Steyrer Tagebuch Nummer 1, April 1982
JUGEND H Neulich habe icn Stefan ^etroiien. Wir haben alte Erinnerungen aufge friscct. -onfliKtermnerungen.Vor vier Jahren n ben wir uns Kennen gelernt, als er mit seinen r^umpa nen seinen Antrittsbesuch in Ju gendhaus macnte. Die Sesrel im Ju ^endbüro waren nachher in ihre:n Vormontagezustand versetzt, die Türklinken auf "12 Uhr" gestellt. Wiederholt kam er "zu" ins Jugend haus. Einmal glaubte ich nur mit ilfe der Polizei das Ärgste ver Hindern zu können. Wenn er nicht i:h Jugendhaus war, war er entweder auf Streifzug in Discos oder sonst wo in der Stadt oder auf Besucn bei der Polizeiwacne. Wir spracnen darüber, wt.e er sich, r^ckbliCKend, seinen Lebensstil er klärte. Es war Spa3 am Abenteuer, Lust am Risiko. Er und seine Freun de natten häufig Sachen gestohlen die sie g r nicht brauchen können. Es ging uh der Nervenkitzel,um ei ne Eutprobe. Oder sie haben sich elangweilt. Da spielten sie eben Räuber und Gendarm. Wirklicnkeits nah, nicht nach dem Spielbuch. Früher erlebten die Buben den Ner venkitzel beim Kirscnenstehlen. Es galt dem Nachbarn und seinem Hund ein Scnnippchen zu schlagen. Kirschen aus Nachbars Garten Schnecken eben besser, ein Hauch von Abenteuer haftete innen an. Inzwischen haben wir mit dem Rechtsstaat ernst gemacht. Statt des Nachbarnhund kommt die Poli zei und wer einen f nfzehnjähri gen Diebeshintern versohlt, wird reibst verknackt. Aus dem Spiel wird Ernst, aus der Selbstregulie rung eine Amtshandlung. Zwei Schlußfolgerungen lassen sich zienen: die Abenteuermöglichkeiten für un sere Jugendlichen sind in unserer Umwelt fast ^uf Null reduziert. Es wird immer scnwieriger, spie lerisch Leben zu lernen. ihut muß erprobt, die eigenen Gren zen mssen erfahren werden. Aben teuer finden Stadtkinder im Kon ilikt-mit dem Gesetz. So sie das Gesetz übertreten, sind die Spiel Partner gleich zur Stelle; Lehrer, Eigentümer, Polizisten, Sozialar beiter. Statistisch nehmen die rrimtnal aeiikte bei Jugendlichen wohl auch auf Grund verfeinerter Poli zei..ethoden zu. Doch: was wollen wir mit riner Nation von Vorbestraften? Teilen wir uns nicht weniger in Schul dige und Unschuldige als eher in Erwischte und nicht Erwischte ein? hanche unserer rechts^taatlichen Spielregeln sind nicnt nur für Jugendlicne schwer einzusehen. Da beschließen ein paar Leute zur Förderung ihres Umsatzes Suoer märkte einzurichten. Selbstbedie nung spart Arbeitskräfte, raffi niert angeordnete Waren reizen zu .ehr tauf als geplant. Alles ist auf Kaufreiz ausgelegt. Das Gescnrei ist dann groß, wenn Ju gendlicne dem Drang zum Einkauf ohne Geld nicnt widerstehen kön nen. Der Supermarkt wird für das oessere Gesenkt geplant und der r.enscn hat sien dieser Planung nnzupas^en. Wir strengen uns an, supermarktaerechte Jugendliche zu erziehen, statt ^urendgerecht^ RuoemärKte zu bauen. Nicht kri minelle Neigungen Jugendlicher haben zugenommen; die Verfbrungs Künste mancher Geschäftemacher haben Erfolg gezeitigt. Labile Jugendliche sind Zielgrunoe und Opfer der Werbung. Liegt die Schuld bei. Opfer? Wie sollen Jugendliche und nicht nur sie, Widersprüche wie die foi genden verstehen:
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