Steyrer Tagebuch Nummer 3, Juni 1982
Das gibts nicht - das kann nicht sein - dachte ich mur - mußte mich aber wohl oder übel damit abfinden . Sie kaue r te ungefähr einen Me – ter vor mur auf dem Te ppich und sah mich irgendwie verstört und ängstlich mit ihren kleinen schwarzen Augen an . Wenn man sie vo n der Staub - und Dreckschicht befreien wür de , müßte sie wohl weiß sein dachte i ch (d as schl oß ich aufgrund ei – niger abgebrochener Federn , die - da sie abstanden und den Blick auf tiefer li egende - weiß durch – scheinende - s ic h vom übrigen graubraun abhebende - Federn fra– gaben) Sie bot eine n wirklich erbärm– lichen Anbli c k , verdreckt und he – rabgekommen . Eine Taube , die in irgendeinen Fabrikschlot gefallen ist - hätte man denken können . Auch ich hätte das - wenn - ja wenn sie nicht diesen verdorrten Zweig im Schnabel gehabt hätte . Das kam mir s±lon sonderba r vor . Irgendwie sah sie aus wie eine verarschende Comix - Ve rsion des Heiligen Geistes . Endgültig die Sprache verschlug es mir allerd ing s erst , als sie , nachdem s i e einigemale tief durch – geatmet hatte - die ihre fand - un d mich leise mit einem zittri – gen Stimm chen fragte , ob ich nicht etwas zu trinken für sie hätte . Ich saß wie versteinert - starrte sie an - in der einen Hand den Kopfhörer - in der anderen das Bierglas - und muß wohl einen ziemlich verdatterten Eindruck auf sie gemacht haben . Aber was soll ma n in so einer Situation tun • •• Schlagfertigkeitsweltme i s ter hätten vielleicht gefragt ob s i e Bier mag ode r l ieber et was Schär – feres - abe r ich komme auf so etwas immer erst zu spät. Kann ich etwas zu trinken haben – fragte sie nun schon zum zweiten Mal. langsam löste sich meine Erstar – rung . Heute bleibt mir aber auch wirklich nichts erspart - dachte ich . natürlich - sagte ich . Abe r du mußt schon entschuldigen , daß ibh erstaunt bin - eine Taube die spr i c ht - und dann noch der Zweig - bist du vielleicht die ••• ja ja vernahm ich das Stimmchen - ich bin die Friedenstaube ••• Ach - na ja - wieso nicht - warte hier st ieß ich hervor - schon auf – springend und in die Küche eilend . Ich füllte einen Suppenteller mit Wasser und trug ihn ins Wohnzimmer . Die Taube saß noch immer da - das bräunlich - verdorrte Zweiglein hatte sie auf den Boden gelegt . Ibh stellte den Telle r vor sie - setzte mich wieder - zündeLe mir ei – ne Zigarette a11 u,-,d l.Jeobachtei.e sie , wie sie gierig in kleinen Schlucken den Tellerleertrank . Ich tat dasselbe mit meinem Bier und holte uns beiden Nachschub . Nach - dem sie den größten Durst gestillt hatte , setzte sie s ich vor den Tel – ler - sodaß wir uns auch gegensei - tig sehen konnten - sah mich von un – ten herauf P.inige Zeit an und sagte schließlich - Du wunderst dich sicher , daß es mich überhaupt gibt und wa - rum ich ausgerechnet zu dir komme - wenn du etwas Zeit hast , will ich es dir gerne erklären . Na ja - wenn es nicht zu lange dau – ert , antwortete ich - ich habe heu – te einen scheußlichen Tag gehabt und wollte mich eigentlich nur mehr ent – spannen und erholen ••• Du brauchst ja nur zuzuhören , unter – brach sie mich - es ist schnell er – zählt und du wi rst es sicherlich nicht bereuen , meine Bekann t schaft gemacht zu haben . Na gut , sagte ich und lehnte mich mit einer Geste , die ausdrücken soll – te , daß ich s owieso nicht dagegen tun kann - wieder zurück an di e Wand . Sie machte es sich ebenfalls bequemer , was in mir die Angst aufkommen ließ , daß ich nun einem endlosen Monolog ausgesetzt sein würde - und begann zu erklären . Wie du sicherl ich weißt , ist meine Aufgabe der glcb ale Friede . Das heißt, ich muß die sogenannten Gras – sen und Mächt igen dieser Welt beei-1:1 -
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