Steyrer Tagebuch Nummer 1, April 1982

JUGEND B Bietet 1er '.Virt das Glas Spezi oder sonstige alkoholfreie Ge tränke zu -?6 Schilling an , schlägt er dabei ca. tausend Prozent auf. Der Virt wird wegen dieses Aufschlages nicht verur teilt; er gilt als geschäftstüch tig. Selbst Notleidende dürfen durch noch höhere Mieten in noch grös sere Not gestürzt werden. Unser marktwirtschaftliches Rechts empfinden gestattet der Industrie und dem :andel, vom Markt zu ver langen, was er hergibt. .Varum wundert es uns, wenn Jugendliche sich auf ihre Art dem Markt an passen? Steuerhinterziehung gilt als Kava liersdelikt. Den Staat zu besteh len ist zum Volkssoort geworden. Der V/ohlstandsstaat der vierzehn jährigen ist das Kaufhaus, der Supermarkt. Sie weisen das selbe Merkmal auf: groß, anonym, reich. Fast 100 000 Kinder unter 14 Jah ren standen im letzten Jahr in der BRD meist wegen Eigentumsde likten unter Tatverdacht. Mädchen hauptsächlich wegen Ladendiebstäh len, Buben vor allem wegen Dieb stahl von Fahrrädern. Ich bin dafür, das Fahrrad zum schulischen Sport- und Lernmittel zu erklären und wie alle anderen Lernmittel frei zu verteilen. Die Drogenszene verschärft sich, trotz aller Bemühen ist auch im heurigen Jahr mit Drogentoten zu rechnen. Ein neuer Zweig der Ju gendkriminalität ist entstanden. Doch die Guchtrefahr liegt nicht nur in der Drogenszene. Jährlich sterben in Österreich zig-tausena an den Folgen des Mißbrauches von Nikotin und Alkohol. Nikotin und alkohol sind gesellschaftsfähige Drogen. Kriminalisiert wird ,eder der Alkohoiaohän^ige noch der Zi garettenraucner. Geschäfte mit Ta bak und Alkohol macnen ehrenwerte Bürger und der Staat. Geschäfte mit der Droge machen Kriminelle. Es liegt also nahe, zu schließen, haß die Kthjk eines Geschäftes weniger von dessen Inhalt als von dessen Träger abhängig gemacht wird. Ein bestimmter Typus von Jugend liehen ist immer wiedar in Schlä gereien verwickelt. Dann tauchen sie mal mit einem blauen Aug auf oder haben eine Anzeige wegen Widerstand gegen die Polizei am Hals. Andere werden wegen Vanda lismus nelangt. Vas in den Auren der Öffentlichkeit sinnlose Zer Störung ist, ist häufig Ventil für aufgestaute Agressionen, de ren friedlichen Abbau sie niemand gelehrt hat. Vir haben Spielregeln entwickelt, die körperliche Gewalt ahnden, aber geistige Gewalt akzeptieren. Go wird der Konkurrenzkampf schon in der Schule getragen, so kämpfen Politiker mit Tricks um Fünrungspo sitionen, oekriegen einander sogar im eigenen Bündnis und zeigen so der Jugend, daß ein Freund nur der ist, der dem eigenen Aufstieg nützt. Damit Menschen Zusammenleben kön nen, ist es notwendig, daß ein minimaler Konsens über wesentliche Grundwerte sie verbindet. Ver über den '/ertverfall der Jugend unkt, lügt sich selbst in die Ta sehe. Nicht der .Vertverfall bei den Jugendlichen ist Ursache der Kriminalität, sondern die unkri tische Übernahme von Vertvorstel lungen der Gesellschaft, die Gert, begriffe ausnöhlt und umgedreht hat. *as trebe" nacn materieller Wohlstand ist Lebensinhalt gewor den. Die Erziehung zu diesem In halt glückt voll. Es sind nur die widersprüchlichen Spielregeln auf dem Aeg zum Ziel, die manche ins Abseits drängen. Meist die ;chwä cheren, die Junten. Jugendliche, die gegen die Spiel regeln verstoßen, nenne wir kri minell. Aie wäre es, wenn wir die Spielregeln änderten oder "ls ersten Genritt w^ni^st^ns die Strafmethoden? YouTW - HoTEL

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2