Steyrer Tagebuch Nummer 8, Jänner 1983

Naturschutz in Österreich Univ. Doz. Dr. Bernd Lötsch, Wien In seinem Bericht zeigt Lötsch, wie Naturschutz in Österreich, das sich gern als "Dachgarten . Europas" präsentiert (Fremden - verkehr!),wirklich aussieht. ae– gen welche Schwierigkeiten, Wi– dersprüchlichkeiten, Kurzsich - ' tigkeiten und Lobbys engagierte Naturschützer zu kämpfen haben. Diese Leute werden von ihren Geg– nern gern als •• linksextreme Anar– chisten .. , "radikale Rotzbuben" (Kreisky), "profesiionelle Nein - sager" abqualifiziert, ohne ein - zusehen, daß Umweltschutz heute in allen Bevölkerungsschichten und ideologischen Lagern Fuß ge - faßt hat. Wodurch ist Ö sterreichs N atur nun hauptsächlich gef ährd.et? Einrr.al durch die Ubererschließung und die caraus resultierende Zer– störung der Landschaft zugunsten des Tourismus, dessen wirtschaft– liche Bedeutung anerkannt wird. Aber ist es nicht ein Widerspruch in sich nach noch mehr Skizirkus- • sen zu schreien(bei stagnierenden bzw. rückläufigen Nächtigungszah– len!), wenn es allein in Tirol "7000 ha Pisten und an die 1000 technische Aufstiegshilfen" gibt, wenn „Ammen-Nitrat-bestreute Glet– scherpisten Trinkwasserreserven ruinieren" (wie jüngst in Hall - statt geschehen!). „Ähnlich unsinnig wäre es, bis ans Ende unserer Tage Österreichs Landschaft mit immer neuen Asphalt· pisten zu versiegeln, bloß weil die Straßenbaufirmen zunehmend Pro– bleme haben, ihre Großmaschinen zu amortisieren. Und ebenso könne man die letzten Alpentäler nicht mit derselben Fortschrittseuphorie zu– betonieren wie die ersten - hier herrsche das Gesetz des Minimums: Kraftwerkslandschaften hinterlas– sen wir unseren Kindern schon cre– nug - intakte Natur- und ErholÜngs– räume aber nur mehr weniqe. 11 Gegen diesen Unsinn beginnen sich Bürgerinitiativen immer veherren– ter zu wehren und buchen "kleine Siege der direkten Demokratie ge– gen das Establishment" bei Volks- 13 Umwelt be fragungen für sich, die schon · zweimal mit dem Sturz uneinsich– tiger Politiker endeten ("Kampf um städtisches Grün, Wien 1973; Kampf gegen eine Stadtautobahn, Graz 1973"). 1981 wehrten sich die Wiener gegen den Plan einer Verbauung des Grüngürtels durch kommunale Nobelwohnungen am West– rand der Stadt erfolgreich. "Nicht so sehr die Parteienland– schaft ist das· Problem der öster– reichischen Naturschützer - son– dern die großen Apparate, von der Energiewirtschaft bis zur Straßenbaulobby, von der Agrar - bürokratie bis zum Gewerkschafts– bund.( ••• ) Die Elektrizitätswirt– schaft verkörpert zwar so etwas wie Staatsmacht, deren Top - Mana– aer und Technokraten aber nicht da– rauf achten müssen, vom Volk ge - wählt zu werden. Auf ihren gesetz– lichen "Versorgungsauftrag" po - chend, von Ingenieuren und Ver - traqsfir~en zum zügigen Weiterbau immer größerer K~aftwerkseinheiten gedränqt, können ihre Prospektions– teams cen Anblick . ungefaßt zu Tal stürzenden Wassers einfach nicht mehr ertragen. Weiterbauen heißt ihr Credo - auf Teufel komm raus weiterbauen!" Das Hautgewicht seines Berichtes legt Lötsch auf die Darstellunq der Elektrizitätswirtschaft, ihrer Praktiken und Projekte, die in kras– sem Gegensatz zu den Vorstellungen der Naturschützer stehen. Der jährliche Strombedarf in Öster– reich beträgt 37.000 Gigawattstunden, wovon 23,1% auf Privathaushalte, 38,5% auf die Industrie, 11,6% auf das Gewerbe, 2,9% auf die Landwirt~ schaft und S,9% auf die Verkehrsbe– triebe entfallen. 3/4 des Stroms, der im übrigen 1/6 der Gesamtenergie menge aus~acht, wird aus Wasserkraft, der Rest aus Kohle, Öl und Gas er– zeugt. Der Gesamtenergie ·~rbrauch ist seit einigen Jahren rückläufig, dem Energieplan von 1976 entspre - chend, sollten die Österreicher aber jährlich 6% mehr Strom verbrauchen. was sie aber nicht tun (1981 'plus 3,8%; 1982 olus 3%) und somit die Pro~nosen Über den Haufen werfen,

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