Stadt Steyr und der Weltkurort Bad Hall

56 Steyr. unter den zwölf Meistern fünf Messerer und zwei Schleifer vertreten waren. Von den Gründern des Meistersanges in Steyr ist uns nur Scverinus Kricgsaucr bekannt. Der bedeutendste Meistersinger in Steyr war Peter Heibcrger, der zwei größere Liedersammlungcn schrieb (gegen­ wärtig in Wien beziehungsweise München). Die Meistersinger von Steyr hatten mit anderen sangeskundigen Städten lebhaften Verkehr gepflogen, berühmte Meistersinger kehrten hier ein und cs ist anzunehmen, daß auch Hans Sachs, der als 19jähriger Jüngling in Wels weilte, nach Steyr kam. Der Ort, wo sich die Meistersinger versammelten, ist bis jetzt nicht nachgewiesen, aber nach dem Beispiele der Singschulcn im Reiche dürfte die Spital- oder Bruderhauskirche der Versammlungsort für feierliche Singschuleu gewesen sein. Nach dein Jahre 1615 versiegt jede weitere Nachricht über die Tätigkeit der Steyrer Meistersinger. Bedeutende Steyrer in dichterischer Hinsicht begegnen uns erst wieder im 18. Jahrhundert, so besonders der Führer der Dichter aus dem Zeitalter der josefinischen Aufklärung, Alois Blumaucr (1755—1798), dessen Geburtshaus Enge Nr. 2 eine Gedenktafel schmückt. Die Be­ deutung Blumauers, des Verfassers der travestierten „Äneis" würdigt jede Literaturgeschichte. Etwas später lebte Johann Mayrhofer (1787—1836), Bücherrevisor in Wien, geboren in Steyr, dessen geistvolle aber größtenteils schwermütige Dichtungen seinerzeit sehr geschätzt waren. Der Liederfürst Franz Schubert war mit Mayrhofer eng befreundet und vertonte mehrere seiner Gedichte. Großes Ansehen als Dichter genoß auch der letzte Pfleger der Herrschaft Steyr, der Lyriker Julius Alexander Schindler (1818—1885), der int Jahre 1848 unter dem Namen Julius von der Traun unter anderem das Buch „Obcrösterrcich", ein Skizzenbuch, herausgab und die „Roscueggcr Romanzen" schrieb. Den Namen unserer Stadt und ihre Schönheit hat in neuerer Zeit wohl am weitesten in der Welt die berühmte Romanschriftstellerin Enrica von Handcl-Mazzctti bekannt gemacht, welche mehrere Jahre in Steyr lebte und in ihren Romanen „Die arme Margaret", „Stephnna Schwerdtner", sowie in den Gedichten „Deutsches Recht" und „Der Richter von Steyr", den Stoff aus der reichen Geschichte der Stadt benützte. Daß in einer von der Natur so gesegneten Umgebung, wie es die Steyrs ist, in einem Gebiete, wo die volltönenden Urlaute der oberösterreichischen Mundart noch unverfälscht herrschen, die Mundartdichtung in Blüte steht, ist erklärlich. Angefangen von dem Sänger der Berge, dem Losensteiner Anton Schosser (geb. 1801), der in Steyr 1849 starb und neben seinem Dichter- kameraden Josef Moser (1812 —1893), dessen Charakterbilder aus vormärzlicher Zeit noch heute ihren Wert erhalten haben, zum seinerzeitigen Pfarrherrn von Waldneukirchcn Norbert Purschka (1813—1898), dessen Seelcngemälde aus dem Leben seiner Pfarrkinder einzig in ihrer Art sind, bis zu dem geistvollen Rivalen Stelzhamers, dem Ennser Dichter Karl Adam Kaltcn- brunner (1804—1867), alle standen mit Steyr in innigster Beziehung. Noch heute blüht cs im Garten hochdeutscher und mundartlicher Dichtung, aber erst einer späteren Zeit wird die Wertung der neuen Blüten vorbehalten sein. Die Werke der jetzt lebenden Mundartdichter be­ handeln zwei Söhne Steyrs im Jahrbuche „Hoamatgsang" des „Bundes oberöstcrreichischer Mundartdichtcr" (gegründet 1909 von Gregor Goldbacher und Karl Mayer). Frau Musika, die edle, mache den würdigen Beschluß dieser kurzen Betrachtung. Von den Meistersingern und Minnesängern, die hier den „Ton" zu ihren „Weisen" setzten, wurde schon früher gesprochen. Musikhistorische Bedeutung erlangte der Organist Peurl (Bäurl) in Steyr, welcher der erste war, welcher zur Zusammenstellung von vier Tänzen zu Suiten, und zwar mit Beibehaltung der

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