Steyrer Tagebuch Nummer 5, Oktober 1982

18 ---■-ii=lil.:.lllli41 _______________ Ein halbes Jahr nach seinem Tod Josef Preyer "Der Vogel pfeift auch nicht mehr, seit der Pepi tot ist." Meine Mutter nennt den Verstorbenen nun nicht me h r Vati . Ich suche gerade auf dem verstaub ten Dachboden nac h den Kasper l figuren , die mi r mein Vater aus einer getrockneten Pap i ertsch e n tuchmass e gemac ht hat für Wei hnacht e n. I c h wußt e noch genau, wie sie auss a hen: Die absche uli c he He x e , mit den Alkoholdippeln, der Räuber, ihr Mann, mi t dem herrlich-blauen Gesicht, das Krokodil mit dem une rgründlichen Schlund, der Zauberer, der dem damaligen Che f Vatis nachgebildet war. Der Kasperl, mit dem ich mich identifizierte - und die total mißlungene Königstochter - ein erdapfelgesichtiges Pausbäckchen mit einer welken Papier– krone. Und da waren sie, dürftig abgedeckt mit Packpapier, verstaubt. Ich hebe die erste Figur - den Kasperl - heraus. Sägespäne. Wie das? Das rote Kleid vom Kopf getrennt - der Kopf zerfressen. Lauter kleine Löcher. Teile der Wangen, der Nase fehlen. Kein Kinn mehr. Und so auch die anderen Figuren. Tod. Verfa~l . Mir ist schlecht. Die Mutter: "Da spritz ich mit dem Insektenspry hinein, sonst schleppst du das Ungeziefer auch noch in die Wohnung." "Nein. Ich will kein Gift drauf. Ich geb sie zuerst in meinen Keller. Vielleicht kann ich noch etwas retten." Das Gift kam drauf. "Das ist doch kein Gift. Da steht, man kann es auch in Krankenzimmern verwenden. Ich hab unlängst sogar den Vogel damit eingesprüht."

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