Stadt Steyr und der Weltkurort Bad Hall

Die Entwicklung des Steyrer Gewerbes und Handels. 75 Trotz Religionsstreitigkeiten tut 16. Jahrhundert gedieh Handel und Gewerbe weiter. Der Raum in Steyrdorf, wo die Hausindustric der Messerer in hoher Blüte stand, wurde bald zu klein, so daß außerhalb der Stadttore die heute längst zum Stadtgebiete gehörige Ortschaft Wieser- fcld entstand, welche größtenteils von Messerern und anderen Fetterarbeitern bewohnt war. Die Messerer, die nicht nur Messer in unserem heutigen Sinne erzeug­ ten, sondern Klingen aller Art, die Klingen- und Nagelschmicdc und wie sie alle heißen, arbeiteten teils mit, teils ohne Gesellen, doch hatte fast jeder einige Mägde zur Arbeit bestellt, was als eine Eigentümlichkeit bezeichnet werden muß. Sie waren zu Zünften zusammengeschlossen und diese wiederum zu großen Zunftvcrbindnngcn, welch letztere hauptsächlich die Regelung des Dienstverhältnisses zwischen Meister und Gesellen bezweckten. Im Jahre 1577 wurden langwierige Arbeiten, welche die bessere Schiff­ barmachung der Enns bezweckten, beendigt. Hand in Hand damit ging die Erbauung des noch teilweise bestehenden Schiff- oder Trcppelwcgcs durch den Tiroler Zimmcrmann Hanns Gasteiger, wodurch auch nunmehr die Beför­ derung von Lebensmitteln, insbesondere von Getreide flußaufwärts ermög­ licht wurde. Hinsichtlich der Organisation des Eiscnhandels gingen im Verlaufe der Jahrhunderte ziemliche Änderungen vor sich, die hier nur angedeutet wer­ den können. Charakteristisch dafür ist die Erscheinung, daß seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Stadt Schritt für Schritt immer mehr Funk­ tionen der Bergwcrksvcrwaltung für sich in Anspruch nimmt. 1570 wurde das sogenannte Zwangssystem der Widmungsbezirke eingeführt, das 1583 in die Eiscnhandelskvmpagnie über­ ging, die nach langwierigen Verhandlungen und hartem Widerstände des Rates der Stadt, der sich 51111 t größten Teile aus Eiscnhändlern zusammensetzte, zustande kam. Die Eisenhaudelskompagnie war eine Bereinigung der Bürger zum Zwecke des Eisenverlages und stand unter Garantie der Stadt. Fast gleichzeitig bildete sich eine Vereinigung der Messerhändlcr und etwas später entstand eine Gesellschaft der Rohr- und Büchscnhändlcr zum Betriebe der Fenerwaffenfabrikation. Diese Eiscnhnndclskompagnie hatte aber keine lange Lebensdauer. Sie ging im Jahre 1625 in die Jnncrbcrgerhauptgcwerkschaft der Stahl- und Eisenhandlung in Österreich und Steierinark über, welche von Josef II. erst int Jahre 1782 aufgehoben wurde. Die Wirren, in die Oberösterreich durch den Dreißigjährigen Krieg, den Widerstand der protestantischen Stünde und der Bürger von Steyr gegen die mit Hochdruck arbeitende Gegen­ reformation geriet, führten den vollständigen Zusammenbruch des gesamten Eiscnwesens herbei. Der Dreißigjährige Krieg vernichtete den Wohlstand der Stadt und ihre blühende Industrie fast gänzlich, so daß z. B. im Jahre 1652 von 402 Häusern 70 eingestürzt, 141 öde und leer standen und die Eigentümer der übrigen zu Bettlern gemacht waren. Schwere Steuern, häufige Einquartierungen fremder Truppen usw. belasteten die Stadt immer mehr. Der Handel stockte gänzlich; Feuerbrünstc, Hunger und Pest und insbcsondcrs die durch die Gegenreformation 1627 hervorgerufene Auswanderung der reichsten protestantischen Bürger, insbcsondcrs der Messerer, schlug der Stadt schwere Wunden. Die angesehensten Messerer wanderten in protestantische Städte des Deutschen Reiches aus und es sei hier ausdrücklich bemerkt, daß die berühmt gewordene Solinger Messerindustrie ihrem Ursprünge nach von Steyrer Messerern 10* Hervergsschild (Museum). 4

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