Stadt Steyr und der Weltkurort Bad Hall

74 Steyr. auch ähnliche landesfürstliche Rechte hinsichtlich des Berkehrcs mit anderen Gütern zu sichern wußten, z. B. Vorkaufsrecht und Maulfreihcit für Brenn- und Bauholz. Es entwickelte sich also bald eine allerorts angesehene, in Österreich einzig dastehende Eisen- und besonders Messer­ industrie, die nicht nur den Bedarf im Inland deckte, sondern auch Produktivnsüberschüsse an das Ausland abgeben konnte. Zur Glanzzeit des Steyrer Handels wurde nicht nur in die Nachbar­ länder, sondern auch bis ins nördliche Deutschland, in die Niederlande, nach Polen, Ungarn, Benezien und die Türkei geliefert. Zum Eisenhandel war damals jeder hausbesitzcndc Bürger berechtigt. Viele davon dürften sich ständig sogar damit beschäftigt haben nnd sic waren es auch, die den größten Teil der Berg­ werks- und Hammerbetriebe im Ennstal finanzierten. Der gewerbliche Aufschwung, die Erzeugung von Eisenwaren, besonders Messern, wurde in Steyr auch durch die leicht mögliche Nutzbarmachung des Wassers für Kraftzwcckc sehr gefördert. Es kommt hier vor allem der Steyrfluß vor der Mündung in die Enns in Betracht, der vielfach verzweigt ist und ein nicht unbedeutendes Gefälle besitzt. Die alten Messerschmiede trieben hier ihre Hämmer mit Wasserrädern an; und trotz der Einfachheit dieser Kraftanlagen fanden sich für Einzelheiten Lösungen, die von guter Beobachtungs­ gabe und richtigem Erkennen zeigen. Frühzeitig wurden auch hier bereits Wasscrgenvssenschaften gegründet, deren Aufgabe es ist, die dem einzelnen Uferbesitzcr zustehenden Nutzungsrechte und Er­ haltungspflichten zu regeln und den zweckentsprechenden Ausbau der Anlagen zu fördern. Die Steyrer Bürger erkämpften sich in der Folge sogar ein ausschließliches Einkaufsrecht für das Eisen, das von Jnncrbcrg (dem heutigen Eisenerz) nordwärts die Enns hinab geführt wurde und das Privileg, ans der kürzesten Straße über den Pyhrnpaß, Rottenmann, St. Veit, Villach, Görz und Aquilea die Waren nach dem Stapelplatze Venedig zu bringen, wo die Steyrer Kaufleute im Palaste Fondaco dci Tcdcschi am Canale Grande ihre Hauptniedcrlage besaßen. Ein ähnlicher Stapelplatz befand sich auch in Regcnsburg. Hand in Hand mit dein zunehmenden Gcwcrbeflciß und somit der Wohlhabenheit der Be­ wohner steht auch der Anspruch auf eine bessere Lebenshaltung, welcher wiederum eine große Anzahl blühender Erwerbszweige ihr Dasein verdankten. Dabei förderte der lebhafte Handelsverkehr und die Berührung mit großen Kunststädten, wie Venedig und auch Nürnberg, die Geschmack- bildung heimischer Meister sehr günstig. Die Steyrer Kaufleute, gern gesehene Gäste im Auslande, brachten auch Seiden und Wollstoffe, Keramiken, Geschmeide u. a. in ihre Heimat als Gcgcu- fracht an Stelle der Eisenwaren nnd Messer mit, nicht zu vergessen auf den Wein, bezüglich dessen Ausschank sich die Steyrer Bürger auch ein Privileg zu sichern wußten. Selbst in kriegerischen Zeiten und in Jahren des Hungers und der Seuchen vermochte sich Steyr zu vergrößern und erhielt sich sein blühendes Gewerbe und seinen Handel. Die Wichtigkeit der Stadt für die Kultur des Landes, die Sicherheit der Person, die dort gewährleistet wurde, und der Reichtum der Bürger sicherten ihr überall Förderung und Unterstützung Die Laudcs- fürsten borgten in guten und schlechten Zeiten Geld von der Stadt und diese erhielt wieder Pri­ vilegien von den Fürsten. Nur in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts traten infolge der Kriege mit Böhmen und Ungarn und des damit verbundenen Steuerdruckes Stockungen im Ver­ kehr und eine bedeutende Absatzkrise ein. Die Not wurde zeitweise so groß, daß altangcschene Bürger bei der Obrigkeit um die Erlaubnis zur Auswanderung ansuchten. Die Zeit der Regierung Kaiser Maximilians 1. brachte wieder den alten Wohlstand zurück. In diese Zeit fällt die Wahl des ersten freigewählten Bürgermeisters auf Grund eines im Jahre 1490 ausgestellten Privilegiums.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2