Steyrer Tagebuch Nummer 8, Jänner 1983

Literatur Enqel mit Peitschen, Teufel mit Harfen begegnen uns in tiefer Nacht. Hexen mit Zauberstäben, Feen auf Besen tanzen auf den Straßen. Henker liegen auf Richtblöcken, zum Tode verurteilte schwingen Beile in dunklen, verruchten Schlachthöfen. In Alleen verwelken Bäume, Blumen wachsen himmelhoch. In Bordellen geben Hausfrauen ihren Körper preis, vergnügen sich die Priester, und die Welt liegt in Trü~mer. Blinde sehen plötzlich wieder Sehende werden blind, Kinder singen wüste Lieder, Lehrer lernen von den Schülern wie man's richtig macht. Ärzte schlucken ihre Skalpelle, Patienten operieren sich selbst, Kühe trinken Bier, Frauen werden gemolken. Väter schlachten ihre Kinder, Mütter trinken deren Blut, Nonnen ficken Lebemänner, und der Papst tanzt Rock'n Roll, und die Welt liegt in Trümmer. Peter 0. Chotje~tz. SAUMLOS Roman eines Dorfes. rororo 4999 Das fiktive Saumlos steht für das hessische Dorf Rhina, wo es vor 1933 eine jüdische Bevölke - rungsmehrheit gab, mit einer ei– genen Schule, einer Synagoge. Bis 1938 waren die meisten Juden ge– flüchtet oder vertrieben worden. Der Journalist Erich Plauth ver– bringt ein paar Tage in Saumlos, wo er in seiner Jugend einige Jahre gelebt hatte. Nach einem mysteriösen Selbst~ord herrscht Unruhe im Dorf und als Plauth zu recherchieren beginnt, ergepen sich ungeahnte Wendungen. Verfein– dungen und Mißgunst zwischen den einzelnen Familien und die Grün – de dafür koromen wieder zum Vor– schein. Einig sind sich die wei- Ein Raumschiff nähert sich dem Platz, dort wo einst die Erde war, 15 nur Trümmer schweben noch im Al l . Das Fest ist aus, der Lärm vorüber, Stille herrscht nun i m Universum, und was einstmals Wirklichkeit, ist nichts, als ein ausgeträ umter Traum. Du liegst im Gras starrst zur Sonne und du fragst dich, ob sie jemals mit der Erde kollidieren wird, um zu einem Feuerball zu ver– schmelzen, größer und unheimlicher als alles Bisherige. Feuerball •Ball des Himmels Reiter der Apokalyp se strahlend an Kraft und Schö nheit mächtig ' an Chaos und Zerstörung Du stehst auf · und bemerkst, daß du allein auf weiter Flur bist. Du drehst dich um, und übersiehst, wie die Sonne immer näher kommt. sten Dorfbewohner nur beim hart– näckigen Wegschweigen der "jüdi– schen" Zeit. Plauth sichtet Do– kumente und Akten, aus Zeitungs – berichten, Polizeiprotokollen , Schulaufsätzen von damals werde n die Zusammenhänqe zwischen Ver– gangenheit und Gegenwart t rans– parenter. Der Neugier Plauths steht die ablehnende, z.T. lethar – gische Haltung der Bevölkerung ge– genüber: die Leute wollen ihre et– waige Mitschuld an den Judenve r - folgungen durch Schwei gen, Ver - gessen - und Verdrängenwollen wettmachen.

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