Stadt Steyr und der Weltkurort Bad Hall

20 Aus Steyrs Vergangenheit. nichts mehr herzugeben hatten. Schwere Schuldenlast blieb auf der Stadt hafte». Teuerung, Hungersnot, verheerende Stadtbrände und Hochwässer folgten und verbitterten den Leidgeprüften die stillen Jahre der absolutistischen, im großen und ganzen aber behagliche» Biedermeierzeit. Dann rüttelte das Revolutionsjahr 1848 die nach Freiheit lechzenden Geister ans und brachte den Bewohnern nach lan­ gem Bemühen wieder das Recht der Selbstverwaltung und der freien Wahl ihres Oberhauptes und Rates. Aber auch die Stadt selbst suchte sich von dem einschnürenden Gürtel der Tore, Mauern und Gräben, die Ver­ kehr und Ausdehnung hemmten, zu befreien. Alles was diese beiden störte, warf sie von sich und damit versank ei» gut Stück Mittelalter, leider zu­ gleich auch der einstmals so hoch ent­ wickelte Kunstsinn. Auch die Tage des alten Hand­ werkes, des Eisengewerbes, waren ge­ zählt. Denn das Zeitalter der Kohle, des Dampfes, der Maschine war an­ gebrochen. Fabriken und Industrien wuchsen ans dem Boden, Draht- und Schienennetze spannten sich über das Land. Steyr sollte nun mit der rasch eilenden Zeit Schritt halten; mußte cs sich nicht wie bei Seite geschoben dünken? War es ihm möglich, sich so rasch und ungehindert zu entwickeln, wie andere an der meilenweit entfernten großen Völkcrstraßc frei und glücklicher gelegenen Städte? Und cs hat doch Schritt gehalten in harter emsiger Arbeit, regte mächtig seine eisernen Arme, wurde wieder wie ehedem die Waffenschmiede Mitteleuropas »nd zur „Werndl-Zeit" strahlte der Stadt Steyr durch ein Mcnschenaltcr die Sonne zum fünften Male, bis sic abermals durch die Er­ eignisse verdüstert ward. Unsere Rückschau ist beendet. Wir stehen in der rauhen Gegen­ wart mit ihrem spärlichen Licht, ihren tiefen Schatten. Gutes und Schlechtes hat die Stadt erlebt. Ihr Antlitz hat sich oft geän­ dert; ihr Wesen aber ist geblieben und eines vor allem hat sic be­ wahrt: den Reiz ihrer landschaftlichen und baulichen Schönheit, die sic vor ihren begünstigten Schwestern voraus hat. Möge sic diese sorgsam hüten als unersetzlichen Schatz für kommende Zeiten! Werndl-Denkmal von Tilgner aus der Promenade. Errichtet 1894.

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