Steyrer Tagebuch Nummer 9, Februar 1983

Leser schreiben: ~ Negerschießen Ort: Dambach bei Steyr; Gasthaus; Winter . Ich sitze wohlig beim Kachelofen . Jäger kommen , grüßen freundlich, sitzen am Stammtisch, trinken Bier , Glühwein . Es geht um Böcke und um einen Schießstand, dann wrrd es lustig . Witze . Und dann, ich werd selbst jetzt beim Schreiben noch zittrig vor Wut und Schmerz : ein "Witz" , ich trau mich kaum ihn niederzuschreiben . Es geht darum, daß zwei Jäger streiten wer in Afrika den größeren Löwen gesch~s– sen hat . _Einer prahlt schließlich sogar , daß er einen großen Neger geschossen hat , Das will der andere nicht glauben, also fahren sie nach Afrika . Gleich in der Stadt sehen sie bei einer Würstelbude eine Reihe Neger stehen . Der eine schießt so– fort und erlegt den Dicksten. ·Er will zur Trophäe laufen, wird aber verhaftet . Warum? WEIL DAS SCHIESSEN BEI DER FÜTTE RUNG VERBOTEN IST ! Großes Gelächter . Mir wird schwindlig, übel - ich fasse es nicht, mir ist nach Schreien zumute , Ich zahle und gehe . Die Übelkeit bleibt den ganzen Tag . Hätt ich schreien sollen? Ich trag das Erlebnis umher und es würgt mir immer wieder herauf, Ich wünsche mir viele Stellungnahmen : Sind Jäger Faschisten? War das eh nicht so gemeint? Ist das Ahnungslosigkeit? Menschenverachtung in der zynischsten Form? Oder hättet Ihr zu den Jägern was gesagt? in mir tut sich das Bild auf, wie ich ver– prügelt werde . Und wenn ich verprügelt wor– den wär? Für wen? Gesinnung? Oder aber "Pflicht"? Bitte schreibt ' s ans "Steyrer Tagebuch"! bernhard Überlegungen zur Kriminalberichterstattung der „Neuen Kronenzeitu1_1g" ("Der 16 - jährige mit dem Blick eines Sonderschülers") 3 Es geschehen leider immer wieder tatsäch– lich beunruhigende Taten von Menschen wie , der sexuelle Mißbrauch eines Kleinkindes durch einen 16 - jährigen in der Steier - mark in der ersten Jännerwoche 1983 . Mit Entsetzten mußten wir feststellen daß 1 die auflagenstärkste Zeitung Österreichs mit einer Art der Berichterstattung an die– sen Fall herangeht , die durch die Verteu– felung des Täters statt des Versuchs die Hintergründe transparent zu machen gekenn– zeichnet ist . So wird dazu beigetragen , den Boden , der solche Vorfälle möglich macht , fruchtbar zu erhalten (z .B. durch die unkritische , ja sympathisierende Er– wähnung von Rachedrohungen, die für labi– le Gemüter praktisch eine Aufforderung zur Lynchjustiz bedeutet) . · Wenn jemand in dieser Art schuldig werden kann , wie dieser junge Mensch, so nur weil . . , in seiner Entwicklung andere an ihm schul- dig wurden - wie das geschah und wirksam wu~de , muß eine Aufgabe der Ermittlungen sein . Sollte wirklich stimmen, ·daß dem 16- jährigen grundlegendes Wissen über Sexuali– tät fehlte, dann trifft seine Erzieher eine Mitschuld an dem Zustand, der ihn in diese Tat trieb . Abschließend sei auf das Ergebnis einer Studie über "Erziehungsnormen und Züchti– gungsverhalten" , von G. Czermak und G. Pernhaupt im Auftrag des Gesundheitsmi - nisteriums 1978 erstellt , hingewiesen : es gab unter den untersuchten Personen keine Kriminellen , die in ihrer Kindheit (Erziehung) nicht geschlagen worden sind ! r . k .

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