seines Gewehrs vollkommen vergütungsfrei zu überlassen. Er übernahm sogar die Risken einer Währungsverfallsklausel und war bereit, für die Einhaltung der vereinbarten Lieferfristen mit seinem gesamten beweglichen und unbeweglichen Vermögen zu haften. Um diesen Verpflichtungen nachkommen zu können und um die erwarteten Aufträge aus dem Ausland zu bewältigen, tätigte er riesige Investitionen, damit der Werks-Ausbau vorangetrieben werden konnte. Das Leopold Werndl’sche Werk in Letten wurde vergrößert, Dampfmaschinen wurden angeschafft, um auch bei Niederwasser genügend Betriebskraft zur Verfügung zu haben. In Budapest wurde eine große Zweigfabrik für Waffenlieferungen an die Honved gebaut. Der Erfolg war da, aber das Geld wurde knapp. Die Ursache dieser Geldverknappung mag darin liegen, daß Werndl bei Übernahme des Großauftrages zur Herstellung des Werndl-Hinterladers die Kapazität seiner relativ noch immer kleinen Fabrik ferschwierigkeiten möglichst zu vermeiden, waren daher diese Investitionen nicht zu umgehen. In dieser gefährlichen Situation forderten seine Geldgeber unerwartet, anstatt einer Verzinsung der Kredite, eine Provision pro erzeugtem Gewehr. Werndl lehnt ab und entschließt sich, seine erst 1864 gegründete Firma in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, um auf diese Weise das dringend benötigte Fremdkapital zu erhalten. Am 1. August 1869 ist es soweit. Die Firma „Josef und Franz Werndl & Comp.“ wird in die „Österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft“ mit Sitz in Wien umgewandelt. Die Umwandlung selbst stand unter der Patronanz der Österr. Bodencreditanstalt. Das Stammkapital der Aktiengesellschaft war in 30.000 Aktien zu je 200 Gulden eingeteilt und betrug demnach 6 Millionen österreichische Gulden. Dadurch waren die vorübergehenden finanziellen Probleme schlagartig gelöst. Sämtliche Rechte, Privilegien und Werke der Firma „Josef und Franz Werndl & Aktiengesellschaft um 5,2 Millionen Gulden übernommen. Ab 1869 leitete Josef Werndl „sein Werk“ als Generaldirektor, und sein treuer Weggefährte Holub wurde zum Direktor ernannt. Diese Funktion hatte Holub bis zu seinem Tode am 23. Mai 1903 inne. Die Aktiengesellschaft verfügte nach ihrer Gründung über 14 Objekte, die auf den sieben großen Steyr-Inseln verteilt waren; die Zahl der Arbeiter betrug 3.000. Eine der ersten Tätigkeiten als Generaldirektor war der Kauf der Gewehrfabriken F. Frühwirth in Wien und Beutz’ Witwe in Freiland a. d. Traisen. Beide Firmen konnten nach Auftragserteilung die von der österreichischen Heeresverwaltung gestellten Anforderungen bei der Herstellung des „Gewehrmodells 1867“ nicht erfüllen. Die Maschinen wurden den Werken in Steyr und Letten einverleibt, die Anlagen wurden verkauft. Die Erzeugung des „Modells 1867“ nahm immer größeren Umfang an. 1873 erteilte die österreichische Heeresverwaltung abermals große Bestellungen, diesmal das
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