Stadt Steyr und der Weltkurort Bad Hall

Wiederaufbauarbeit. Von Karl Honay, Sekretär des Dcntschösterreichischen Städtebundes. Österreichs Kommunalverwaltungen haben seit Jahren mit schweren Sorgen zu ringen. Die Eigenart der Wirtschaft des kleinen Landes, das fast aller natürlichen Hilfsquellen durch den Friedensvertrag beraubt wurde, wirkt vor allein auf die Städte sehr nachteilig. Seit der Stabili­ sierung der Währung leidet die Republik unter einer latenten Wirtschaftskrise, die sich am deut­ lichsten in den Stndthanshaltcn fühlbar macht. Die Verwalter der österreichischen Gemeinden stehen vielfach vor schweren, kaum zu bewältigen­ den Problemen. Neue Aufgaben verlangen gebieterisch eine Lösung, die aber vielen Städten durch die schwere Finanzkrise unmöglich gemacht wird. Es gibt einige Städte in Österreich, die unter besonders ungünstigen Verhältnissen leiden. Für sie wird die unbedingt zu leistende Arbeit des Wiederaufbaues zu einem brennenden Problem, mit dem sich die Stadtvcrwaltcr seit Jahren beschäftigen, ohne eine befriedigende Lösung zu finden. Zu diesen Städten gehört vor allem Steyr in Oberösterreich. Eine Stadt, deren prächtige Lage allein schon auf jeden Besucher einen bezaubernden Reiz ausübt. Im Nahmen der öster­ reichischen Städte nimmt Steyr eine ganz eigenartige Stellung ein. In den meisten Städten ruht die Wirtschaft auf den Pfeilern vieler Industrie-, Gewerbe- und Handelsunternehmungen. Aufstieg und Stillstand gleichen sich vielfach ans. Der Krise in dem einen Industriezweig steht gegenüber die Konjunktur in anderen Betrieben, die in der Stadt bestehen. Es vollzieht sich mit einer gewissen natürlichen Folgerichtigkeit ein Ausgleich. Die Gemeindeverwaltung verliert an der stillstehenden oder schlechtgehenden Industrie Steuern und Abgaben, aber die anderen Betriebs- gruppen behalten ihre Steuerkraft. Bei Steyr bietet sich dem Kommunalpolitiker ein völlig anderes Bild! Das ganze wirt­ schaftliche Leben dieser Stadt mit ihren rund zweinndzwanzigtauscnd Einwohnern ist auf Gedeih und Verderb verknüpft mit einem einzigen Unternehmen: der früheren Waffenfabrik, die seit dem Kriegsende Kraftfahrzeuge erzeugt! Was Steyr sonst noch an Unternehmen aufweist, ist völlig bedeutungslos. Diese Stadt war seit jeher in allen ihren Entwicklungsphasen mit diesem Industrieunter­ nehmen verknüpft. Überall stößt der Forscher auf die Spuren dieses Einflusses, so daß ohne Übertreibung gesagt werden kann: Dieses Unternehmen hat der Stadt seit Jahrzehnten seinen Stempel aufgedrückt. Diese Fabrik, im Kriege zum Mammutbetrieb geworden, brach nach dem Kriege fast zu­ sammen. Es erfolgte dann die llmstellung auf die Erzeugung von Automobilen, die dank der Tüchtigkeit der heimischen Arbeit, bald Weltruf erlangten. Aber jede Krise in diesem Industrie­ zweig ist zugleich auch eine Krise für die Finanzen der Stadtgemeinde. Zweifach trifft jeder schlechte Geschäftsgang dieses Betriebes die Stadt. Sie bekommt von der einzigen Industrie, die in ihren Mauern lebt, weniger Steuern, muß aber mehr an brotlos gewordene Arbeiter­ familien leisten. 2

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