Steyrer Tagebuch Nummer 9, Februar 1983

4 Kommentar zur Gemeindepolitik Amtsblatt - Hochglanzwerbung der SPÖ Mit einer Sonderausgabe des "Amtsblattes " (Oktober 1982) und einer 8- seitigen Post – wurfsendung an alle Haushalte haben die Stadtverwalter und die sozialistische Fraktion im Gemeindera t vergangenen Herbst versucht, auch denen , die nicht nur be - geistert von der Steyrer Gemeindepolitik sind, klarzumachen ,_ aß es , abgesehen von gewis s en negativen Einflüssen durch die Weltwirtschaftskrise, besser nicht sein könnte . .Die einzelnen dargestellten Aktivitäten sollen hier nicht besprochen werden ; nur soviel: der Bogen spannt sich von Maßnah– men , denen wir freudig zustimmen können , ( z . B. der Erhaltung und Renovierung ge– meindeeigener Wohnhäuser in der Wokral - straße), über problematische , aber unter Umständen zu befürwortende Entscheidungen , (z . B. der praktizierten Art der Wirtschafts– förderung) , bis hin zu Aktivitäten , die nichts weiter als eine Fortsetzung über– kommener Fehlentwicklungen mit allenfalls unbedeutenden kosmetischen Retuschen be - deuten , (z .B. des Resthofausbaus oder der Verkehrspolitik) . Notwendig erscheinen aber einige grund - sätzliche Überlegungen zu der Art , wie hier Politik gema~ht wird . Und zwar auch und ge– rade von Sozialdemokraten/ Sozialisten , die vor langer Zeit einmal als Partei als große alternative Kraft angetreten sind . 1. vor allem fällt auf , daß jenes Thema , das die Gemeindepolitik in der letzten halben Gemeinderatsperiode vor allem belebt hat, mit keinem Wort erwähnt wird : die Zukunft des Wehrgrabens . Es scheint : was nicht als schüchternes Federl für den eigenen Hut taugt , ver– schweigt man lieber . Man hat nicht den Mut zu dem , wa:'$ einen "Rechenschafts - bericht " erst vollständig macht , näm - lieh zu ehrlicher Selbstkritik , Auf der Jagd nach dem , was der Politi– ker für Vertrauen der Wähler hält , scheut er das einzige, was Vertrauen wirklich begründen kann : die Bereit - schaft, sich mit den eigenen Fehlern und negativen Aspekten der gemachten Politik auseinanderzusetzen . 2~ Wenn Bürger ohne offizielle Funktio– nen, vor allem auch Jugendliche (allem Gejammere über die angebliche Politik– verdrossenheit und Interessenlosigkeit zum Trotz), versuchen mitzureden und sich einzumischen , geben sich die Po– litiker zuerst abweisend und uninter - essiert , dann beleidigt und beleidi - gend . Nur wenn es absolut unvermeid – lich wird , kommen sie drauf , eh schon immer eben dasselbe gefordert zu haben . Die vier alternativen Mandate in Graz sind die Antwort einer wachsenden Zahl von Wäh– lern auf diese Phänomene . Auch wenn man mit Grünen und Alternativen nicht in allen Punk– ten einverstanden ist : ihre Ehrlichkeit und die erfrischenden Aktionen , mit denen sie die übliche Mauschelei der Spitzenpolitiker durchkreuzen und so oft allgemein anerkann– te Forderungen durchsetzen (z .B. Grazer Landhaushof autofrei) , machen sie wichtig . Mit ihren "Rechenschaftsberichten" haben auch unsere Gemeindepolitiker wieder ge– zeigt , daß wir auch in Steyr auf eine al – ternative Liste warten müssen , wenn etwas frischer Wind durch ' s Rathaus wehen soll . r.k . Steyrer Friedenswoche 3. 13. 3. 83 Seit etwa einem Jahr .gibt es in Steyr einen Regionalgruppe des Internationalen Versöhnungsbundes mit der Zielsetzung , gemeinsam die Haltung der Gewaltlosig - keit einzuüben , im Erfahrungsaustausch gegenseitig Hilfe zu sein und auch Schu– lungsarbeit zu übernehmen . Die Wander - ausstellung der Diözese ist ein geeig - neter Anlaß , mit der Thematik des gewalt – freien Widerstandes auch in Fragen der Rüstung und Landesverteidigung an die Öffentlichkeit zu treten . Wir sehen darin eine Möglichkeit , ge~ meinsam mit anderen durch eine Reihe von Begleitveranstaltungen zum Nachden– ken, zum Gespräch, vielleicht auch zum Umdenken anzuregen . Gerade in Steyr entstehen durch Fragen der Ab - und Umrüstungsdiskussion ver– stärkt Unsicherheit und Angst bei den be– troffenen ftrbeitern . Wir verstehen diese Angst . Und wir wünschen uns, daß wir ei – nen Beitrag zur Verständigung und Ge - sprächsbereitschaft leisten können .

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