Thomas Bauernfeind - Kurze Geschichte Steyrs

Oberösterreich, fast an der niederösterreichischen Grenze, ergießt sich die Steyr in die Enns. Um diese VereinigungsStelle, und zwar im Thale und an den Abhängen der beiden Flüsse, endlich auf der zwischen ihnen hinziehenden Hochfläche liegen diejenigen Bauten, welche die Stadt Steyr bilden. In Folge dieser Lage macht Steyr auf den Beschauer den Eindruck einer Verbindung von vielen herrlichen Dörfern. Die Bewohner der Häuser auf der Hochfläche genießen eine sehr weite Fernsicht. Am Beginn der Hochfläche, dort deren ganzen Raum einnehmend, liegt auf steilem Felsgrnnde reizend das gräflich Lamberg'sche Schloß, welches die Größe einer Königsburg zeigt, einen dreieckigen Hof einschließt und mit seiner stolzen Ostecke hinabblickt auf die Vereinigung der Enns und Steyr, die sich in der Nähe vollzieht. Merkwürdig in Steyr ist das genannte Schloß, dort an der Steyr gelegen, wo vor 900 Jahren die Styraburg stand, am schönsten Orte der Stadt, in schönem Stile vom Jahre 1727 an aufgeführt; ferner die Stadtpfarrkirche, die schönste gothische Oberösterreichs, deren Säulen und Spitzgewölbe 1628 bis 1630 gebaut worden sind, deren anderen Bauten zum Theile bis ins Jahr 1443 zurückreichen; die Vorstadt-Pfarrkirche, von den Jesuiten erbaut, 1677 vollendet; das Rathhaus, dessen Vollendung ins Jahr 1778 fällt; der von schmucken Arkaden eingesäumte Friedhof, welcher von den Protestanten herstammt; das Bürgerschul-Gebäude, eine Zierde aus der neuesten Zeit; die

4 Josef Werndl'sche Schwimmanstalt, in Ober- und Niederösterreich wol ohne Rivalin, eine Wohlthat für die Stadt; endlich die Erste k. k. privilegirte österreichische Waffenfabrik, deren Leistungsfähigkeit man nicht nur in den Ländern Südamerikas, sondern auch in Persien und China kennt. Sie ist die größte Fabrik der Stadt und auch Oberösterreichs. Was ihre Großartigkeit anbelangt, kommt ihr weder auf dem europäischen Festlande, noch in England ein anderes Etablissement dieser Kategorie im Range gleich. Wenn man die nächste Umgebung Steyrs ins Auge faßt, so sieht man dort die zivei ehemaligen Benediktinerklöster Garsten und Gleink; Letzteres ist jetzt ein Bildungs-Institut der Sale- sianerinnen; Garsten aber ist ein k. k. Männerstrafhaus, woneben sich eine große Kirche mit den Formen der Renaissance befindet, welche solch überreichen inneren Schmuck aufweist, daß er von jedem Besucher Steyrs besehen werden sollte. Steyr liegt am Rande der Alpen und hat schattige, iveit reichende, entzückende Spaziergänge und äußerst lohnende Aussichtspunkte in der ganzen Umgebung der Stadt. Wer von einem Berge aus das Land überschaut,. der ist erfreut über die großen, schönen, einzeln liegenden Bauernhöfe, welche sich inmitten der dazu gehörigen Grundstücke erheben und von vielen Obstbäumen beschattet werden. Wälder, Wäldchen, Felder und üppige Wiesen wechseln ab. Vergnügt kann der Bauer an den Wegen die Obstbaumalleen, und an den Grenzen seines Gebietes die Obstbaumreihe betrachten, da sie ihm den Keller mit frischem Moste füllen. Durch Steyr geht die Kronprinz Rudolf-Bahn, welche jetzt den Reisenden direct auch nach Venedig führt. Gaslicht erhellt schon durch viele Jahre die Straßen der Stadt. Dem Geldverkehre ist die Filiale der Wiener Depositenbank förderlich. Will Jemand durch die Lettern belehrend u. s. w. auftreten, so stehen ihm zwei Druckereien und zwei Zeitungen zur Verfügung. Für das Seelenheil sorgen zwei katholische Pfarren, Jesuiten und seit kurzer Zeit auch eine evangelische Pfarre. Damit die Jugend geistig gedeihe, besteht neben anderen Volksschulen eine Bürgerschule für Knaben und für Mädchen, eine Schule für Kaufmanns

5 und andere Lehrlinge, eine Schule für Eisenindustrie und eine Oberrealschule. Daran reiht sich der Arbeiter - Bildungsverein und der Gewerbeverein mit einer permanenten Ausstellung. Den Haupterwerbszweig der Bewohner Steyrs und der Umgegend bildet die Erzeugung von Stahl- und Eisenartikeln. Verfertigt werden Gewehre, Schlittschuhe, Maultrommeln, Taschenfeitel, Draht, alle Gattungen der Nägel (mit der Hand oder mit Maschinen), Nadeln, Maschinen, Feilen, Blech, Messer, Beile, Zangen, Wagenachsen, Grabscheite, Sicheln, Sensen u. s. w. Steyr ist nach Linz die größte Stadt Oberösterreichs; es wurden in der vor zehn Jahren vorgenommenen Volkszählung 13.392 Einwohner vorgefunden; die heutige Einwohnerzahl ist jedenfalls höher. In Oberösterreich sind Linz und Steyr die einzigen Städte, welche eine selbstständige Gemeinde-Verfassung besitzen, also auch einen eigenen Stadtschulrath und als Gemeinde-Vertretung einen Gemeinderath mit einem Bürger- und Vice-Bürger- meister haben. Die Gemeinde-Vertretungen von Linz und Steyr sind der k. k. Statthalterei unmittelbar untergeordnet und haben die politische und Polizei-Verwaltung zu besorgen. Steyr ist der Sitz eines Kreisgerichtes und städtisch - delegirten Bezirksgerichtes, einer Bezirks-Hauptmannschaft (für den Landbezirk Steyr), der Betriebs-Direction der Kronprinz Rudolf-Bahn u. s. w. ...Die folgende, kurze Geschichte ist großentheils ein Auszug aus der von Franz Xaver Pritz herausgegebenen Geschichte Steyrs, welche 1837 erschienen ist. Was hier oft anders lautet, ist aus den späteren Werken des Professors Pritz und aus den Leistungen noch späterer und jetziger Forscher geschöpft und gesichtet. Besonders über zwei Punkte spreche ich eigene, also neue Ansichten aus, deren Begründung anderswo gebracht werden soll. Einiges wieder ist ausgedehnter als in den Pritz'schen Werken. Vorkommende Mängel mögen daraus erklärt werden, daß ich die Zeit zu dieser Arbeit mit Mühe errang, überhaupt zu spät angegangen worden bin, und daß ich mich willfährig aus den Raum beschränken ließ, der mir also viel zu klein ist. Wie die Geschichte sagt, waren die Taurisker die ersten Bewohner unserer Gegend. Dieser keltische Name bezeichnet Höhen-

6 — beivohner. Ihre Freiheit wurde im Jahre 113 vor Christi Geburt von den Kimbrern bedroht, welches deutsche Volk ein römisches Heer bei Noreja schlug. Heute heißt Noreja Neumarkt und liegt in Steiermark, nördlich von Friesach. Der Kimbrer neues Erscheinen in den Ostalpen mag im Jahre 102 die Tau- risker wieder sehr geängstigt haben. Ihre Freiheit verloren diese Kelten erst an die Römer, deren Kaiser Augustus sie im Jahre 15 vor Christus unterwerfen ließ. Nach denr Stadtnamen Noreja wurde jetzt ihr Land von den Römern Noricum genannt, sie selbst Noriker. Später wurde jener Theil Noricums, wozu unsere Gegend gehörte, Usernoricuni genannt, weil das südliche Donauufer die Nordgrenze bildete. Für diese Provinz Ufernorikum ist Lauriacuni (Lorch bei Enns) als die Residenz des Statthalters nicht ganz unwahrscheinlich. Lauriacum ist von dem jüngeren Antoninus, d. i. von Marcus Aurelius, als Colonie eingerichtet worden. Mit der lateinischen Sprache und römischen Cultur fand auch das Christenthum in unserem Lande Eingang. Im Jahre 303 veranstaltete der Kaiser aus Furcht vor der Erstarkung des Christenthums die letzte große, allgemeine Christen - Verfolgung. Dabei fand im folgenden Jahre der heilige Florian in Lorch den Tod. Florian war ein römischer Soldat ohne Rang; es ist daher unrichtig, ihn als einen Soldaten höheren Ranges zu bezeichnen. Im Pongau hatte sich noch ant Ende des 7. Jahrhunderts die Erinnerung an einen römischen Bekenner Maximilianns erhalten. Alle anderen Angaben über Maximilian sind unerweislich, da dessen Legende erst 1000 Jahre nach seiner Lebenszeit abgefaßt worden ist. Bald, nämlich im Jahre 313, erließ Kaiser Con- stantin I. für die Christen günstige Verordnungen. Schon von 167 bis 180 war von Marcus Aurelius gegen die deutschen Markomannen Krieg geführt worden, weil dieselben aus denr nördlichen Theile des heutigen Erzherzogthums über die Donau setzen wollten. Viel später wirkte in unserer Gegend, welche jetzt zum weströmischen Kaiserreiche gehörte, der heilige Severin, näinlich von 454—482, in einer Zeit, lvo die Völkerwanderung in Noricum blühte. Daß die römische Herrschaft

7 daselbst sich noch erhielt, war nur der Wirksamkeit Severins zu verdanken, der als Beschützer der christlichen Römer, als Vertreter der römischen Cultur den rohen, deutschen Rugiern mit ziemlichem Erfolg entgegentrat. Während dieser Zeit, 476, wurde dem weströmischen Kaiserreichs ein Ende gemacht. Mit Severins Tode, 482, brachen in den Donaugegenden die letzten Reste eines höheren Culturlebens zusammen; das Heidenthum gewann wieder die Oberherrschaft. Severin !var zu Mautern gestorben, welches Favianse hieß. Als Andenken der Römer sind deren Straßenbanten zu betrachten. Eine Straße ging von Regensbnrg nach Lauriacum. Davon zweigte sich bei Kleinmünchen eine andere ab, welche nach Ovilabä (Wels) führte. Von Wels zog sich eine Straße nach Salzburg, eine zweite lief von Wels nach Kirchdorf, Klaus, Pankraz, Windischgarsten, Paß Pyrn, Liehen, Rottenmann, Oberzeyring, Roreja (Neumarkt), Zollfeld, Feldkirch, Villach, Ponteba, Chiusa, Gemona, Aquileja. Auf dieser Straße fuhren die Kaufleute Steyrs im Mittelalter und später nach Venedig, und dorthin läuft jetzt, zumeist auf gleicher Spur, von Selzthal an die Kronprinz Rudolf - Bahn. Die Steyrer fuhren zur Erreichung dieser Straße über Grünburg und Leonstein nach Klaus; die Einmündungsstelle war aber eher, als sie jetzt ist. Endlich schloß für unsere Gegend im Jahre 526 die Völkerwanderung. Bald darnach, sicher vor 550, breiteten sich südwestlich, zu beiden Seiten der obern Donau hin, die ehemaligen heidnischen Markomannen als Baiern aus: bis zum Lech, dann bis tief in die Alpen, weiter nach Osten in das alte Noricum. Leider setzten sich nach 568 die heidnischen Avaren, ein Volk fremder Nationalität, in Ungarn mtb bis an die Enns als Nachbarn fest. Erst um das Jahr 700 verbreitete sich bei den Baiern durch den heiligen Rupert das Christenthum. Rupert gründete in Salzburg ein Bisthum. Dann errichtete 739 der heilige Bonifazius, der Apostel der Deutschen, im Aufträge des Papstes, in Baiern drei Bisthümer: in Salzburg, Regensburg, Freising; in Passau fand er Vivilo, welchen der Papst Gregor III. schon selbst ordinirt hatte. Passau wurde jetzt das Bisthum für

— 8 — unsere Gegend und blieb es durch 1000 Jahre. Daß Vivilo vorher in Lauriacum Bischof gewesen, ist die Angabe unechter Urkunden. Lauriacum war 480 auf gewaltsame Weise zu Grunde gegangen und nicht wieder gebaut worden; der einzige Bischof Lauriacums, Constanzius, hatte sich vor dieser Zerstörung* geflüchtet. Jetzt fällt zum ersten Mal ein Lichtstral der Geschichte auf die nähere Umgebung Steyrs. Wol vornehmlich in Folge der Gründung von Salzburg und der Einrichtung des Passauer Bisthums hatte sich in den östlichen Gegenden von Baiern eine geordnete Bodencultur zu entwickeln begonnen. Diese Gegenden waren zu St. Ruperts Zeiten spärlich und guten Theiles von den Resten der Romanen bevölkert und zum Theil unbebaut geivesen. Jetzt stiftete der Baiernherzog Tassilo II. im Jahre 777 das Kloster Kremsmünster. In der Gründungsurkunde treffen wir zum ersten Male auf baierischem Boden innerhalb der Enns slavische Ansiedelungen. Wir finden sie bei „Sierning" und „Dietach", d. i. um den unteren Lauf der Steyr und die Mündung derselben, beschäftigt, den Forst auszuroden. Der Herzog nimmt ihnen das Bebaute ab und schenkt es dem Kloster Kremsmünster. Weiter abivärts gegen die Mündung der Enns, der Avarengrenze, hin erscheint das Land noch wenig angebaut. Sierning und Dietach sind also älter als Steyr; denn dieses taucht erst 200 Jahre nachher auf. Der jeweilige Herzog der Baiern, ans dem Geschlechts der Agilolfinger, war vorn Jahre 728 an dem Frankenkönige meist tributpflichtig. Carl der Große machte dem baierifchen Herzog- thume 788 gar ein Ende, indern er den Herzog Tassilo II. zwang, Mönch zu werden. Unsere Gegend gehörte also jetzt zum großen Frankenretche. Die Gaue des ehemaligen Herzogthunrs ließ Carl einzeln durch je einen Grafen, d. i. durch einen Beamten, verwalten. Unsere Gegend gehörte zum Traungau, rvelcher begrenzt ivurde von der Donau im Norden, von der Enns im Osten, von der jetzigen Grenzlinie gegen Steiermark im Süden; die Westgrenze lief, beiläufig, von der Donau bei Engelszell an das Ostende des Hausruck, weiter an die Ager südlich von Schwanen-

9 stadt, ferner an die Traun nördlich von Gmunden u. s. f. Dieser große Gau hatte Unterabtheilungen, Untergaue. Im Jahre 796 tvurden von Carl dem Großen die Avaren, wie sie es verdienten, vernichtet. Und jetzt errichtete Carl die Htarkgrafschaft im Ostlande, das erste Österreich; es reichte nach Ungarn bis zur Stadt Ofen; der westlichste Theil aber war der ganze Traungau. Oft und furchtbar wurde die Ruhe unserer Gegenden wieder gestört, nachdem 896 die heidnischen Magyaren, den Avaren verwandt, deren meisten Sitze eingenommen hatten. Gegen sie wurde 900 bei dem längst verschwundenen Lauriacum, K bei dem Orte Lorch, die Ennsburg erbaut, woneben sich langsam die Stadt Enns bildete. Im Jahre 907 siegten die Magyaren über die Baiern, wodurch das Land unter der Enns den Erste- ren zufiel, d. h. die Einwohnerschaft fast vernichtet wurde. Das erste Österreich hatte somit sein Ende gefunden. Dafür erstand schon 908 das Herzogthum Baiern wieder, und wieder wurde der Traungau ein Bestandtheil desselben. Baiern gehörte zu Deutschland, welches ein Königreich war und eigentlich erst 919 nach dem Aufhören des ostfränkischen Reiches begann. Endlich wurden die räuberischen Magyaren 955 bei Augsburg so geschlagen, daß Deutschland vor ihnen in Zukunft sicher sein konnte. Deßhalb erscheint 972 oder 973 wieder die Ostmark, das zweite Österreich, welches seitdem existirt. Die Ostmark lag unterhalb der Enns und war sehr klein; sie mußte allmälig bevölkert werden. Auch die Bevölkerung des Traungaus wurde durch westbaierische Colonisten vermehrt. Im Jahre 976 wurde Heinrich II. der Zänker, Herzog von Baiern, vom Kaiser seiner Würde entsetzt. Der Herzog Otto von Schwaben wurde jetzt auch Herzog von Baiern; zugleich erhielt Leopold, aus dem neuen Hause Babenberg, vom Kaiser die Markgrafschaft Österreich und vom Herzoge Baierns die Bnrggrafschaft Enns, d. i. die Grafengewalt (comitatus) über die Ennsburg (— das ist meine Ansicht); wol auch schon 976 belehnte der Herzog von Baiern mit der Grafengewalt über den Traungau, die Ennsburg und manch anderes Gut ausgenommen, die sogenannten Grafen von Lambach und Wels, die Verwandten Ottokars I., und Ottokarn I. selbst.

10 welcher wegen seiner sehr wahrscheinlichen Abstammung als Ottokar III. gelten mag und bald die Steyrburg erbaute. Die Grün- düng der Styraburg ist nämlich den Ottokaren zuzuschreiben, jtuag aber mit dem Gründungsjahre in gar keinem Zusammenhänge steht. Wenn dieselben wirklich lang nach 976 noch im Chiemgau gehaust haben, so können sie doch zugleich im Traungau Besitzungen gehabt haben; und wenn ein Besitzthum dieser Dynastie im Traungau zum Jahre 970 gar nicht nachweisbar ist, so ist auch betreffs der Herrschaft Steyr das Gegentheil oder diese Herrschaft als Besitzung der Lambacher Grafen nicht nachweisbar. Die Lambacher stammten übrigens sowie die Ottokare aus dem Chiemgau. Dem Kaiser wurde die Ennsburg vom Herzoge Baierns (und vom Markgrafen Österreichs) zurückgegeben; derselbe schenkte i darauf sogleich am 5. October 977 dem Bisthum Passau die Burg. Betreffs seines Allodes Steyrburg stand Ottokar III. nur unter dem Kaiser oder Könige. Von Seite des Kaisers erfolgte an den Inhaber einer eigenen Herrschaft die Verleihung oder Bestätigung des Bannes (der Gerichte) ohne Mannschaft, d. h. ohne Lehenseid, ohne daß der Empfänger durch die Verleihung Vasall (Mann) wurde. Es ist aber ohne Sinn, wenn Jemand die Herrschaft Steyr marchionatus Stiria nennt. Die freie Herrschaft Steyr mit der Stadt gehörte jetzt ittib später weder zu der Steiermark, noch zu Baiern, also auch nicht zum Traungau, welcher ja bis 1180 baierisch war. Diese Herrschaft lag jedoch innerhalb der Grenze des Herzogthums Baiern; sie wurde nur geographisch zu Baiern, und zwar zum Traungau gerechnet. Der folgende Satz ist aus einer Urkunde übersetzt. Ueber- dies sei allen bekannt gemacht, daß auf der Synode zu Mistelbach nach den vom Bischöfe Pilgrim an das beeidete Volk gestellten Fragen, aus welchen Orten der Zehent an die Taufkirchen zu Recht gehören sollte, unter Eid verkündet worden ist: besonders, daß nach Sierning dieser Zehent aus den folgenden Orten gehöre, aus Garstina (Garsten), Sapinihca (Ortschaft Sarming zwischen Steyr und Garsten), Stirapurhc (Ort und Schloß

11 Steyr), Riuti (Frischelried? nördlich von Sierning), Tuncines- dorf (Thanstetten? bei Sierning), Suammara (St. Marien, Pfarre, östlich von Neuhofen), Wolfeswanch (Wolfern). Die genannte Synode ist zu Mistelbach nördlich von Wels abgehalten worden, die Echtheit der darüber ausgezeichneten Urkunde wurde noch von Niemand angezweifelt, der Inhalt der Urkunde fordert auch dazu nicht auf; also stand das Schloß Steyr mit e,iner Ortschaft zweifellos schon zwischen 985 und 991; denn triftige Gründe zwingen zu dieser Fixirung, da nämlich die Urkunde keine Jahreszahl trägt. Wenn man daher die Gründung des Schlosses Steyr, um welches selbstverständlich sich sogleich Ansiedlungen gebildet haben, ins Jahr 980 verlegt, so verstößt man sicherlich nicht gegen die strenge Anforderung der Geschichte. Und darum ist es ganz richtig, daß die Bürger der Stadt Steyr jetzt den 900 jährigen Bestand eines neben dem Schlosse entstandenen Ortes Steyr feiern, eigentlich eines Ortes Steyrburg (vgl. Regens bürg, u. s. hx), des Keimes der Stadt Steyr. Vor 900 Jahren galt nämlich die Burg, welche wol schon einen Capellan hatte, als die Hauptsache, die Ortschaft aber, welche dem Burgherrn gehörte, als Nebensache. Die .jedenfalls kleine Ortschaft konnte recht gut ohne den Namen Steyr existiren, welcher wegen des gleichen Flußnamens lvol verwirrend gewesen wäre. Später kommen die Burg und die Ortschaft zusammen als castrum Stire vor. Als die Ortschaft bedeutend und bekannt geworden war, sonderte sie ihren Namen von dein der Burg ab, und fortan bestand neben dem Schlosse Steyrburg die große Ortschaft Steyr. Denselben Verhalt zeigt die Geschichte der Stadt Enns; durch die Abstoßung der Silbe Burg ist aus bem alten Ennsburg (Enns - Burg) der Dorf-, später Stadtname Enns entstanden. Erwähnt möge noch werden, daß derselbe Bischof Pilgrim von Passau zu Dietach, welches auch eine Filiale Siernings war, eine Capelle eingeweiht und dotirt hat. Maria-Lah, bei Wolfern, gehörte gleichfalls nach Sierning. Hat denn nicht schon in römischer Zeit zu Steyr ein Bau bestanden? Es gibt wirklich eine solche Annahme, welche sich

12 aber nur auf Vermnthnngen stützt, die ich auf sich beruhen lassen will. Was das Wort Steyr betrifft, so ist es ursprünglich ein Flußname. Daß es der deutschen Sprache augehört und das jetzige Stier ist, diese Angabe ist umsomehr grundlos, als sehr wahrscheinlich nicht Stirabnrg, sondern immer nur Steira- bnrg gesprochen worden ist. Schon die Römer fanden das Wort Steyy im Namen Stiriate vor, welcher Name dem heutigen Strechan, an der Palten bei Rottenmann, gehört hat. Steyr ist also ein keltisches Wort, und zwar das Wort Ster, welches zu Deutsch Fluß heißt; Steyrbnrg bedeutet daher Flnßbnrg (vgl. Wasserburg, am Inn in Baiern). Dem entsprechen die Flnß- namen Enns und Traun; Enns (An) heißt Wasser, Traun (Troun) bedeutet „tief". Ans Ottokar III. folgte, etwa int Jahre 993, Ottokar IV., Graf von Steyr, eigentlich Gras int Tranngan, Mitgras int Ehiemgan. Er erhielt um 1030 die Ennsbnrg (Enns) als Lehen. Sein Tod erfolgte 1038 zu Rom. Seine Gemalin war die Tochter Arnolds von Lambach, Grafen der kärntnischen Mark, gewesen. Ottokar V. von Steyr, 1039 bis etwa 1088, erbte 1050 im Tranngan, im Enns- und Paltenthale einen großen Theil der Allode Gottfrieds von Lambach, Grasen der kärntnischen Mark. Ihm gab der Kaiser auch die Verwaltung der Kärntner Mark, wozu die Grafschaft Pütten gehörte. Von 1056 bis 1072 nannte sich Ottokar Graf der Kärntner Mark, von da an aber nach seiner Residenz Markgraf von Steyr (von Steierntark). Der Graf Arnold von Lambach und Wels hatte nämlich 1035 auch die kärntnische Mark, d. i. das heutige Obersteiermark, und bald die Grafschaft Pütten, die Gegend um Wiener-Neustadt erhalten. Mit seinem Sohne Gottfried waren die Lambacher 1050 int Mannesstamme erloschen. Gottfrieds Tochter waren nur die Allode in der Grafschaft Pütten zngefallen. Ter genannte Ottokar V. und sein älterer, gleichnamiger Sohn fochten im Jnvestitnrstreit für den Papst; für den Kaiser dagegen Adalbert, Graf im Ennsthal und Geiserwald (Gegend von Goisern), der andere Sohn Ottokars V. Von Ottokar wurde 1082 das Kloster

13 Garsten gegründet. Dabei tourbe Steyr als urbs bezeichnet, welches Wort eine Stadt (im heutigen Sinne) bedeuten soll. Das ist aber eine für jene Zeit unrichtige Auffassung; urbs, civitas, oppulutn können anstandslos durch Burg oder auch durch Gemeinde übersetzt iverden. Ottokar V[.z 1088—1122, Markgraf von Steyr, d. i. Graf der Steiermark, ferner Graf des Traungaus, Eigenthümer der Herrschaft Steyr, u. s. w., war mit Elisabeth, einer Schwester Leopolds III. (IV.) des Heiligen von Österreich verheiratet. Von ihrem Sohne Leopold dem Starken und von Sophia von Baiern stammte Ottokar VII. (1129—1164), welcher Kunigunde von Vohbnrg ehelichte. Er kam, jedoch nur im Traungau, unter die österreichischen Babenberger, welche von 1139 bis 1156 auch in Baiern, und zwar hier als Herzoge geboten. Nachdem seine Vorfahren ihr Gebiet wachsen gesehen hatten, erwarb auch noch er ausgedehnte Gebiete, zuletzt die Schlösser, Güter und Leute, welche zur Grafschaft Pütten gehörten. Im Jahre 1156 verlor der Babenberger Heinrich Jasomir- gott Baiern, also auch die Herzogsgewalt über den Traungau. Er erhielt dafür seine (baierische) Mark Österreich als Herzogthum Österreich. Es ist aber nur die Angabe eines unechten Schriftstückes, daß das neue Herzogthum um einen Landstrich ob der Enns vergrößert worden war. Wirklich war nirgends etwas zu der Mark gegeben worden. Wer die Behauptung einer Vergrößerung Österreichs nicht aufgeben will, der hat daher seinen Blick auf die Gegenden an der Leitha und March zu wenden, welche 1043 von Ungarn weggetrennt worden waren. (Das ist meine Ansicht.) Ottokar VIII., 1164—1192, erlebte die Erhebung seiner Lande zum Herzogthume Steyr. Im Jahre 1180 entsetzte nämlich der Kaiser den baierischen Herzog Heinrich den Löwen, und Baiern wurde an Otto von Wittelsbach verliehen. Zuvor aber war es durch Bildung des Herzogthums Steiermark um den Traungau geschwächt worden. Die übrigen Gebiete des damaligen Herzogthums Steyr wurden vom Herzogthume Kärnten losgelöst und von nun an markherzoglich regiert, während der

— 14 — Traungau, wie immer schon, nur herzoglich. Er war nämlich niemals eine Mark ob der Enns gewesen; das Wort Mark wird nur denr unechten Schriftstücke, welches die Jahreszahl 1156 trägt, unbedacht nachgeschrieben. Mit Ottokar VIII. erlosch unser ältestes Herrscherhaus. Er starb, als der Minnegesang, die Kreuzzüge nach Jerusalem und die Turniere blühten. Steyr hörte auf, Residenz zu sein; aber hier blieben die Waffenschmieden, welche der große Hof der Ottokare ins Leben gerufen hatte. Deren Erben und Nachfolger wurden die österreichischen Babenberger, welche schon 1185 die Grafen von Beugen oder Rebgau inr Attergau beerbt hatten. < Auf Leopold V. folgte Leopold VI., 1195—1230. Ihm gab den Ort Linz u. s. w. der Freiherr Gottschalch von Haunsberg, welches im Salzburgischen liegt. Herzog Leopold kaufte auch Wels sanunt der Umgebung vom Bisthunr Würzburg, und er begünstigte 1212 den Ort Enns durch ein Stadtrecht, wodurch Enns zur ältesten Stadt in Ober- und Niederösterreich geworden ist; denn ich kann der neuesten Ansicht, daß Wien schon früher ein Stadtrecht empfangen hatte, nicht beistimmen. Mit dem nachfolgenden Herzoge Friedrich II. dem Streitbaren starben im Jahre 1246 die Babenberger aus, und Österreich und Steiermark waren herrenlos. 3!ach manchen Zwischenfällen wurde 1251 der böhmische Kronprinz Ottokar Herzog Österreichs. Damals lebte Dietmar von Starhemberg oder Steyr, tote er sich auch nannte, toetl er das Lehen der landesfürstlichen, zur Steiermark gerechneten Burg Steyr besaß. Er war nur ein Ministerialer, nicht ein Freiherr. Er bemächtigte sich des Ortes Steyr und der Umgebung. Herzog Ottokar nahm sie aber vermöge eines Vertrags 1252 selbst in Besitz, gab ihm dafür die Herrschaft Losenstein und bestätigte ihm das Burglehen von Steyr. Dietntar und seine Nachkommen nannten sich dann die Losen- steiner. Die Losensteiner theilten sich hernach in die Losensteiner und die Starhemberger. Im Jahre 1253 wurde Ottokar König Böhmens, und damals auch zog der ungarische König Bela IV. nach Steiermark und besetzte Graz. Am 3. April des folgenden Jahres bekam König Ottokar II. von Bela einen Theil von Steier-

15 mark, nämlich den Traungau, welcher von nun an von Steiermark getrennt blieb und das Land (Österreich) ob der Enns, d. i. Oberösterreich hieß. Auf das übrige, das heutige, Steiermark verzichtete 1260 Bela zu Gunsten Ottokars, nachdem die Ungarn bei Kroissenbrunn entscheidend geschlagen worden waren. 1273 wurde der reiche und tüchtige schwäbische Graf Rudolf von Habsburg zum deutschen Könige gewählt. Er zwang 1276 den ebenso tüchtigen Ottokar II., ihm Österreich, Steiermark u. s. w. abzutreten, welche Länder er bis 1282 selbst verwaltete und hierauf an sein Haus brachte. Unserem ersten Herrscher habsburgischen Stammes, dem Herzoge Albrecht I., verdankt Steyr das 1287 gewährte Stadtrecht, wodurch die bisherige , Ortschaft Steyr zur Stadt geworden ist, also nach Enns zur ältesten Stadt in Oberösterreich. Das Stadtrecht legte den Grund zur freieren Verwaltung der Stadt und zum Emporblühen ihrer Gewerbe (ihrer Eisen-Industrie) und ihres Handels. Es ist möglich, daß Steyr schon früher Stadt geworden war; wir wissen nämlich, daß es auch vor Albrecht (später verloren gegangene) Privilegien besessen hat; aber wir wissen nicht, ob deren Inhalt so bedeutend war, daß man darauf hin von einer Stadt reden könnte. Als der deutsche König Rudolf von Habsburg gestorben war, wurde nicht unser Herzog, sein Sohn, zu seinem Rachfolger gewählt, sondern der Graf Adolf von Nassau. Dieser fiel im Kampfe mit Albrecht, aber nicht durch dessen Hand; und nun erst, 1298, und nicht schon auch vor der Schlacht, wurde Albrecht der König Deutschlands. Herstellung der Ordnung in seinen Landen und berechtigtes Streben nach einer gebieterischen Hausmacht machten ihn bei den Adeligen unbeliebt, und er wurde fast bis heute durch Erdichtungen ungemein verleumdet. König Albrechts gewaltsames Ende fällt ins Jahr 1308; Rettung wäre in der Hand des Curfürsten Peter von Aspelt gelegen. Seit 1305 ist Steyr, die vorherige Filiale Garsiens, eine eigene Pfarre, die vom Abte Garsiens, als dem Patrone, mit seinigen Benedictinern besetzt wurde. Von 1082 bis 1305 war Garsten, bis 1082 war Sierning die Pfarre Steyrs gewesen.

16 Im Jahre 1305 wird dem Richter und den Bürgern die Gemeinde der Ritter Steyrs, wol noch aus der Zeit der Ottokare stammend, urkundlich vorangestellt; das heißt, viele adelige Bürger haben die gemeinen Bürger niedergehalten. Erst um 1390 entschlugen sich diese Adeligen fast gänzlich der höheren städtischen Ämter; aber um 1570 haben die meisten Adeligen wieder ein Richteramt oder eine Stelle beim Magistrate. Unter den: Herzoge Rudolf IV. (1358—1365) entstand die Wiener Universität, nach der Prager die älteste Deutschlands. Er erwarb zu seinen Ländern Tirol, worauf alle Pässe zwischen Deutschland und Italien in der Hand der Habsburger waren. Tirol verband auch den westlichen Besitz der Habsburger mit dem östlichen. Diejenigen Gesetze Rudolfs, welche das Bürgerthum durch Entlastung emporhoben, niuß ich übergeben, weil sie die meisten Leser langweilen könnten; sie sind aber so merkwürdig und wichtig, daß ich die Wißbegierigen auf Dr. Hubers Geschichte Rudolfs IV., Seite 118 bis 123, verweisen muß. Im August 1390 (aber nicht 1380, wie Prevenhuber sagt) rüstete sich Herzog Albrecht III. in Steyr zur Belagerung des fünf Stunden entfernten Schlosses Leonstein. Die Besitzer desselben, die Rohrer genannt, vorzüglich Wilhelm, hatten große Räubereien verübt. Er hatte sogar zwei Abgesandte des Erzbischofs von Salzburg, die mit sicheren! Geleite von Herzog Albrecht versehen waren, gefangen genommen. Diese Frevelthat wollte der Herzog nun bestrafen und belagerte die feste Burg; er richtete aber wenig aus, bis endlich der Ritter Zacharias Haderer einen nahen Felsen erstieg und von da aus die Besatzung so ängstigte, daß Wilhelm durch einen unterirdischen Gang entfloh, und die Burg übergeben wurde. Diese Belagerung, welche beiläufig drei Monate gedauert hatte, ist deßwegen merkwürdig, weil damals wahrscheinlich zuerst der Gebrauch der Kanonen in Österreich erwähnt wird. Daß dabei die Bürger Steyrs mitgeholfen hatten, ist selbstverständlich. Daher feiert die Bürgergarde Steyrs, obwol sie den Jahresfehler Prevenhubers kennt, ihren 500jährigen Bestand zugleich mit der Feier des 900jährigen Bestandes Steyrs, weil ihre ersten Vorgänger doch wol im Jahre 1380 als Kriegs-

17 Mannschaft Steyrs schon existirt haben können, da dieselben im Jahre 1390 kämpfen. Die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Ansicht, daß diese Männer Gardisten gewesen sind, geht mich nichts an. Schon im Jahre 1311 waren in Steyr mehrere Ketzer verbrannt oder zum ewigen Gefängnisse verdammt worden. Im Jahre 1397 wurden im Kraxenthal, zwischen Steyr und Garsten, mehr als 100 Waldenser (Ketzer) lebendig verbrannt, andere wurden zu ewigem Gefängnisse verurtheilt; Hauptverbrechen dieser Ketzer waren gewesen, daß sie sich nur an die heilige Schrift gehalten und den Gottesdienst in ihrer Muttersprache, anstatt in der lateinischen Sprache gefeiert hatten. Nachdem Ladislav, unser Herzog, auch König Böhmens und Ungarns, 1457 gestorben war, stritten sich um Nieder- und Oberösterreich und um die Herrschaft Steyr die habsburgischen Brüder Friedrich und Albrecht VI., welche gemeinsam Steiermark, Kärnten, Krain und Istrien regierten. Friedrich, als Herzog Friedrich V., war Kaiser Friedrich III. (Kaiser Friedrich IV.). [3m Jahre 1458 erhielt Kaiser Friedrich Niederösterreich, Albrecht Oberösterreich und die Stadt und Herrschaft Steyr mit allen Rechten und Einkünften. Bald bekriegte Albrecht seinen Bruder und Kaiser furchtbar und erhielt auch Niederösterreich. Hierauf versetzte er dem Georg von Stein Steyr und starb 1463 kinderlos. Jetzt wollte der Kaiser (f 1493) Steyr, ohne zahlen zu können; dabei fani es so weit, daß ihm Stein den Krieg ankündigte. Der Kaiser schrieb am 8. December 1466 aus Graz vergeblich an die Schaunberger, sie möchten den Krieg des Jörg von Stein beilegen. Am Ende des Jänners 1467 erließ er aus Linz Befehle an mehrere Hauptleute, ihre Truppen zu sammeln. Er wollte nänilich nun die Stadt und die Burg Steyr, wo eine Besatzung Steins lag, erobern lassen, während Stein selbst sich mit vielen böhmischen Söldnern in Agspach bei Seitenstetten befand. 400 kaiserliche Reiter rückten unter dem Herzoge Albrecht von Sachsen und Georg von Volkenstorf schnell in die Stadt; doch die Besatzung vertheidigte die Burg. Um einer möglichen Gefangenschaft zu entgehen, zog der Herzog von Sachsen mit 2

— 18 — Mehreren zum Kaiser nach Linz zurück; aber Georg von Volken- storf setzte sich mit Truppen besonders in der Pfarrkirche fest. Alsbald rückte Stein am 29. Jänner mit seinen böhmischen Söldnern gegen Steyrdorf heran; er erstürmte es beim achten Sturme mitHilfe mehrerer lediger Leute der Stadt. Seitdem hat die Anhöhe nördlich von Steyrdorf beit czechischen Namen Tabor, zu Deutsch „Schanze". Nun ließ man Stein mit 200 Mann in das Schloß zu seiner Besatzung ziehen. Volkenstorf räumte mit den Seinigen die Stadt am 30. Jänner 1467, und jetzt plünderte Stein besonders in den Gegenden des Traunkreises bis gegen Gmunden hin, während der Kaiser zu Linz saß und am 15. Februar einen Landtag hielt. Der Kaiser inußte endlich an den von Stein Vergleichs-Vorschläge machen, und Stein kam mit sicherem Geleite zur Unterhandlung nach Linz, benahm sich sehr heftig und wurde von dem päpstlichen Legaten sainmt seinem Anhänge in den Bann gethan; er machte sich aber wenig daraus, und der Kaiser war gezwungen, ihm für die Rückgabe der Stadt und Burg Steyr 10.000 Gulden zu versprechen, etwa am 28. Februar 1467. Allein Stein beschädigte ferner das Land. Der Kaiser bezahlte ihm die versprochene Summe nicht. Im Spätherbste schickte der Kaiser seinen Feldherrn Ulrich von Gravenegg nach Steyr, die Bürger huldigten ihm; aber die Burg mußte belagert werden, sie ging in diesem Jahre noch nicht über, sondern 1468, da für die Belagerten keine Hilfe gekommen war; Stein war nicht gefangen worden. Er machte von Böhmen aus im Jahre 1469 Versuche, Steyr wieder in seine Gewalt zu bringen, allein fruchtlos. Auch 1470 machte er im Lande ob der Enns keine besonderen Fortschritte; er trat schließlich am 30. Ro- vember seine Rechte auf die Stadt und Burg Steyr u. s. w. an Ulrich von Boskowicz zu Zymburg ab, der sich auf was immer für eine Weise in den Besitz derselben setzen könnte; allein dieser gelangte nie dazu. Es war am Beginn des Jahres 1476, daß sich der Erzbischof Johann Beckenschläger von Gran von seinem König in seinem Ehrgeize gekränkt fühlte. Er besaß großen Reichthum und kostbare Sachen. Er und der Kaiser Friedrich verhandelten

— 19 — über die Flucht aus Ungarn. Ihm erschloß der Kaiser die bestimmte Aussicht auf den Erzbischofstuhl Salzburgs. Der zur Täuschung des ungarischen Königs voni Kaiser aus Neustadt am 29. Februar 1476 zugesandte Geleitsbrief, angeblich nach dem Wallfahrtsorte Aachen, erscheint für den Primas und dessen Gefolge von 60 Nossen ausgestellt. Drittelst dieses Briefes floh Beckenschläger im März oder noch später zum Kaiser. Dieser bedurfte dringlichst des Schatzmannes. Als am 5. Jänner 1477 der Herzog Carl der Kühne von Burgund fiel, war seine Erbtochter Marie schon längst die Braut des einzigen und herrlichen Kaisersohnes, des Erzherzogs Maximilian von Österreich, des späteren Kaisers Maximilian T. Jetzt aber wollte sie der französische König Ludwig XI. zwingen, seinen Sohn, den Dauphin, zu heiraten, und benahm sich auf das Schändlichste gegen sie. Deßhalb schrieb Maria am 26. März 1477 dem Erzherzoge nach Wien und lud ihn ein, sobald als möglich zu ihr zu kommen. Zumeist wegen äußersten Geldmangels kamen jedoch nur Gesandte des Kaisers zu ihr, welchen sie freudig entgegenritt. Am 20. April stellten sie von Brügge aus dem Kaiser brieflich dringend die Nothwendigkeit vor, Maximilians Reise zu beschleunigen, und Tags darauf wurde die Trauung Mariens in Procuration, d. i. in Abwesenheit Maximilians, mit dein Pfalzgrafen Ludwig von Veldenz, dem Führer der Gesandtschaft, in Gent vollzogen. Trotzdem unterhandelte Ludwig XL wegen der Verehelichung des Dauphins mit Diarien bis zu dem Sommer und besetzte fort und fort Städte Mariens. Aiax sollte also in die Niederlande gehen, um seine Ge- rnalin zu vertheidigen. In Österreich hatte aber nur der Erzbischof von Oiran Geld, und der wollte es den: Kaiser nur gegen ei» Pfand hergeben. Da konnte der Kaiser von Glück reden, dag er noch wenige landesfürstliche unverpsändete Besitzungen entdecken konnte, worunter sich Schloß, Stadt und Herrschaft ^teyr befanden. Um Maximilian das Nothdürstigste zu seiner Reise zu geben, ivurde Stepp denr Erzbischöfe vor dem Juli 1477 iiii' o7.000 Ducaten überlassen, aus so lange, bis er Erzbischof 2*

20 von Salzburg werde, was 1490 eintrat; Anderes kostete dem Erzbischöfe andere Summen. Endlich brach Maximilian zu Anfang Juli 1477 von Wien auf; zu Köln schon, welches er am 31. Juli verließ, sollen ihm die burgundischen Gesandten Geld vorgestreckt haben. Zu Gent wurde er am 18. August von Marien empfangen und sahen sie sich 511111 ersten Male; am 19. begab er sich in die Hofcapelle zur Trauung. Der erwähnte Krieg gegen Frankreich dauerte fort, endete aber im Ganzen glücklich für Maximilian. Österreich war jetzt eine Großmacht. Ein neuer habsburgischer Westen war zum alten Osten gekommen. Diese Erwerbung würde, wenn von Frankreich gemacht, den Bestand des deutschen Reiches im höchsten Grade gefährdet haben. Das Haus Habsburg konnte jetzt für Spanier^ ein mächtiger Bundesgenosse gegen Frankreich sein, was sich bald geltend machte. Die Stadt Steyr also spielt in diesem weltgeschichtlichen Vorfälle auch mit, freilich sonderbar. 21U5' verschiedenen Ursachen bekriegte der ungarische König Mathias den Kaiser und nahm ihm Wien und Niederösterreich im Jahre 1485 weg. Die Ungarn drangen gegen Steyr vor, bauten bei Ernsthofen die Tettauerschanze und blieben dort verwüstend mehrere Jahre, während der Erzherzog Maximilian von seinen Bürgern zu Brügge vom 1. Februar bis zum 17. Mai 1488 gefangen gehalten wurde. König Mathias starb am 6. April 1490, und jetzt erst verjagte Maximilian die Ungarn aus Niederösterreich im August u. s. w. Die Tettauerschanze wurde nach fünfwöchentlicher Belagerung gar erst am 10. October 1490 zur Übergabe gezwungen. Endlich wurde Maximilian 1493 nach dem Tode seines Vaters Kaiser. Unter ihm erscheint im Jahre 1500 der erste Bürgermeister von Steyr. Der Magistrat Steyrs bestand nun aus dem Bürgermeister, dem Stadtrichter und dem Rache; dieselben wurden von den Bürgern aus ihrer Gemeinde selbst erwählt. Der Richter hatte jetzt nur mehr die (städtische) Gerichtsbarkeit auszuüben. Die Herrschaft Steyr gehörte nicht zu Nieder- oder Oberösterreich; denn noch 1379 wird von den drei unabhängigen Ge-

21 richten in Österreich Meldung gemacht: von dem Hofgerichte zn Wien, der Hauptmannschast (wenn der Landeshauptmann zugleich j auch Landrichter — Blutrichter — war) ob der Enns und dem Pfleggerichte zu Steyr, wie es der Burggraf besitzt. Schon, im Jahre vorher batten die Bürger das Privilegium erhalten, daß der Stadtrichter erste (die niedrigste) Instanz der Bürger in' Rechtssachen sein müsse, d. h. der Burggraf hatte ihn nichts gelten lassen wollen. Erst zwischen 1439 und 1457 hörte die richterliche Gewalt der Burggrafen über die Stadt gänzlich auf, und die Stadt war, wenigstens in Friedenszeiten, unabhängig von den Burggrafen. Sie scheinen jedoch die Blutgerichtsbarkeit noch jetzt geübt zu haben; oder hatte auch in Steyr der Waldbote (Waltbote, Gewaltbote), d. i. der Bannrichter — der Blutrichter — ob der Enns die Gewalt über Leben und Tod? Ich bin für das Erstere, da Steyr den Blutbann erst 1523 erhielt, d. i. viel später als Wels (1422), Gmunden, Linz und Vöcklabruck (1465), wenn die Angaben Dr. Luschin's richtig sind (Geschichte des älteren Gerichtswesens in Österreich ob und unter der Enns). Auch die Oberverwaltung der Stadt hatte der hiesige Burggraf als Beamter des Herzogs gehabt, vielleicht bis etwa 1488, so daß Steyr auch vom Landeshauptmann Oberösterreichs unabhängig gewesen war. In der Gerichtsbarkeit, wie in der Verwaltung hatte die höchste Entscheidung der Landesfürst selbst, an den von dem Burggrafen unmittelbar appellirt wurde. Der Landesfürst war manchmal für alle seine Lande repräsentirt durch einen Stellvertreter, einen Statthalter, welch letzteres Wort nicht im heutigen Sinne verstanden werden darf. Als also etwa um 1450 die Stadt Steyr von der Herrschaft losgetrennt war, nahm die Stelle des Burggrafen der Magistrat ein. Um 1450 beginnt auch die Landstandschaft der landesfürstlichen Städte Steyr, Linz, Wels, Enns, Freistadt, Gmunden und Vöcklabruck. Steyr blieb eine landesfürstliche Kammergutsstadt. Die alte, riesig große Herrschaft Steyr, welche als ein landesherrliches Fürstenthum behandelt worden war, war durch die großen Schenkungen an Garsten und durch Ausscheiden der Stadt zu einer gewöhnlichen Herrschaft mit bäuer

22 lief)vii Untertanen herabgefunken, zn einer Herrschaft, welche immerhin eine stannenswerthe Ansdehnnng zeigte. Im Jahre 1532 wurde der seit 1488 wahrende Streit entschieden, ob die Stadt Steyr in bürgerlichen Sachen (in Verwaltnngssachen) der Landeshauptmannschast unterworfen fei. König Ferdinand entschied nun, daß der Bürgermeister, Rath .oder Stadtrichter nicht vor dem (hohen) Landesfürsten, sondern vor dem (zudringlichen, minder hohen) Landeshauptmanne erscheinen müssen, wenn ein Auswärtiger gegen diese eine Beschwerde hätte, oder wenn sie in Gemeindesachen geklagt werden. Wenn Jemand gegen die Stadt in Rechten verfahren will, so soll dieses vor der niederösterreichischen Regierung geschehen, und dort der Streit entschieden werben. Dessen ungeachtet gab es in dieser Hinsicht noch durch ein Jahrhundert viele Streitigkeiten, da der Magistrat sich dieser Entscheidung nicht fügen, und der Landeshauptmann sich auch in die innere Gerichtsbarkeit der Stadt einmischen wollte. Martin Luther war Klostergeistlicher, wie jetzt unsere • Jesuiten, wurde 1507 römisch - katholischer Priester, 1508 auf die Universität zn Wittenberg als Professor berufen, wo er die Philosophie lehrte. Er besaß viele Kenntnisse, Geist und Kraft, aber auch eine Heftigkeit und Unbengsamkeit, die ihn immer weiter und weiter sortriß. Bald darauf war erin Rom, wo er (damals!) nicht, viel Erbauliches gesehen haben kann und daher verbittert wurde. Seitdem er 1512 Doctor der Theologie geworden war, griff er Behauptungen des Bonaventura und des Thomas von Aguino, längst todter Berühmtheiten an. Er trat dann gegen den Ablaßverkauf und die unkirchliche Lehre Tezels auf und schlug, fast 34 Jahre alt, öffentlichgegen ihn nach damaliger Sitte 95 Fragen an, am 31. Oktober 1517. In kürzester Zeit war Luther der älteste Protestant, und Herr der Situation. Entgegen dem Mittelalter war in Folge der Errichtung von Universitäten durch die classische Bildung größere Freiheit und Umsicht int Denken über die verschiedensten Gegenstände entstanden. Die Universitäten bildeten Weltmenschen auch zu Kennern

23 be6 römischen Rechts, welches die deutschen, weltlichen und geistlichen Fürsten in ihren Ländern zum Theil schon von 1450 " an durch diese gelehrten Beamten ausüben ließen. Die Bauern Deutschlands (und wol auch die Bürger) wehrten sich gegen das mit deni Jus aufgekommene „Schinden und Schaben" seitens der Fürsten und seitens der geistlichen und weltlichen Grundherrn, vor Allem gegen eine knechtische Leibeigenschaft, welche mn 1450 unter der Herrschaft des germanischen Rechtes fast nirgendwo in Deutschland mehr vorhanden gewesen und nun durch das Recht des römischen Sclavenstaates tvieder eingesührt zu werden drohte. Bon da her der Zorn und Aufruhr der Bauern auch gegen die (Curat- und Regular-) Geistlichkeit, und nicht erst durch Luthers Schriften; sie wußten, daß fa|t ein Drittel des gesammten Grundeigenthums sich in den Händen der privilegirten deutschen Kirche befand. In manchen Städten besaßen die kirchlichen Stiftungen den größten Theil der Stadtflur. Tie angeführte Handhabung des römischen Rechtes und die kirchlichen Zustände, welche kurz angedeutet werden sollen, zwangen die Gemüther zur Abneigung vor der Geistlichkeit und auch vor der entstellten Religion. Die Abneigung führte zum Abfalle, so daß um 1560 im Lande ob der Enns kaum mehr der 20. Theil der Einwohner katholisch war. Todte Formeln, oft unverstandene oder mißverstandene Sätze der Religion, äußere Werkheiligkeit ohne Geist, ohne Kraft und ohne Liebe, Sittenlosigkeit bei Laien und Priestern, Mangel an tauglichem Unterrichte, alle diese Übel herrschten damals; denn eine große Anzahl von Kirchen lag verbrannt und öde, war ohne Seelsorger; die Jugend wuchs auf ohne religiöse Belehrung, sah nichts als Eigennutz, Verrath, Unterdrückung, Raub und Gewalt, Aberglauben und eben so lächerliche als das Heilige entweihende Gebräuche. Dazu kamen oft noch Stolerpressungen (Erpressungen für die Stola, für geistliche Amtsverrichtnngen), Willkür und Mißbräuche verschiedener Art. Man hatte zwar oft genug nach Verbesserung im Haupte (im Pappe) und in den Gliedern gerufen, die weltlichen Fürsten hatten sich viele Mühe gegeben; die Concilien selbst

24 sahen es ein und bekannten die Nothwendigkeit einer Änderung; allein es geschah nichts oder sehr wenig! Weit berühmt war schon Doctor Martin Luther unter den Deutschen; man bewunderte seinen Muth, mit dein er öffentlich auftrat, da ihm ja gräßliche Martern und Verbrennen bei lebendigem Leibe bevorstanden. Manchen Weltpriestern, Mönchen und Nonnen behagte die Aufhebung des Cölibates und der klösterlichen Gelübde. Die Prediger des Lutherthumes trugen die Lehren aus den heiligen Schriften vor, von denen das Volk früher nichts gehört, welche selbst nur wenige Priester kannten oder studirten. Da bald anfangs Gelehrte und Priester den neuen Lehren huldigten, so war es dem Volke noch viel weniger zu verargen. Besonders zahlreich wurden die Anhänger der lutherischen Lehren unter den Adeligen, welche in Folge ihrer Anzahl den Bann und das Jnterdict nicht mehr scheuen durften, und Hoffnung hatten, viele Güter der Geistlichen und der Klöster an sich zu bringen, was später auch sehr häufig geschah. In unserer Flußstadt, wie ja Steyrstadt auf Deutsch heißt, in unserer Eisenstadt! verbreiteten sich die lutherischen Lehren schon von 1525 an. Hier wurden 1528 auch 12 hartnäckige Wiedertäufer enthauptet, und die Leichen verbrannt. Im nächsten Jahre belagerten die Türken Wien, worauf sie 1532 Stadelkirchen, Dietach, Gleink und Wolfern plünderten. Immer mehr und mehr hatte in Steyr der Protestantismus zugenommen, als er 1545 vom bald beweibten Pfarrer Wolfgang Waldner, einem Garstner Benedictiner, und zwar öffentlich gepredigt wurde. Er blieb hier die herrschende Religion bis 1621. Die Dominikaner mußten schon um 1543 ganz von Steyr wegziehen, nachdem sie seit 1472 im eigenen Kloster sammt Kirche gehaust hatten. In dieses Kloster wurde 1559 das evangelische Gymnasium verlegt, welches um 1550 errichtet worden war, also gleichzeitig mit dem katholischen Kremsmünsterer. Jetzt konnten Bürgerssöhne von Steyr auf den protestantischen Universitäten zu Wittenberg und Leipzig studiren, da die Wiener Universität 1552 unter die Aufsicht des gelehrten Jesuiten Canisius gestellt worden war. Im

25 Jahre 1567 wurde in Steyr auch eine protestantische deutsche Bürgerschule, die älteste in Oberösterreich, errichtet,! und ein berühmter Rechenmeister von Freiberg in Sachsen ausgenommen. Als 1564 der Kaiser Ferdinand I. starb, theilte sich das Haus Habsburg — Oesterreich wieder in Linien. Der Kaiser Marimiliar! 11. bewilligte am 18. December 1568 den landesfürstlichen Städten, also auch Steyr, die freie Ausübung des protestantischen (Gottesdienstes. Dabei wuchs die Stadt stets. Die Vorstadt Wieserfeld wurde von 1543 — 1565 erbaut, größtenteils von Messerern. In Österreich war Steyr noch irnmer die erste Stadt nach Wierr. Zum feierlichen Empfange des Kaisers stellte nach Enns im Jahre 1578 die Stadt Steyr 360, die Landeshauptstadt Linz 150, Wels 120, Enns 110, Freistadt 90, Gmunden 53, Vöcklabruck 22 Mann. Jur katholischen Garsten sah es damals auch heiter aus. - Anton Prundorfer und mehrere andere Mitglieder des Klosters Garsten waren verehelicht. Der Erstere soll bei der Wahl seiner Person zum Abte öffentlich erklärt haben, er wolle sein Weib nienrals verlassen. 1568 wurde dieser Anton vom Kaiser seiner Würde als Abt förmlich entsetzt. Vom Kaiser wurde nun der Abt von Gleink, Georg II. (Lachmayr), nach Garsten gesetzt; aber auch er wurde 1574 abgesetzt, weil er sich heimlich in den heiligen Ehestand soll begeben haben. Schon 1541 waren Gesetze gegen den Protestantismus erlassen worden, jetzt wurden in den Jahren 1585 und 1586 Versuche gemacht, ihn zu unterdrücken. Deßwegen brach 1588 in der Gegend um Steyr eine Rebellion aus, weil die Leute glaubten, nur im Protestantismus selig werden zu können. Aus der Rebellion wurde der erste oberösterreichische Bauernkrieg, welcher von 1594 bis 1597 währte, und in dem die Stadt Steyr durch die Bauern belagert wurde. Endlich wurde die Pfarrkirche 1599 zwangsweise katholisch neu consecrirt, und der katholische Gottesdienst eingeführt; die jetzige katholische Geistlichkeit verdiente alle Achtung. Leider wurde aber das (protestantische) Gymnasium aufgehoben , worauf 1602 aus Steyr mehrere reiche Bürger nach Regensburg auswanderten.

26 Ein Unglück wurde nun ein Glück für die Protestanten. Es brach nämlich ein Streit zwischen dem Kaiser Rudolf und seinem Bruder Mathias aus, welchem der Kaiser 1608 Mähren, Ungarn und Österreich unter und ob der Enns abtreten mußte. Auf Grund des Bruderzwistes wurde in Steyr der protestantische Gottesdienst wieder öffentlich eingeführt, das Gymnasium neuerdings errichtet, 1608 am 31. August. Im Jahre 1616 waren in Steyr nur mehr 18 katholische Bürger, welche sich auf 16 verringerten. Gleichwol mußten dem Abte Garstens von dem Magistrale die Schlüssel zu der Bruderhaus- und der Spitalkirche übergeben werden, und ivurde ein Kapuzinerkloster errichtet. Jetzt kam im Jahre 1619 Kaiser Ferdinand II. zur Regierung, welcher der denkbar größte Katholikenfreund ivar und einen festen Eha- rakter besaß. In Prag ivar im vorigen Jahre wegen Zurücksetzung der Protestanten eine Rebellion ausgebrochen, welche der Anfang des schrecklichen 30jährigen Krieges war. Um einen Bundesgenossen zu gewinnen, verpfändete Ferdinand l(fl9 dem gleichgesinnten Herzoge Maximilian von Baiern dar Land ob der Enns.; dessen Truppen zogen am 17. August 1620 zu Steyr ein. Die Baiern blieben hier die Herren bis 5. Mai 1628. Dieser Zeitraum ist der grausamste, woraus der schrecklichste kam. Am 12. Oktober 1624 wurden von Commissären in Steyr die lutherischen Kirchen gesperrt, und wurde in ihrer Gegenwart das Decret verlesen, daß alle protestantischen Prediger und Schullehrer binnen acht Tagen das Land verlassen sollen; wenn nach dieser Zeit noch Einer im Lande angetroffen würde, so soll er an Leib und Leben gestraft werden. Sie wurden auch wirklich vertrieben. — Am 10. November mußte die ehemalige Dominikanerkirche den Mönchen übergeben werden. Tie Protestanten zogen gewöhnlich zu ihrem Gottesdienste nach Dorf an der Enns, welches einem Adeligen gehörte, hinab. Viele vermögliche Bürger Steyrs zogen aber aus dieser baierischen Stadt nach der Reichsstadt Regensburg, oder -nach Ungarn und Niederösterreich, wo die katholische Reformation nicht so scharf vollführt wurde. Hierauf wurde allen Bürgern befohlen, in die (katholische) Pfarrkirche zu gehen, u. s. w.

27 Von Commissären wurde im Jänner 1625 zu Gunsten bei- 16 katholischen Bürger, meistentheils unvermöglicher Handwerker, der Magistrat geändert; aus Mangel an Katholiken mußten jedoch auch Protestanten zu Rächen ernannt werden. Ein Patent vom 10. October 1625 befahl: Bis Ostern, d. i. bis zum 8. April 1626, sollten sich alle Bürger zum katholischen Glauben bekehren, oder auswanderu, u. s. w. Im Falle der Auswanderung müssen 10 Pfennige Nachsteuer, und der Herrschaft muß (von nur einigen ihr unterthänigen Bürgern?) das gewöhnliche Freigeld (! Römisches Recht.) bezahlt werden. Denjenigen Bürgern, welche am 8. April 1626 noch nicht katholisch ' werden wollten, wurden Soldaten in das Quartier gelegt, 10, 20 Mann, ja in die Häuser der Reicheren auch 100 Mann. Plötzlich wurde dieser Bekehrungsweise Einhalt gethan. Der Haß gegen die katholische baierische, ungerechte Regierung, und vorzüglich gegen den Statthalter H erb erst orf, j der Zwang, die protestantische Religion zu verlassen, oder auszuwandern, war nämlich- Veranlassung zum zweiten Bauernkrieg in Oberösterreich geworden. Dieser Krieg begann am 18. Mai 1626 unter der Führung des siegreichen Bauern Stefan Fadinger. Schon am 29. beschloß der Magistrat Steyrs die freiwillige Übergabe der Stadt an diesen, und am 31. wurden von den Bauern Garsten und Gleink geplündert. Hierauf präsidirte am i. Juni Fadinger zu Steyr in der Rathsversammlung. Und als später dieser an einer Wunde am 5. Juli gestorben war, kam der Anführer Achaz Wiellinger am 29. nach Steyr, wo die Ballern im Anfänge uild in der Hütte des August die Katholiken gransanr plünderten. Endlich erhielt der kaiserliche Oberst Löbel ain 22. August im Interesse Baierns die Stadt Steyr, und der Anfang des Decembers 1626 sah das Ende des zweiten oberösterreichischen Bauernkriegs, während der 30 jährige Krieg seinen Fortgang nahm. Jetzt wurde die Protestanten-Bekehrung fortgesetzt. Anr 15. Jänner und am 8. Mai 1627 wurde besohlen, daß alle Bürger, die nicht katholisch werden wollen, am 9. Juni das Land verlassen müssen. Viele wurden nun katholisch, aber viele

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