die Mittelschule gin– gen und unheimlich klüger wurden , trich– terte man uns ein : Ein intelligenter Mensch prügelt sich nicht mit anderen , wenn diese anderer Mei– nung sind ! Schien uns einzuleuchten . Besonders da man uns , ungeachtet unseres Alters , zu Hause die Ohren langzog , in Anbetracht der zerrissenen Hosen und Hemden . Also drechselten wir die fantastischsten Wort– gebilde in Zusammenhang mit menschlichen Körpermerkmalen und zogen alle Register diabolischer Ausdruckskraft • . Erstaunt stellten wir fest , wie weh uns plötzlich die Beleidigungen taten ohne daß unsere Haut geritzt wurde , wie tief und ausdauernd sich der Stachel eines bösen Wortes_in unsere Seelen bohrte • . -t @ ~J .~, ~~- :. ·~ ~- ] "\-/,~J Eine Zeitlang versuchten wir uns noch mit den ausgeflipptesten Bemer kungen zu beleidigen , doch dann kamen wir über– ein ; .. 1. uns nicht mehr zu streiten 2 . es mit friedlicher Koexistenz zu versuchen . Wir wurden älter , verließen die Schule und unser System hielt tadellos . Wir waren freundlich und hilfsbereit zuein– ander und achteten einander auch bei ver– schiedener Meinung . Glückliche Tage waren das , bis •••• Bis sich ein unheimlicher Bazillus ver– breitete . Ein schleichendes, unheimli – ches Virus vergiftete plötzlich die gute Atmosphäre . Beste Freunde begannen ein– ander plötzlich zu taxieren . Die Men– schen überprüften auf einmal den Gehalt ihrer Reden genauer und jeder fieberte neue Sensationen über irgendwen entge– gen . Bis jedem klar wurde - der Urheber dieser unangenehmen Krankheit ist die WAHL ! Ja , die WAHL am 24 . April ! Schier flimmert es einem vor den Augen , sieht man die aufgepflanzten Parteiab– zeichen auf stolzgeblähter Proletarier– brust . Hüben wie drüben schleppt man des Anderen Schuldmerkmale zu Hauf um öffent– lich gegenseitiges Versagen und Unredlich– keit zu brandmarken . Händeschwitzende Redner versprühen Dogma und Heil und viel– leicht auch ein bißchen dünnflüssigen Speichel über die Köpfe handtaschenbe– wehrter Frauen und müßiger Pensionisten um den Wahlbazillus in die vielen , vie– len Gehirne zu senken , damit sich dieser alsbald in Mißtrauen und Dünkel spalten kann . Selbst unparteiischen Hennen quetscht man das letzte Ei aus dem Leib , um noch vor der Stunde Null den damit beschenkten Wähler auf die alleinseligmachende Liste zu lockken . Männer auf Plakatwänden, zu feige auf den gequälten Wähler zu schauen blicken hoffnungsfroh in eine unsicht– bare Zukunft . Bebrillte Schnauzbärte zeigen Zähne auf die selbst abgebrühte Hunde nicht uri – nieren können Andere wieder schleppen kaputtes Holz aus den Wäldern um es den geschockten Wählern zwischen die Füß~ zu werfen . -Um die Ecke müssen ein paar Frauen getröstet werden , die , in Anbe– tracht eines so herzigen Kindergesichts auf einem Wahlpl akat , gerührt in Trä– nen ausbrechen . Man kann nirgends mehr in Ruhe sein Bier trinken , weil einem sogar die besten Freunde mit gutgemeinten Wahlvorschlägen den Trunk versauen . Das waren noch Zeiten , als wir noch Mann gegen Mann kämpften . Wir wußten , die ande– re Straße ist unser Feind und alles war klar . Und heute sitze ich da , bin umzin– gelt von Hunderten Wenn und Abers , Ja und Nein , Gültigen und Ungültigen ! Ver– stärktes Ablenken auf die approbierten Themen wie Wetter und Weiber hilft auch nichts mehr . Das.Thema WAHL· steht uner– schütterlich im Mittelpunkt . Vor jeder Wahl habe ich es noch recht– zeitig geschafft unterzutauchen . Irgend– wohin in den Wald , zu den Rehen und Vö– geln oder so . Oder ich saß tagelang auf einem Baum - bis es vorüber war . Nur heuer hat es mich erwischt . Gnade mir Gott , oder ist der auch bei einer Partei? ,1,,. k . a . ,~ < / / r-. r (? - ./?he~l<8-t ,?,~ ( ~ 1. ;e S-k6hn..c. -r. ) L. ftOl, / \ ,I.;;.:.._....:- SL/STE JE;i'JSfi L,~4 C>DDdamit ll,,L 3~"".,R/. &\tA4 f'IAeh /1,,e,.,~e su~

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