Steyrer Tagebuch Nummer 9, Februar 1983

Basisgruppen Kein Platz für die Einkaufsgemeinschaft Resthofl? Resthof - trostloses Beispiel moderner Stahlbetonarchitektur im Nordteil Steyrs– wieder ergriffen hier einmal mehr einige wenige die Initiative . Seit kurzem orga– nisiert eine kleine Gruppe von Resthof - bewohnern die Direktvermarktung natürlich hergestellter Produkte , die von Bauern im Ennstal erzeugt werden . Das bedeutet , daß nunmehr für die Bevölke– rung des Resthofgebietes die Möglichkeit besteht , qualitativ hochwertige Produkte , die im Großraum Steyr erzeugt werden , in Form einer Sammelbestellung direkt bei den Bauern zu kaufen . Da jeglicher Zwischen - handel ausgeschaltet ist , kommt es zu einer durchsichtigen und gerechten Preibildung . So weit , so gut . Ende Jänner wurde also die Aktion gestartet . Als größtes Problem er– wies sich wieder einmal mehr der Raummangel am Resthof . Trotz der Tasache, daß im die– sem Gebiet über 3000 Menschen leben, gibt es noch immer keinen einzigen Raum, in dem es laut der Gemeinnützigen Wohnungsgesell– schaft der Stadt Steyr , kurz GWG genannt, erlaubt ist, Treffen irgendeiner Art abzu– halten . --------- 17 Nun kam einigen Mitarbeitern der Einkaufs– gemeinschaft der rettende Gedanke, . einen der häufig leerstehenden Wäschetrockenräu– me eine Stunde lang dazu zu benützen , um Gratiskostproben verschiedener Produkte anzubieten und erste Bestellungen entgegen– zunehmen . Dies sollte jedoch in letzter Sekunde in einer Blitzaktion der zuständigen Polite– lite des Magistrats und der GWG vereitelt werden . Nach einer Sondersitzung infor– mierte die GWG eine Stunde vor Beginn der Aktion eine Mitarbeiterin , daß das Vorha– ben der Einkaufsgemeinschaft gegen die Be– Stimmungen der Gewerbeordnung verstoße , zu– dem seien "Veranstaltungen" dieser Art in Wäschetrockenräumen striktest untersagt . Also sah sich die Einkaufsgemeinschaft ge– zwungen, die Kostprob~n den zahlreichen Interessent(inn)en in einer Privatwohnung zu präsentieren . Zwei Vertreter des Markt– amtes sorgten in der Zwischenzeit für die Überwachung besagten Trockenraumes . Bis heute wurde von der GWG der Stadt Steyr kein ersichtlicher Schritt unt~r– nommen, einen geeigneten und von den Resthofbewohnern schon lang ersehnten Kommunikationsraum zur Verfügung - zu Stel– len . Im Gegenteil : jede Eigeninitiative , die nicht auf amtsbuckeligem Boden sprießt , droht vom österreichischen Verwaltungs - apparat schon im Aufkeimen bewußt erdrückt zu werden . Und auch so manchem Resthofer macht das Demokratieverständnis der GWG und mancher Steyrer Behörden Kopfzerbrechen . Ernst Forster

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