Stadt Steyr und der Weltkurort Bad Hall

Die Entwicklung des Steyrer Gewerbes und Handels. Von Verwaltungsdirektor Dr. Richard Sceger (Villach). Die Anfänge gewerblicher Tätigkeit liegen in Oberösterreich, besonders in Steyr, sehr weit zurück. Hier oder doch in der Umgebung der heutigen Stadt hat sich schon zur Zeit der Römer eine beachtenswerte Eisenindustrie entwickelt. Ovid und Horaz rühmen das norische Eisen und der Römer Petronius Arbiter spricht mit Hochachtung von den aus norischem Eisen gefertigten Messern. Es ist ganz sicher, daß wir cs in diesen Fällen mit Produkten vom steiermärkischen Erzberg*) zu tun haben, die in den ersten Jahrhunderten des Mittelalters, sodann fast ausschließ­ lich int Ennstal, besonders in Steyr zur Verarbeitung kamen. Schon vom fünften nachchristlichen Jahrhundert an besitzen ivir eine ununterbrochene Reihe von Zeugnissen über die Bearbeitung des Eisens bis zum heutigen Tage. Diese frühzeitige Entwicklung der Eisenindustrie dankt Steyr seiner günstigen geographischen Vage mit Verein des Enns- und Steyrflusscs, an der Stelle, wo sich die Täler verbreitern und Raum für eine Siedlung geben. Hier, an der Wasserstraße Erzberg—Donau, dem einzigen Ver­ bindungswege dieser Eisenquelle nach dem Norden, mußte sich zwangsläufig ein Mittelpunkt der Eisenverarbeitung und des Handels überhaupt entwickeln Die Donau als Hauptverkehrsader Öster­ reichs aber mußte erreicht werden, wollte man überhaupt einen nennenswerten Absatz des Eisens erzielen. Den ersten wirtschaftlichen Aufschwung nahm Steyr dann als Ding- und Residenzstadt der steyrischcn Ottokare aus dem Hause Traungau, und zwar im 11 . und 12. Jahrhundert. Der Geschichtsschreiber Lazius bezeichnet den Ort schon als „bedeutenden Handelsplatz" und Kaspar Bruschius spricht vom „mächtigen Steyr". Von weiterer Bedeutung war es für die alte Eisenstadt, als ihr der habsburgischc Herzog Albrecht I. am 23. August 1287 das sogenannte „große Privilegium" gewährte. Die bezügliche Urkunde ist erhalten und befindet sich als ältestes Originaldokument im hiesigen Stadtarchiv. Dieses Privilegium besagt, daß alles Eisen, welches zur Stadt geführt werde, hier durch drei Tage den Bürgern zum Verkauf um einen billigen Preis feilgeboten werden müsse, den zwei achtbare Männer der Stadt zu bestimmen hätten. Erst dann dürfe der Ver­ käufer mit seinem Eisen weiterziehen. Außerdem bewilligte Albrecht I. Herbergsschild (Museum), den Steyrern Mautfreiheit und andere Vorrechte. Diese Rechte setzten die Stadt in den Besitz beliebig großer Mengen von Eisen und Stahl, die hier verarbeitet werden konnten. Dies umso leichter, als sich die mächtigen Bürger späterhin *) Der Erzberg, früher die „ehsenwurczel" genannt, liegt 47° 31' nördlicher Breite und 32° 29' östlicher Länge und hat eine Höhe von 1538 m über der Adria. Das Erzlager (hauptsächlich Spateisenstein) setzt westlich schon am Fuße des Berges ein und liegt größtenteils offen zu Tage, weshalb die Gewinnung wenig Schwierigkeiten verursacht. 10

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