Josef Werndl 1831-1889 Leben und Werk

Der Beginn seines Aufstieges zum Großunternehmer fällt tragischerweise mit dem Tod des Vaters zusammen, der 1855 Opfer einer Cholera-Epidemie wird. Für ihn, als ältestem Sohn, ist es selbstverständlich, seine Mutter bei der Weiterführung des Erbbetriebes mit seinen Erfahrungen tat- kräfig zu unterstützen. Während dieser Zeit beginnt Werndl den Betrieb systematisch zu modernisieren. Die ersten Maschinen zum Bohren, Drehen und Fräsen von Waffenteilen werden angeschafft; der Armaturenbetrieb kann nun die Herstellung von Gewehrläufen aus massiven Gußstahlbarren übernehmen. Diese industrielle Ausstattung kommt bei den Vorbereitungen des Krieges mit Sardinien 1859 voll zum Tragen, denn Werndl hatte rechtzeitig den Gewerbebetrieb in einen kleinen Industriebetrieb umgewandelt. Trotz dieser günstigen Lage treibt Werndl die Entwicklung eines Hinterladergewehrs voran. Er studiert zielstrebig die Vor- und Nachteile der verschiedenen Systeme und erkennt, daß die Lösung des Verschlußproblems auf eine einfache und billige Art erfolgen muß, wenn der neue Hinterlader ein Erfolg werden soll. Ab 1861 ist daher Werndl gemeinsam mit seinem neuen Werkmeister Karel Holub, den er aus der staatlichen Waffenfabrik in Wien kannte, bemüht, ein System zu finden, das diesen Vorstellungen entspricht. Schließlich ist 1863 der erste Entwurf des Wellenverschlusses vorhanden, der in einer neuartigen Konstruktion alle vorhandenen Systeme übertrifft. Bei dem Wellenverschluß wird der Laderaum durch eine Welle verschlossen, deren Achse unter dem Laderaum liegt. Diese Waffe trägt im geöffneten Zustand eine Lademulde, durch die die Patrone eingeführt wird. Wird sie gedreht, so schließt sie den Laderaum ab und bringt den in ihrem Inneren liegenden Zündstift hinter die Zündkapsel der Patrone. Die Idee zu dieser Konstruktion soll, der Überlieferung nach, Werndl in der Messe gekommen sein, als der Pfarrer das Tabernakel öffnete und schloß. Daher wurde der Verschluß in der militärischen Umgangssprache „Tabernakelverschluß“ genannt. In diese Zeit fällt auch die zweite Amerikareise Werndls, die er gemeinsam mit Holub unternimmt, um sich über die Erfahrungen, die in Amerika gemacht wurden, zu überzeugen. Während Holub erst Das Stammhaus der Steyr-Werke, das „Alte Werk“ im Wehrgraben im Spätherbst mit Skizzen von Maschinen und wertvollen Erfahrungen nach Steyr zurückkehrt, kommt Werndl schon im Sommer zurück. Ihn treibt die Sorge um die bereits 1862 erworbene Jocher-Mühle, dem „Alten Werk“, in die Heimat. Ungeachtet der Krisensituation baut er seine Fabriken weiter aus und verwertet die amerikanischen Erfahrungen für die Weiterentwicklung des neuen Hinterladers. Sein Ziel ist es, möglichst bald von der Herstellung verschiedener Gewehrteile auf die fabriksmäßige Fertigung von Gewehren übergehen zu können.

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