Steyrer Tagebuch Nummer 3, Juni 1982

die sich zum Ziel gesetzt haben , kulturell tätig zu sein . Mit dem Jazzclub in der Hechten – diele , dem links - der Sozialdemo – kratie einzuordnenden Verein "Junges Steyr " und dem rührigen , als autonom zu bezeichnenden Ver – ein Basiskultur sind doch eine Reihe von Veranstaltern da , die das Kulturgeschehen dieser Stadt auf ein höheres Niveau gehoben haben . Doch : die Umsetzung in die ge – sellschaftliche Wirklichkeit läßt zu wünschen übrig , die Be – sucher solcher Veranstaltungen sind vielleicht fünf Prozent der hiesigen Bevölkerung , sie re – krutieren sich aus noch frei den – kenden Jugendlichen und intellek– tueller Mittelschicht , das Gros der Normalbürger steht immer noch pa s siv bis ablehnend einer kri – tischen Hinterfragung der Welt mittels Kultur gegenüber . Hier gilt es nun , auf der Suche nach Ursachen , dem Kulturamt die Leviten zu lesen, da sich aus der Praxis erwiesen hat , daß der Kul – turbetrieb hierorts durch die In– stitution fast nur Behinderungen erfährt, die sich nicht du r ch die Schwierigkeiten mit bürokratis chen ~~ozessen allein erklären lassen . Anstatt die finanziellen Mittel zur Bestärkung fortschrittlicher Aktivitäten zu verwenden , die letztendlich der demokratischen Mündigkeit zu Gute kommen würde , finden wir auf dem Veranstaltungs – kalender des Kulturamtes ange paßte Mittelmäßigkeiten , die das Gefühl vermitteln , daß hier Leute lasch in ihren Sesseln hängen und irgend– wie als Alibi einen Betrieb auf – rechterhalten , der niemanden be – friedigt, der glaubt , daß die not – wendigen gesellschaftlichen Ver – änderungen noch bei weitem nicht abgeschlossen sind . Einige Beispiele aus den letzten Monaten mögen dies unterstreichen . Das Juge~dreferat des Kulturamtes , wohl ins Leben gerufen , um dem Druck der Privatinitiatoren e nt – gegenzuhalten, glänzt weitgehend durch Dilletantismus und Unfähig– keit. Hier werden öffentliche Gelder verschwendet , wenn für ein 20 Konzert der Popgruppe Desert Harvest aus Mitteln de s Kulturamtes S 21000, – bezahlt werden, in der ganzen Stadt dann fünf Plakate zu finden sind und und deshalb kaum jemand hingeht , während etwa das gesamte Programm des Wehrgrabenfestes der Basiskultur mit S 25000, - Budget auskommen mußte . Die Initiative des "Anderen Kino" aus Linz , die Räume des ehemaligen Biographkinos in der Haratzmüller – straße mit einem modernen Kinopro– gramm zu aktivieren , scheiterte am Einspruch des Bürgermeisters . Nicht uninteressant vielleicht , daß auf der anderen Seite der Kinomonopolist Röver einem miesmachenden Durch– schnittsprogramm für die Anmietung des Stadttheaters , vorm . Volkskino , ungefähr S 30000 ,- pro Jahr zu zah – len braucht . Dem Verein Basiskultur wird eine Dauergenehmigung für Veranstaltungen verweigert mit dem Hinweis , daß nur politische Parteien eine solche Ge – nehmigung erhalten . Man muß sich vor – stellen , daß das einmalige Anmelden einer Veranstaltung immerhin S 1000 ,– kostet , was bei geschätzten 30 Ver – anstaltungen pro Jahr eine ziemliche Belastung ist . Mit den dadurch aufge – we~deten Geldern ließe sich unheim– lich viel machen , das dem Image dieser Stadt nur nützen könnte , so abe r ver – loren geht . Nur unter der Aufbietung aller mög – lichen Beziehungen der KAJ und dem FI0 gelang es, die Genehmigung für einen Jugendkreuzweg durch die Stadt zu erhalten . Nicht zu vergessen das Verbot , das Stück: "Was heißt den hier· Liebe? 11 aufzuführen , und die dementsprech– enden Querelen im nachhinein . Dabei wäre es Aufgabe der öffent – lichen Hand , fördernd zu wirken , und wenn das schon nicnt möglich ist , .wenigstens nicht zu behindern , was so an Aktivitäten aus der St adt – bevölkerung kommt. Sicher: Man kann sich nicht darüber hinwegtäuschen: Manches paßt e ben nicht so ganz in dieses Bil d von der wohlhabenden Stadt Steyr , da s sich in der wundervollen Architek– tur der Altstadt und dem steten Wachstum an den Stadträndern aus – drückt . So manches, was durch Kulturarbeit aufgezeigt wird , ist eben Salz in

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