Steyrer Tagebuch Nummer 3, Juni 1982

■-li#lifflll) it1------------------2=2 __ DIE TAUBE Die Tür fiel hinter mir ins Schloß. Ich lehnte an der Wand und atmete erst einmal tief durch - eridlich daheim - end– lich allein! Das war vielleicht wieder ein Tag! Schon morgens schlechte Laune und absolut keine Lust zum Ar– beiten - und dann auch noch Ar– beit im Ubermaß - natürlich auch noch Überstunden - und dazu diese höllische Hitze! Ich hatte tagsüber sicherlich mehr geschwitzt, als ich am Abend noch nachzufüllen im Stande gewesen wäre •• • Ich lehnte also an aer Wand - in der Wohnung war es ange– nehm kühl - langsam bewegte ich mich wieder - trat mir die Schuhe mit jeweils einem Fuß vom anderen - lasse sie liegen wo sie zum [iegen kom– men - keinen Handgriff zuviel wollte ich an diesem Tag noch machen. Ich ging - besser gesagt schlich wie ein geprügelter Hum - in die Küche - nein - essen fällt aus - kein Geschirr mehr da - ich hät– te vorher abwaschen müssen - auch egal - es reicht auch ein Bier aus dem Kühlschrank. Im Wohnzimmer lümmelte ich mich auf den Boden - an die Wand ge– lehnt - schaute aus dem Fenster in der gegenüber liegenden Wand ohne etwas wabrzunehmen - trank in langen Zügen und bemerkte, daß ich die Zigaretten wieder verlegt hatte. Schwerfällig stand ich auf - schlurfte den Weg durch die Wohnung zurück bis zur Eingangs– tür, ohne die verfluchten Ziga– retten zu finden - also wieder zurück - und endlich - nachdem ich sie drei-oder viermal über – sehen hatte - bemerkte ich sie am Küchentisch zwischen dem un– abgewaschenen Geschirr liegen. Hastig zündete ich mir eine an und sog gierig den Rauch in die Lung e n, was einen Hustenanfall nach sich zog, weil ich an diesem Tag schon mehr als genug geraucht hatte. Hustend nahm ich mir zur Sicherheit ein zweites Bier aus dem Kühlschrank und begab mich wieder in das Wohnzi~mer. Ich öffnete die Balkontüre - die Sonne war schon hinter dem gegen – überliegenden Hochhaus untergegan – gen und langsam legte sich die Gluthitze des Tages - und ich mich wieder auf den Boden . Ich wollte endlich nur mehr meine Ruhe haben - Aschenbecher, Zigaretten , Bier - alles war in Griffweite. Ich setzte mir die Kopfhörer auf, schaltete die Stereoanlage ein und legte eine Platte auf . Ich nahm die Erstbeste und - wie sich nach den ersten Tö – nen herausstellte - die beste für meinen Zustand . Schöner uriger fetziger Rock - ich drehte voll auf - machte die Augen zu - und ·ließ . mein malträtiertes Hirn durch- walken ••• Das Kratzen und Knacken im Kopf– hörer signalisierte mir , . daß die Platte zuende gespielt war , und ich sie umdrehen sollte . Doch meine Liegestellung war so gemütlich , daß ich mich überwinden mußte , die Augen zu öffnen . Schließlich tat ich ' s doch und plötzlich sogar weiter als ich es eigentlich vorgehabt hatte . Dann preßte ich meine Augenlider noch einmal kurz zusammen, um den leichten Schleier wegzubringen - und weil man sich das aneignet , wenn man es oft genug in einem Film gesehen hat, daß man das tut , wenn man etwas sieht , was man ei – gentlich nicht sehen kann . Und soetwas sah ich - nach der filmreifen Zwinkerei sogar noch deutlicher als beim erst e n Mal . Plötzlich dachte ich wieder be– wußt - und nachdem ich rekapitu – liert hatte, daß ich weder von 1 1/2 Bier so besoffen sein konnte noch von Haus aus Visionen hätte oder spinnen würde - kam ich - in Anbetracht meines abgeschlafften Zustandes blitzschnell - zu der Überzeugung, daß auf dem Teppi ch sitzen mußte , was ich auf dem Teppich sitzen sah • ••

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